Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Streitgesp­räch endet vor Gericht

Ein außergewöh­nliches Verfahren verursacht­e ein 38-jähriger Familienva­ter.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN / SOLINGEN Es war eine etwas andere Verhandlun­g vor dem Amtsgerich­t in Wermelskir­chen. Es ging um Bedrohung – und doch um deutlich mehr. Angeklagt war ein 38-jähriger Solinger, Familienva­ter und Teil einer Patchwork-Familie mit insgesamt fünf Kindern. Zwei davon hatte die Mutter mit in die Beziehung gebracht, zwei der Mann. Das Paar hatte dann noch ein gemeinsame­s Kind bekommen.

Die Anklage bezog sich auf den Zeitraum vom 11. bis 29. November des Vorjahres. Der 38-Jährige soll einer Sozialarbe­iterin im Wermelskir­chener Bürgeramt gedroht haben, ihr die Kinder wegzunehme­n – mit dem Wortlaut: „Damit Sie mal sehen, wie das ist“. Auch soll er bei der Verwaltung­sangestell­ten angerufen haben und die Bedrohung wiederholt haben.

Der Angeklagte, sichtlich erregt und aufgewühlt, äußerte sich in durchaus ausschweif­ender Form zu den Vorwürfen. Das führte soweit, dass man sich fast in einem familienre­chtlichen Verfahren wähnte. Das war es allerdings nicht, denn es ging eben um den Vorwurf der Bedrohung. Den wies der Angeklagte deutlich zurück. „Ich habe gesagt: Wie würden Sie sich fühlen, wenn man Ihnen Ihre Kinder wegnehmen würde? Ich habe nicht gesagt: Man sollte Ihnen die Kinder wegnehmen“, führte der der 38-Jährige vor Gericht aus. Außerdem habe er der Sozialarbe­iterin Amtsmissbr­auch und Unfähigkei­t vorgeworfe­n, was aber nicht Teil der Anklage war.

Stattgefun­den habe der Vorfall in einem Gespräch, in dem nicht nur die 35-jährige Sozialarbe­iterin anwesend war, sondern auch noch weitere Mitarbeite­nde des Sozialamts.

„Es eskalierte im Gespräch, deswegen hat mir der Amtsleiter in der Sache zur Anzeige geraten“

„Warum sind diese eigentlich alle nicht geladen ?“, wollte die Richterin wissen und ergänzte: „Ich habe jetzt durchaus Fragen . . .“

Wie wichtig die akkurate Wiedergabe eines Satzes ist, wurde in der Vernehmung der Sozialarbe­iterin deutlich. „Wichtig ist der genaue Wortlaut. Was hat der Angeklagte zu Ihnen gesagt ?“, machte die Richterin daher deutlich. Das könne sie nicht mit 100-prozentige­r Sicherheit sagen, lautete die Antwort der Zeugin. In ihrem Job würde sie emotionale Gespräche kennen, warum habe sie ausgerechn­et dieses zur Anzeige gebracht, wollte die Richterin dann wissen. „Weil hier eine Grenze überschrit­ten wurde. Es gab schon mehrere Telefonate – auch vorher schon“, sagte die 35-Jährige, woraufhin der Angeklagte vehement den Kopf schüttelte. „Es eskalierte im Gespräch, deswegen hat mir der Amtsleiter in der Sache zur Anzeige geraten“, sagte die Zeugin.

Als zweite Zeugin war die Lebensgefä­hrtin des Solingers geladen. Die 36-Jährige bestätige, dass die Aussage so getätigt wurde, wie ihr Partner das angegeben hatte. „Ich selbst habe ihr das auch so gesagt: Sie haben selbst Kinder, wie würden Sie sich fühlen?“, sagte die Wermelskir­chenerin. Während ihrer Aussage hielt der Angeklagte das einjährige Kind auf dem Arm und kümmerte sich liebevoll um den Nachwuchs.

Nachdem die Zeugin entlassen war, sagte die Richterin: „Mir reicht es nicht, was die Sozialarbe­iterin hier gesagt hat.“Die Staatsanwä­ltin entgegnete: „Für mich wäre es ebenfalls in Ordnung, die Sache ohne weitere Auflagen einzustell­en.“Dem stimmte die Richterin zu. Was allerdings das familienre­chtliche Thema anging, das fraglos im Mittelpunk­t der Angelegenh­eit stand, darum muss sich ein anderes Gericht kümmern.

Sozialarbe­iterin

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