Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Gebühren für Reservierungen sind denkbar
Gäste reservieren im Restaurant, kommen dann aber doch nicht: Corona habe das Problem verschärft, sagt Anna Fanelli und bestätigt damit die Angaben des Gaststättenverbands. Das sei für Gastronomen verheerend.
Vormittags klingelte das Telefon: Die Reservierung für sieben Personen am Abend wurde abgesagt. Am Nachmittag dann der nächste Anruf: Auch der Elf-Personen-Tisch für den Abend wurde gecancelt. „Da hatten wir natürlich schon eingekauft, vorbereitet und Personal bestellt“, sagt Anna Fanelli. „Um es klar zu sagen: Wir hatten bereits Geld ausgegeben.“18 Personen weniger als erwartet standen kurz vor Weihnachten plötzlich im Reservierungsbuch in der Osteria „ToscAnna“. Und es gab etliche Gruppen, denen Anna Fanelli zuvor für den Abend hatte absagen müssen – weil die Liste ursprünglich aus allen Nähten geplatzt war.
„Das ist kein Einzelfall“, bedauert Anna Fanelli, „die Pandemie hat diese Situation verschärft.“Erwische einen der Gäste das Virus, sage die komplette Gruppe ab. „Bei einem Schnupfen kommt heute keiner mehr ins Restaurant“, sagt Anna Fanelli, „das ist vernünftig, bringt für uns aber neue Herausforderungen mit sich.“
Gelegentlich reservieren Gäste und ließen sich dann einfach nicht blicken, ergänzt die Gastronomin. Das kommt in Wermelskirchen allerdings deutlich seltener vor – als in den großen Städten, in denen die Reservierungen immer kurzfristiger ausfallen und wo sich die Gäste offensichtlich mit mehreren Reservierungen auch mehrere Optionen offen halten.
Dort sprechen die Fachleute inzwischen von einer „No-Show-Rate“von rund zehn Prozent: Gäste mit reserviertem Tisch tauchen einfach nicht auf. Jeder neunte befragte Gastgeber in NRW hat einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes zufolge deswegen bereits eine „No-Show-Gebühr“eingerichtet. Etwa sieben Prozent der Gastronomen in NRW verlangen Vorkasse bei Reservierungen, vier Prozent notieren bei der Buchung die Kreditkartendaten und ziehen eine Gebühr ein, wenn die Gäste nicht kommen. Zusätzliche Klauseln dazu haben ihren Weg in die Geschäftsbedingungen der Restaurants gefunden.
In Wermelskirchen haben die Gastgeber in den Restaurants bisher auf solche Maßnahmen verzichtet. „Aber wir denken inzwischen darüber nach“, sagt Anna Fanelli. Die Gastronomie habe ohnehin zu kämpfen – mit steigenden Energieund Produktpreisen, der Personalsituation und fehlenden Nachfolgern. „Es ist für Restaurants also überlebenswichtig, dass Reservierungen eingehalten werden“, sagt die Gastronomin, „sonst gibt es uns alle irgendwann nicht mehr.“Auf Reservierungsgebühren würde Anna
Fanelli lieber verzichten. „Kundenfreundlich ist das ja nicht“, sagt sie. Deswegen spielt sie mit dem Gedanken, Gutscheine auszustellen: Wer einen Tisch reserviert und dann absagt, bezahlt pro Person eine bestimmte Summe. „Gehen wir mal von zehn Euro aus“, sagt Anna Fanelli. Diese Summe wird der Gruppe dann per Gutschein gut geschrieben. Das sei ein kleines Trostpflaster für die Gastronomen, die bereits Ausgaben hatten, und gleichzeitig ein Ansporn für die Gruppe, ihr gemeinsames Essen nachzuholen.
„Das ergibt aber natürlich nur Sinn, wenn die Wermelskirchener Gastronomen dabei an einem Strang ziehen“, sagt Anna Fanelli.
Danach sieht es in der Stadt nicht aus. „Wir haben keine Probleme mit Gästen, die reservieren und dann nicht kommen“, sagt Xenia Dimou. Ganz bewusst setze das griechische Restaurant „Dimitra“nur auf eine telefonische Reservierung. „Bei Facebook oder im Onlineportal läuft das anonymer ab“, sagt Xenia Dimou. Das Telefon sei da einfach etwas verbindlicher. Natürlich käme
es auch bei ihnen vor, dass Gäste absagen müssen. Die Tische würden dann eben wieder frei gegeben.
Das Phänomen kennt auch Dirk Götz in der Centrale. „Das Problem der Reservierungsabsagen gab es schon immer“, sagt er, „ich habe nicht den Eindruck, dass die Pandemie das verschärft hat.“Reservierungsgebühren hält er nicht für realistisch: „Das ist nicht praktikabel“, sagt Götz, „soll ich bei der Reservierung dann darauf hinweisen, dass eine Gebühr überwiesen werden soll? Das funktioniert nicht.“Er appelliere also an die Kunden: „Meldet euch, wenn ihr reserviert habt und doch nicht kommen könnt, damit Tische nicht sinnlos freigehalten werden.“Der Prozentsatz derjenigen, die Tische reservieren und dann absagen, sei allerdings insgesamt relativ gering in der Centrale: „Wir sprechen höchstens von einem Prozentsatz von zwei oder drei Prozent“, sagt Götz, „damit muss ich einfach leben.“
Währenddessen hofft Anna Fanelli auf den Frühling – wenn die Corona-Zahlen erfahrungsgemäß sinken und Erkältungsfälle weniger werden.