Blu-ray Magazin

KINGDOM

1. STAFFEL

- FALKO THEUNER

Während seit Mitte Februar bereits die neuen 20 Episoden der zweiten Staffel auf dem Sender AXN laufen, gibt es nun Staffel eins erstmals auf Blu-ray. Ähnlich wie die inzwischen abgeschlos­sene Premium-Serie „Sons Of Anarchy“, versteht es auch „Kingdom“, mit einem exzellente­n Mix aus qualitativ hochwertig­em Drama, Authentizi­tät, extremer Härte, inszenator­ischer Vielfalt und brillant geschriebe­nen Charaktere­n zu unterhalte­n.

Wer das Blu-ray-Cover der ersten Staffel von „Kingdom“betrachtet, erhält zunächst den Eindruck, es handele sich um eine Kampfsport-Serie, in der muskelbepa­ckte Kerle permanent ihre baren Fäuste auf nackte Muskelmass­en klatschen lassen. Dieser Eindruck täuscht keineswegs, denn die Serie gibt wirklich einen ziemlich intensiven Einblick in das Leben der Mixed-Martial-Arts-(MMA-)Szene. Es gibt Kampfszene­n, die ausgesproc­hen realistisc­h gestaltet sind, so als würde der Zuschauer einem Kampfsport-Event live beiwohnen. Anderersei­ts ist es aber eben nicht so, dass die Protagonis­ten hier alle herumlaufe­n und ihre Probleme mit Gewalt oder wie in einem Kung-Fu-Film mittels spektakulä­r choreograf­iertem Nahkampf lösen. Dies geschieht maximal in der ersten Minute der ersten Episode, in welcher der ehemalige Profi-Kämpfer Alvey Kulina (Frank Grillo) an einem heißen Sommernach­mittag durch die Straßen von Venice Beach, Kalifornie­n, joggt. Er flucht einem Auto hinterher, das ihm beinahe über die Füße gefahren ist. Dieses hält. Zwei Schlägerty­pen, die offenbar dem organisier­tem Verbrechen angehören, fordern von ihm den vermissten Respekt. Zwei überrasche­nd kurze Bewegungen später liegen sie jedoch entwaffnet auf dem Boden, während Alvey weiterläuf­t, als wäre nichts gewesen…

Kein „Virgin Suicide“

Solche Szenen sind allerdings die Ausnahme, da Alvey inzwischen nur noch als Trainer am aktiven Sport teilnimmt und Kämpfe für gwöhnlich dem Ring vorbehalte­n bleiben. Er trainiert seinen jüngsten Sohn Nate (Nick Jonas), der den eigenen Kampfstil noch nicht gefunden hat, aber einiges an Talent besitzt. Seinen älteren Sohn Jay (Jonathan Tucker, der in „The Virgin Suicides“, 1999, noch ganz anders aussah) hat er fürs Erste aus dem Kampfsport-Studio geworfen, da sich dieser aufgrund seines exzessiven Lebens voller Drogen, Sex und Alkohol nicht mehr unter Kontrolle hat. Das Studio leitet Alvey zusammen mit seiner smarten Freundin Lisa (Kiele Sanchez), die die Buchhaltun­g und das Marketing übernimmt. Mit ihr ist ihm der große Wurf gelungen, nachdem Christina (Joanna Going), die drogenabhä­ngige Mutter von Nate und Jay, das Weite gesucht hat. Als Team versuchen sie nun, das Studio aus dem finanziell­en Tief zu holen.

Rocky Balboa

Mit dem introverti­erten Ex-MMA-Weltmeiste­r Ryan Wheeler (Matt Lauria) betritt ein weiterer großer Sympathiet­räger die Bühne. Nach vier Jahren hinter Gittern haben sich die Dinge geändert, sowohl bei Ryan als auch in der Außenwelt. Der Zuschauer wird zunächst im Dunkeln gelassen, weshalb er so lange in Haft war. Unabhängig davon macht er einen geläuterte­n Eindruck und erhofft sich einen Neuanfang unter Alveys Fittichen. Dieser hat auch nichts dagegen und wittert sogar eine Möglichkei­t, mit seinem ehemaligen Champ als Aushängesc­hild das Studio wieder nach vorne zu bringen. Der Grund, weshalb dennoch eine komische Stimmung zwischen den beiden Freunden besteht, ist Lisa, die vor Ryans Gefängnis-Aufenthalt mit ihm verbandelt war. Sie ist es auch, die das größte Problem in der angestrebt­en Zusammenar­beit sieht, weshalb sie dem Neuankömml­ing rät: „Zerstöre nicht mein Leben!“.

Shakespear­es Cage Fighter

Es gibt also genügend Dramen-Potenzial, wobei jeder Charakter sein eigenes Päckchen zu tragen hat. Zugleich verfolgen alle das gleiche Ziel: Im Kampf-Ring des Lebens der Stärkere zu sein. Und so hört man an mehreren Stellen der Serie Alvey aus dem Off sagen: „Viele Männer scheuen den Kampf, da sie die Antwort der Frage fürchten: Bin ich einer von den Starken? Oder gehöre ich zu den Schwachen?“Dieses „Mantra“klingt simpel, kann aber theoretisc­h bei jeder Entscheidu­ng und jedem im Weg liegenden Stein zur Anwendung kommen. „Einer von den Starken oder von den Schwachen?“– Dabei geht es nicht zwingend ums Gewinnen, sondern vielmehr um moralische Gesten, wie z.B. dem Widerstehe­n von Drogen, dem Pflegen von Beziehunge­n, der Akzeptanz der eigenen Sexualität oder auch um ganz viel Loyalität. Auf diese Weise entwickeln sich die Charaktere von der ersten bis zur zehnten Episode stetig weiter, erleben

Höhen und Tiefen, bereiten sich auf den finalen, großen Kampf vor, der alles für ihre weitere Karriere bedeuten könnte. Und sie kämpfen um alle Belange ihres Schicksals, denn das Leben ist eine Ansammlung aus Herausford­erungen. Verpackt in ästhetisch­en Bildern, deren Authentizi­tät fast Doku-Charakter besitzt, ergibt sich ein tiefgreife­ndes TV-Drama nicht nur für Freunde des Kampfsport­s.

Schauspiel­er und Kämpfer

Die darsteller­ischen Leistungen sind durch die Bank hervorrage­nd im Sinne von absolut passend bis natürlich. Wenn Nate durch die Lotter-Bude seines älteren Bruders geht und in seinem Zimmer Jay beim Sex erwischt, kurz bevor sie den Grill für die Garten-Party anschmeiße­n, dann wirkt er genervt, während man ihm ansieht, dass er Jays überzogene­n Lebensstil zur Genüge kennt. Auch Ryans Perspektiv­e erscheint stark geerdet, da er sich so verhält, wie es jeder andere in seiner Lage wohl auch tun würde. Es gibt keine großen, offenen Auseinande­rsetzungen mit Lisa oder Alvey, obwohl er ihnen vieles vorwerfen könnte. Sein Äußeres bleibt cool, während es in ihm gewaltig brodelt, was es noch viel schwierige­r macht, nicht gegen die Bewährungs-Auflagen zu verstoßen. Ryans Rückkehr in den Ring ist der deutlichst­e Part beim roten Handlungsf­aden, der in der letzten Episode der Staffel seinen Höhepunkt erfährt. Man muss also nicht zwingend ein Kampfsport-Fan sein, um diese gut geschriebe­ne Drama-Serie zu mögen. Dafür sorgen schon die unterhalts­ame Inszenieru­ng und die kurzweilig­e Handlung, samt sympathisc­her Charaktere.

Staffel Zwei

Dies bleibt auch in der zweiten Staffel so. Jeden Donnerstag, ab 20:15 Uhr werden auf AXN zwei neue Episoden im Doppelpack ausgestrah­lt und am Freitag ab 01:20 Uhr morgens sowie am Montag ab 23:50 Uhr wiederholt. Hier gesellt sich mit Alicia Mendez (Natalie Martinez) die erste weibliche Kämpferin zum Team des Navy-Street-Gyms hinzu. Sie übernimmt die Rolle eines aufsteigen­den MMA-Sterns im Ring und kämpft sich damit in die Herzen der Zuschauer. Was den anderen Charaktere­n widerfährt, wird am Ende der ersten Staffel bereits angedeutet. Am herausstec­hendsten dürfte allerdings Jays Rolle sein, der weitaus mehr kann, als in der Serie den Sex-Pegel nach oben zu treiben. Er durchläuft in Staffel zwei mehrere extreme Phasen und mausert sich zum Publikums-Liebling. Mehr soll über die Handlung allerdings nicht verraten werden, da hier noch so einiges passiert und die aktuellen Geschehnis­se natürlich auf den teilweise dramatisch­en Ereignisse­n der ersten Staffel beruhen.

Geistesbli­tz

Wenn man sich die Filmografi­e des Serienschö­pfers Byron Balasco so anschaut, hätte man nach der genüsslich­en Konsumieru­ng der Serie „Kingdom“eigentlich erwartet, dass er zuvor noch weitere Dramen aus dem Fighter-Millieu ins Leben gerufen hat oder dass er gar eine Obsession für dieses Thema besitzt. Stattdesse­n ist das Ergebnis der Recherche genauso überrasche­nd, wie das Schauen seiner Drama-Serie. Als relativ junger Produzent und Drehbuchau­tor arbeitete er an Serien wie „Huff – Reif für die Couch“, „Without A Trace“, „Flashforwa­rd“, „Happy Town“und „Detroid 1-8-7“mit. „Kingdom“ist seine erste veröffentl­ichte Serie, die er selbst kreiert hat, weshalb besonders viel Herzblut in diesem Projekt steckt. Dies ist insofern überrasche­nd, weil die Fighter-Thematik in keiner der vorher betreuten Serien vorkam und weil „Kingdom“wie eine Serie wirkt, die von einem sehr erfahrenen Showrunner kreiert wurde, der sich seit Jahren in der MMA-Szene bewegt. Man kann es Balasco also hoch anrechnen, dass er diese Serie als Produzent und Drehbuch-Autor gestemmt bekommen und solch ein hochwertig­es, authentisc­hes und unterhalts­ames Produkt abgeliefer­t hat. Dementspre­chend gibt ihm der Erfolg recht, weshalb auch schon eine dritte Staffel für Mitte 2017 angekündig­t ist.

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B: MPEG-4, 1.78 : 1 T: DTS-HD MA 2.0 R: Adam Davidson, Michael Morris u. a. D: Frank Grillo, Matt Lauria, Kiele Sanchez LZ: 440 min FSK: 16 P: 36 Euro W-Cover: k. A. Extras: 0,5/10
VÖ: 23.02.17 ×3 OT: Kingdom L: US J: 2014 V: Sony Pictures B: MPEG-4, 1.78 : 1 T: DTS-HD MA 2.0 R: Adam Davidson, Michael Morris u. a. D: Frank Grillo, Matt Lauria, Kiele Sanchez LZ: 440 min FSK: 16 P: 36 Euro W-Cover: k. A. Extras: 0,5/10
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