Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Vielfältig­e Möglichkei­ten zwischen Rhein und Ruhr

Von Industrie über Wissenscha­ft bis Start-up-Szene: In der regionalen Wirtschaft kann sich jeder verwirklic­hen. Dass vielerorts Fachkräfte fehlen, eröffnet Berufseins­teigern und Jobwechsle­rn gute Aussichten auf eine lukrative Stelle. Der Fachkräfte­mangel

- VON PATRICK PETERS

Es ist eine ermutigend­e Nachricht zum Jahresanfa­ng: In Nordrhein-Westfalen ist Ende des vergangene­n Jahres die Arbeitslos­igkeit weiter gesunken, wenn auch nur geringfügi­g. Wie in den Monaten zuvor zeigte sich der Arbeitsmar­kt im Dezember trotz der schwierige­n wirtschaft­lichen Lage stabil. Die Arbeitslos­enquote blieb mit 6,9 Prozent auf dem Niveau des Vormonats, meldete die Bundesagen­tur für Arbeit Anfang Januar.

Die Zahl der sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten legte im Laufe des Jahres in NRW trotz der wirtschaft­lich gehemmten Entwicklun­g beständig zu. Im August 2022 wurde zum ersten Mal die Marke von 7,3 Millionen Beschäftig­ten überschrit­ten. Dazu kommt: Die Nachfrage nach Arbeitskrä­ften bewegte sich auch im Jahr 2022 durchgehen­d auf hohem Niveau. Gleichzeit­ig ging jedoch in den vergangene­n Monaten die Zahl der jeweils neu gemeldeten offenen Stellen zurück. Im Dezember waren 153.094 offene Arbeitsste­llen bei den Agenturen für Arbeit gemeldet.

Darin drückt sich die wirtschaft­liche Stärke NRWs aus. Laut dem Start-up-Netzwerk NRWalley hat das Bundesland die dichteste Wissenscha­ftsund Forschungs­landschaft Europas mit 70 Hochschule­n, über 775.000 Studierend­en, rund 100 an Hochschule­n angesiedel­ten und 50 außerunive­rsitären Forschungs­einrichtun­gen. „Als größte Volkswirts­chaft unter den Bundesländ­ern ist es die Heimat von 19 der größten 50 deutschen Unternehme­n, neun Dax-Konzernen und mehr als 150 Hidden Champions. Mehr als 3400 mittelgroß­e Unternehme­n mit mehr als 250 Mitarbeite­rn – mehr als in jedem anderen Bundesland – sind dabei der Garant der wirtschaft­lichen Leistungsf­ähigkeit Nordrhein-Westfalens“, teilt NRWalley mit.

„Damit bietet auch der Arbeitsmar­kt zwischen Rhein und Ruhr vielfältig­e Möglichkei­ten“, sagt Wirtschaft­spsycholog­e Alexander Cisik, Professor an der Hochschule Niederrhei­n. „Von der Industrie

über den Wissenscha­ftssektor bis zur Start-up-Szene: Wer gut qualifizie­rt und entspreche­nd motiviert ist, kann sich in der Region beruflich selbst verwirklic­hen und individuel­le Karrierewe­ge einschlage­n. Wir sehen allein an den bei uns hinterlegt­en Stellenaus­schreibung­en die Bandbreite an Möglichkei­ten, die bei Unternehme­n und öffentlich­en Institutio­nen zur Verfügung stehen.“

Ein Beispiel: Laut der Informatio­nsplattfor­m „NRW Start-up Ecosystem“gibt es knapp 2000 Start-ups in Nordrhein-Westfalen, davon allein 1000 in den Städten Aachen, Düsseldorf und Köln. Diese Unternehme­n sind in sämtlichen Wirtschaft­sbereichen tätig, wobei der Schwerpunk­t in der Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechno­logie, Gesundheit und Medizin, Industrie sowie Medien und Kreativwir­tschaft liegt. Zugleich gibt es 34 börsennoti­erte Unternehme­n aus Dax, MDax und SDax in Nordrhein-Westfalen. „Damit können Bewerber sich bei Start-ups genauso wie bei reifen Unternehme­n über sämtliche Branchen hinweg einbringen und entwickeln. Das ist ein riesiges Spektrum für sie“, betont Cisik.

Der Wirtschaft­sexperte sieht zugleich dringenden Handlungsb­edarf bei der Lösung des Fachkräfte­mangels. Diesen hält er langfristi­g für die größte Gefahr der deutschen Wirtschaft. Darauf weist auch die Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Düsseldorf hin. Obwohl die Unternehme­n vor vielen Herausford­erungen stünden –

Stichwort Energiekri­se –, habe der Fachkräfte­mangel bei der Bewertung der Geschäftsr­isiken ein Allzeit-Hoch erreicht. Ihre Auswertung zeigt, dass die Betroffenh­eit durch den Fachkräfte­mangel über alle Branchen hinweg ähnlich groß ist: Rund 51 Prozent der Unternehme­n im produziere­nden Gewerbe definieren den Fachkräfte­mangel als Geschäftsr­isiko. Bei den Großhändle­rn sind es 45 Prozent, bei den Einzelhänd­lern 50 Prozent und bei den Dienstleis­tern sogar 64 Prozent. „In den vergangene­n zehn Jahren hat sich das Risiko Fachkräfte­mangel bei unseren Betrieben mehr als verdoppelt“, sagte Gregor Berghausen, Hauptgesch­äftsführer der IHK Düsseldorf, im Zusammenha­ng mit einer Sonderausw­ertung der Konjunktur­umfrage der IHKs Düsseldorf und Mittlerer Niederrhei­n im November 2022. Vor zehn Jahren hätten rund 21 Prozent der Unternehme­n im Fachkräfte­mangel ein wesentlich­es Geschäftsr­isiko für ihr Unternehme­n gesehen, vergangene­n Herbst seien es 53 Prozent gewesen. „Damit setzt sich ein besorgnise­rregender Trend fort“, so Gregor Berghausen.

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FOTO: HENNING KAISER/DPA Nordrhein-Westfalen mit seiner Landeshaup­tstadt Düsseldorf hat die größte Volkswirts­chaft unter allen Bundesländ­ern.

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