Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
2023 – „Jahr des Protests“gegen die Autobahnpläne
Die Fronten zwischen Stadt und Bund bleiben starr, und doch wollen Verwaltung, Mandatsträger und Bürgergruppen in Leverkusen nicht lockerlassen.
War es richtig von Oberbürgermeister Uwe Richrath, den Termin mit dem Bundesverkehrsministerium, abzusagen, nachdem die Infos zum Autobahnausbau, die hätten erörtert werden sollen, vorher veröffentlicht wurden? Peter Westmeier antwortet mit einer Gegenfrage: „Was hätte es geändert, wenn der Termin stattgefunden hätte? Das Ergebnis wäre dasselbe gewesen.“Nämlich, dass die jüngsten Lärmuntersuchungen keine neuen Erkenntnisse brachten, dass der Ausbau von A 1 und A 3 oberirdisch stattfinden soll und dass die Vorplanungen nun abgeschlossen sind. „Natürlich hätte man auf dem Termin die Argumente Leverkusens darlegen können, wie sie schon seit Jahren vorgetragen werden“, sagt Westmeier von der Bürgerinitiative „Lev kontra Raststätte“. Gehört worden seien sie bisher nicht.
Dass der Gesprächsfaden nach Berlin durch die Terminabsage endgültig gerissen sei, glaubt der Leverkusener nicht. Und natürlich müsse man miteinander reden. Dem will sich die Stadtspitze auch nicht verweigern: „Die Stadt Leverkusen steht selbstverständlich der Autobahn GmbH und auch dem Bundesverkehrsministerium für weitere Gespräche zur Verfügung“, sagt Uwe Richrath. Mit dem Zusatz: „Jedoch mit dem Verweis darauf, als ernst zu nehmender Partner verstanden und akzeptiert zu werden.“
Mit Reden allein sei es nicht getan, betont Westmeier: „Etwas erreichen können wir nur durch Druck und Protest. 2023 muss das Jahr des Protests werden. Von Stadt, Politik und Bürgern.“Eine Demo reiche nicht. Erste Überlegungen laufen. Die Akteure können sich zum Auftakt etwa einen Kongress mit großen Verbänden wie dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vorstellen, um klar zu machen, dass „Leverkusen das Symbol der verfehlten Verkehrspolitik ist“.
Der Leverkusener Bundestagsabgeordnete und Bundesgesundheitsminister
Karl Lauterbach (SPD) hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) mehrfach auf das Thema angesprochen. „Klar ist, dass er viel mehr Verständnis für die Problematik hat als sein Vorgänger.“Allerdings habe ihm Wissing erläutert, dass die gesetzlichen Vorgaben so seien, dass „er nur die billigste Lösung fördern kann“, berichtet Lauterbach. Folge: Ein Tunnelbau wäre nur mit Finanz-Beteiligung der Stadt möglich. Angesichts der Stadtfinanzen wohl keine Option.
Die Verbreiterung der A 1-Stelze zur Riesenbrücke hält Lauterbach für „völlig aus der Zeit gefallen. Wenn wir die Energiewende auch beim Verkehr schaffen wollen, kann es nicht sein, dass so viel Verkehr durch Leverkusen rollen soll. Die Riesenstelze ist eine Fehlkonstruktion.“Eine, deren Bauzeit womöglich so lange dauert wie der Zeitraum, in dem Deutschland die Verkehrswende geschafft haben will und somit weniger Kraftverkehr auf den Straßen unterwegs sein soll.
Teils geht der Bundespolitiker mit NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) d’accord, der gefordert hat, vorhandene Infrastruktur zu ertüchtigen statt Neubauten anzustoßen. „Auch die Stelze könnte ertüchtigt werden.“Lauterbachs Meinung nach sollte das ganze Konzept der Erweiterung nochmal durchdacht werden – Stadt, Land und Bund „müssen gemeinsam nach einer Lösung suchen, die am wenigsten Beeinträchtigung für Leverkusen hat, schneller gebaut werden kann und der Verkehrswende Rechnung trägt.“Er sagt zu, weiter an Wissing dran zu bleiben.
Derweil dürfte den Gesundheitsminister Post erreicht haben. Peter Westmeier hat Leverkusener Mandatsträger auf Bundes- und Landesebene angeschrieben mit der Idee, in einer gemeinsamen Pressekonferenz zu betonen, wie die Stadt durch den Ausbau kaputtgemacht werde und dass sie sich absolut für ihrem Wahlkreis einsetzen. Landtagsabgeordneter Rüdiger Scholz (CDU) und Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik (Grüne), denen Westmeier jetzt bei einem Termin die Idee vortrug, seien angetan gewesen.
Vor all dem sieht er ebenso wie Einzel-Ratsvertreterin Gisela Kronenberg noch einen Punkt: Für Dienstag, 14. Februar, lädt die Autobahn GmbH zu einem Infoabend zum Thema ein. „Es müssen so viele Leverkusener wie möglich da sein, um zu zeigen, dass uns nicht egal ist, was hier passieren soll“, betont Kronenberg.