Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Künstler, politische­r Aktivist und Brückenbau­er

Lutz Diese ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Er prägte früh die kritische Leverkusen­er Künstlersz­ene und war ein Mann des Dialogs.

- VON MONIKA KLEIN

Der Künstler Lutz Diese ist in dieser Woche gestorben, er wurde 88 Jahre alt. Er war Mitglied der AG Leverkusen­er Künstler und zog 1988 mit der Gründungs-Besetzung in sein Atelier im Opladener Künstlerbu­nker an der Karlstraße. Seit 1976 zeigte er seine Arbeiten in Einzelpräs­entationen und zahlreiche­n Gruppenaus­stellungen.

„Der Lutz konnte mit allen“, bringt es der langjährig­e Weggefährt­e und Kollege Klaus Wolf auf den Punkt. Wo es im Miteinande­r knirschte, war er häufig Vermittler. Gerade in den 1970er Jahren, als es heiß herging und die äußerst aktive Leverkusen­er Kunstszene sich mit Aktionen gegen die Maßnahmen der Bayer-Werke auflehnte. Speziell beim Abriss der alten Gebäude an der Hauptstraß­e, wo in der entspreche­nden Hausnummer die „Werkstatt 137“zu Hause war. Er war Mitbegründ­er der Gruppe „Grünfilter“, die damals monatlich eine Postkarte mit bitterböse­r Satire zu brennenden lokalen Themen herausbrac­hte. Und weiteren Alternativ­en unterstütz­te er Klaus Wolf im Frühling 1979 bei der Gründung der Alternativ­en Grünen Liste (AGL), in der die heutige grüne Fraktion ihre Wurzeln hat. Mit Erfolg, denn die AGL sprang knapp über die FünfProzen­t-Hürde und schaffte es auf

Anhieb in den Leverkusen­er Stadtrat. Klaus Wolf ging als erster grüner Bürgermeis­ter Deutschlan­ds in die Geschichte ein. Wichtige Unterstütz­er waren die Gleichgesi­nnten aus der Künstlersz­ene, zu der auch Kabarettis­ten wie Wilfried Schmickler gehörten.

Als die Werkstatt 137 für einen großen Neubau abgerissen wurde –

Weggefährt­e Jürgen Dehniger zeigt aktuell in der Wiesdorfer Christuski­rche übermalte Fotoarbeit­en dazu – und die Szene heimatlos wurde, öffnete das Ehepaar Diese das eigene Haus und gründete dort 1980 die „Werkstattg­alerie Hella und Lutz Diese“, die bis 1989 lief. Vielen jungen Künstlern wurde auf diese Weise die Möglichkei­t geboten, ihre Arbeiten

öffentlich zu präsentier­en. Die Vernissage­n sind legendär, denn sie gingen stets in Feste über, die sich bis in die Nacht zogen.

Lutz Diese war gelernter Kaufmann und betrieb eine eigene Firma für Industriea­usstattung­en, war aber sehr kunstinter­essiert. Seine eigene künstleris­che Tätigkeit begann er erst in den 1970er Jahren als Autodidakt

mit Frottagen, für die er Abbildunge­n aus Zeitungen mit Malerei kombiniert­e. Viel gesprochen hat er darüber nicht: „Erläuterun­gen zu meinen Bildern halte ich für überflüssi­g.“

Die Inhalte seiner Acrylmaler­ei und Mischtechn­iken sind klar zu erkennen, da ging es meist um handfeste Themen wie Werbung, Medienverh­alten und Wahrnehmun­g. Obwohl Lutz Diese eine Institutio­n der kritisch-aufmüpfige­n Kunst- und Politszene war, gelang ihm stets der Dialog mit allen Seiten. „Lutz Diese darf alles“, hieß es laut Wolf. Er hielt Kontakt zu Bayer, genauer mit dem damaligen Werksleite­r Professor Weise. Er setzte sich sehr für die Einrichtun­g einer „Galerie am Werk“in dem neu errichtete­n Komplex an der Hauptstraß­e ein, in der tatsächlic­h über viele Jahre durch Bayer finanziert­e regelmäßig­e Ausstellun­gen von Künstlern aus Leverkusen und Umgebung stattgefun­den haben. Diese gehörte dem Beirat an.

 ?? FOTOS: DIESE/ MISERIUS ??
FOTOS: DIESE/ MISERIUS
 ?? ?? ▶ „Das rote Kleid“heißt dieses Werk des Künstlers. ◀ Lutz Diese im Künstlerbu­nker bei der Leverkusen­er Kunstnacht.
▶ „Das rote Kleid“heißt dieses Werk des Künstlers. ◀ Lutz Diese im Künstlerbu­nker bei der Leverkusen­er Kunstnacht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany