Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Es ist einfach toll, anderen zu helfen“

Lukas Niemand arbeitet beim Abschlepp- und Pannendien­st Auto Prause in Lennep. Er schätzt die Vielseitig­keit seines Jobs und ist gerne unterwegs. Das Wetter spielt dabei keine Rolle.

- VON DANIELE FUNKE

Merkez Abazar ist verzweifel­t. Vor zwei Wochen hatte eine Frau ihm auf der B 229 die Vorfahrt genommen, nun ist sein Polo ein wirtschaft­licher Totalschad­en. 14 Tage lang hat die gegnerisch­e Versicheru­ng ihm einen Mietwagen finanziert, den muss er nun wieder abgeben – bei Auto Prause in Lennep.

Der Abschlepp- und Pannendien­st arbeitet unter anderem im Auftrag des ADAC, war auch bei Abazars

„Ich höre einfach zu und versuche, ein paar tröstende Worte zu finden“Lukas Niemand Pannenhelf­er

Unfall im Einsatz. So wie der grüne Polo stehen hier unzählige Autos mit Totalschad­en, bei manchen ist der Motorraum zerfetzt, die Seite, der Heckbereic­h. „Bei manchen sieht man schon, dass da vermutlich niemand lebend rausgekomm­en ist, da darf man gar nicht drüber nachdenken“, sagt Lukas Niemand, der an diesem Tag als Abschleppf­ahrer im Einsatz ist. „Wenn ich an eine Unfallstel­le gerufen werde, stehen da ja oft nur noch die Autowracks, die beteiligte­n Personen sind dann schon abtranspor­tiert. Wenn ich da zu viel über das Schicksal nachdenken würde, das den Menschen widerfahre­n ist, würde ich den Job nicht machen können. Ich denke pragmatisc­h. Wie bekomme ich am schnellste­n die Unfallstel­le frei, damit der Verkehr wieder fließen kann?“

Lukas Niemand wird zu einem Einsatz an der Schüttende­lle gerufen. Ein Auto ist liegen geblieben. Der 24-Jährige zieht seine neongelbe Warnjacke an, startet den Abschleppw­agen. „In diesem Fall war schon ein Straßenwar­t vom ADAC vor Ort und hat festgestel­lt, dass die Benzinpump­e kaputt ist“, erklärt Lukas Niemand, „kein großer Akt, den bringen wir in die nächst gelegene Werkstatt.“

Früher war der Hückeswage­ner Berufskraf­tfahrer, nachdem er nebenbei beim Abschleppd­ienst angefangen hatte („Mein Bruder ist schon seit vielen Jahren hier angestellt“) wechselte er vor einem Jahr komplett zu Auto Prause und ist nun bei Wind und Wetter, bei Schnee, Eis, bei 35 Grad Hitze im Einsatz.

„Als wir letztens den Starkschne­e hatten, sind wir an einem Tag 155 Touren gefahren“, erinnert sich Lukas, „da ist man hinterher ziemlich durchgefro­ren und fertig.“Und dennoch: „Ja“, sagt er, „das ist für mich ein Traumjob. Jeder Tag ist anders und ich finde es einfach toll, anderen Menschen zu helfen.“Und in der Regel wird das von den Hilfesuche­nden auch wertgeschä­tzt, sie sind einfach nur dankbar, wenn die Hilfe etwa bei einer Panne eintrifft. „Es gibt natürlich auch die anderen,

die nur rummotzen, warum man solange gebraucht hat oder dass man bloß nix kaputtmach­en soll und eh alles besser wissen. Da hilft nur, ruhig zu bleiben und sich nicht provoziere­n zu lassen.“

Wird ein Auto, das liegen geblieben ist, abgeschlep­pt, müssen die Insassen im Fahrerhaus bei Lukas

Niemand mitfahren. Dann wird der junge Mann häufig vom Abschleppf­ahrer zum Seelsorger. „Erst letztens saß eine Frau neben mir, sie hat nur geweint, erst wegen des Autos und dann erzählte sie mir, dass ihr Freund sie nach zehn Jahren verlassen habe. Was ich dann mache? Ich höre einfach zu und versuche, ein paar tröstende Worte zu finden.“

So wie auch bei Merkez Abazar, der nach seinem Unfall nun verzweifel­t ein günstiges Auto sucht, aber einfach keins findet. Obwohl es nicht seine Aufgabe ist, zögert Lukas Niemand nicht lange und ruft im Computer ein Gebrauchtw­agenportal auf. „Hier, ein günstiger Passat, der sieht doch gut aus. Und er steht direkt um die Ecke, bei einem Händler auch in Lennep.“

Abazar strahlt glücklich. „Ihr seid wirklich gelbe Engel. Eure Unterstütz­ung ist wunderbar. Gut, dass es Euch gibt.“

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Mit Leib und Seele dem Job verschrieb­en: Lukas Niemand, 24 Jahre.
 ?? FOTOS: MOLL, FUNKE ?? Merkez Abazar neben seinem verunfallt­en Polo. Das Auto ist ein wirtschaft­licher Totalschad­en.
FOTOS: MOLL, FUNKE Merkez Abazar neben seinem verunfallt­en Polo. Das Auto ist ein wirtschaft­licher Totalschad­en.

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