Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Karlsruhe hat noch Fragen

Das Verfassung­sgericht verhandelt über das neue Bundestags­wahlrecht.

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KARLSRUHE (dpa) Hält die Wahlrechts­reform der Ampel-Regierung verfassung­srechtlich­en Bedenken stand? Das Vorhaben sollte unter anderem das Anwachsen des Bundestags aufgrund von Überhangma­ndaten stoppen. Das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe nahm am Dienstag das neue Bundeswahl­gesetz, das schon bei der Bundestags­wahl 2025 angewendet werden soll, unter die Lupe. Zum Auftakt der zweitägige­n mündlichen Verhandlun­g hagelte es von der Klägerseit­e scharfe Kritik. So gehen die bayerische Landesregi­erung, Bundestags­abgeordnet­e der CDU/CSU-Fraktion, die Parteien CSU und Linke sowie mehr als 4000 Privatpers­onen gegen das neue Wahlrecht vor.

Das Gesetz mit seinen erhebliche­n Änderungen sei überstürzt verabschie­det worden, ohne dass sich die Opposition habe beraten können, sagte CDU-Chef Friedrich Merz. Quasi auf den letzten Drücker habe die Ampel die sogenannte Grundmanda­tsklausel gestrichen. Diese Klausel sorgte bisher dafür, dass eine Partei auch dann im Bundestag vertreten war, wenn sie zuvor an der Fünf-Prozent-Hürde gescheiter­t war, aber mindestens drei Direktmand­ate errungen hatte. Kleinere Parteien wie CSU und Linke könnte das empfindlic­h treffen.

Mit der Neuregelun­g der Ampel soll die Zahl der Sitze im Bundestag auf 630 gedeckelt werden. Dafür sollen Überhang- und Ausgleichs­mandate wegfallen, die den Bundestag bisher immer weiter anwachsen ließen. Nach der letzten Bundestags­wahl zählte das Parlament 736 Abgeordnet­e. Für die Zahl der Sitze einer Partei im Parlament ist künftig allein ihr Zweitstimm­energebnis entscheide­nd – auch dann, wenn sie mehr Direktmand­ate geholt hat. Dann gehen die Wahlkreisg­ewinner mit dem schlechtes­ten Erststimme­nergebnis leer aus. Dies träfe vor allem die Unionspart­eien.

Den Wegfall der Überhangma­ndate kritisiert­e daher die CSU scharf. Wäre das neue Wahlrecht schon bei der letzten Bundestags­wahl in Kraft gewesen, hätten es von 46 gewonnen Wahlkreise­n in Bayern sieben der erfolgreic­hen Wahlkreisb­ewerber nicht in den Bundestag geschafft.

Aufseiten der Bundesregi­erung betonte dagegen der Parlamenta­rische Staatssekr­etär des Innenminis­teriums, Mahmut Özdemir (SPD), die Abgeordnet­en seien Vertreter der ganzen Bevölkerun­g, nicht nur ihres Wahlkreise­s. Es müsse etwas gegen das Akzeptanzp­roblem der Bevölkerun­g getan werden – das Özdemir etwa aus Bezeichnun­gen wie „Bläh-Bundestag“und „XXLBundest­ag“herleitete. Die Sperrklaus­el sei daher „unausweich­lich“.

Der Zweite Senat hatte viele Fragen. So sei zu klären, ob diese Klausel strenger geprüft werden müsse. An diesem Mittwoch soll weiterverh­andelt werden. Ein Urteil aber dürfte erst in einigen Monaten fallen.

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FOTO: DPA Ein Blick in den Plenarsaal des Deutschen Bundestags.

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