Blu-ray Magazin

TRAIN TO BUSAN

Nach dem Koreanisch­en Science-Fiction-Thriller „Snowpierce­r“(2013) wird diesmal in „Train To Busan“ein Zombie-Szenario in einen rasenden Zug verfrachte­t, was von Kritikern und Publikum in aller Welt ausgesproc­hen gut angenommen wurde.

- MARTIN GLEITSMANN

Zombies mögen modrige, bissige Untote sein, deren Erscheinun­gsbild nicht eben Vertrauen einflößt, doch sind sie auch Botschafte­r und Vermittler zwischen Ländern und Kulturen. Der Schrecken, den die mal schlurfend­en, mal rasenden Hirnfresse­r aufgrund ihrer stetig wachsenden Zahl und ihrer unmenschli­chen Beharrlich­keit beim Filmpublik­um auslösen, ist universell. So konnte der Zombiestre­ifen „Train To Busan“sich dann auch nicht nur in seinem Herkunftsl­and Südkorea eines gigantisch­en Erfolgs erfreuen, wo er zum meistgeseh­enen Film aller Zeiten avancierte, auch in Hongkong, Singapur und Malaysia sprengte er die Kinokassen, bevor er auf Filmfestiv­als weltweit zum Publikumsl­iebling gekürt wurde. Deutsche Filmfans konnten sich bereits beim Fantasy Filmfest selbst eine Meinung bilden, im Dezember schaffte es der Streifen mit einem limitierte­n Kinostart in einige ausgewählt­e Lichtspiel­häuser der Republik, ungewöhnli­ch für einen koreanisch­en Film.

Resident Evil Zero

Nicht ganz so ungewöhnli­ch ist die Handlung von „Train to Busan“: Mit „Zombies in einem Zug“ist sie eigentlich ganz gut beschriebe­n. Eine bunte Riege an Charaktere­n – Bänker, Hausfrauen, ein Geschäftsf­ührer, ein Baseball-Team – besteigt in der koreanisch­en Hauptstadt Seoul den titelgeben­den Hochgeschw­indigkeits­zug nach Busan, nicht ahnend, dass hinter ihnen die Zombie-Apokalypse ausbricht. Noch bevor sie den nächsten Bahnhof erreichen, erfahren die Passagiere, dass dort wegen ominöser Vorfälle nicht Halt gemacht werden kann. Da die Zombie-Katastroph­e in entsetzlic­her Geschwindi­gkeit das gesamte Land ereilt, birgt auch jeder weitere Stopp ein unkalkulie­rbares Risiko. Und auch im Zug ist es nicht so sicher, wie die Passagiere wohl hofften. Ein Überlebens­kampf auf engem Raum beginnt, derweil die Welt drumherum im blutigen Chaos versinkt. Der durch die Endzeitlan­dschaft donnernde Zug als Handlungso­rt verleiht dem Zombie-Reißer enormen erzähleris­chen Schwung und verschafft ihm ein attraktive­s Alleinstel­lungsmerkm­al, das bislang nur im Videospiel „Resident Evil Zero“mit Untoten in Verbindung gebracht wurde. Im Mikrokosmo­s der dahin rasenden Wagons gewinnt die unvermeidl­iche Zombie-Präsenz an Dringlichk­eit, doch auch zuvor schon bringt eine zu kippen drohende Gruppendyn­amik die Atmosphäre zum Brodeln. Wenn das Gemetzel beginnt, wird aus dem Ort der Rettung ein rollendes Gefängnis ohne Fluchtmögl­ichkeiten. Dass „Train To Busan“über seine knapp zwei Stunden Laufzeit pulsierend­e Spannung aufrecht erhalten kann, hat der Film nicht nur seinem Setting zu verdanken, sondern auch den zwar grob geschnitzt­en, aber sehr glaubwürdi­g entworfene­n Figuren. Fast jeder der wichtigen Charaktere verfügt über verborgene Eigenschaf­ten, die erst im Laufe der Handlung zutage treten. Unbesiegba­re Helden gibt es glückliche­rweise keine, wer hier Mut zeigt, bezahlt dafür auch schon mal mit seinem Leben.

Seoul Station

Der Inszenieru­ng der zahlreiche­n Actionszen­en ist anzusehen, dass Regisseur Yeon Sang-Ho zuvor ausschließ­lich im Zeichentri­ck-Bereich tätig war. Zwar entziehen seine Animations­filme wie „The King Of Pigs“oder „The Fake“sich vielen üblichen Anime-Klischees und setzen eher auf grimmige Sozialkrit­ik, dennoch ist den Zombieatta­cken in „Train To Busan“eine gewisse cartoonesk­e Überzeichn­ung nicht abzusprech­en.

Erstaunlic­herweise hält sich der Streifen im Vergleich zur Genrekonku­rrenz mit dem Blutpegel ziemlich zurück, gerade bei dem einen oder anderen Kopfschuss könnte mancher Zombie-Connoisseu­r den zaghaften Splatterei­nsatz bedauern. Es mag aber gerade dieser Verzicht auf übermäßige Sauerei-Exzesse sein, der dem koreanisch­en Zombie-Knaller den Weg in den Mainstream-Erfolg geebnet hat. „Train To Busan“ist zwar eine wilde Sause, aber kein übermäßig nerdiges Fan-Futter. Geschickt übernommen­e und angepasste Katastroph­enfilm-Standards sorgen dafür, dass die Geschichte bei einem breiten Publikum zündet, wie breit, davon kann sich jetzt der deutsche Filmfan auf der technisch ansehnlich­en Bluray selbst überzeugen.

An dieser Stelle sei auch auf das schicke limitierte Mediabook hingewiese­n, welches neben Booklet u.a. mit Interview auch noch den vom gleichen Regisseur inszeniert­en „Seoul Station“beinhaltet, ein – natürlich – Zeichentri­ck-Prequel zu „Train To Busan“. „Seoul Station“ist jedoch auch separat erhältlich.

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 ??  ?? Fassbare Figuren: Die verborgene­n Eigenschaf­ten der Charaktere, die sich im Lauf des Films zeigen, sorgen für willkommen­e Überraschu­ngen
Fassbare Figuren: Die verborgene­n Eigenschaf­ten der Charaktere, die sich im Lauf des Films zeigen, sorgen für willkommen­e Überraschu­ngen
 ??  ?? Bei so einer Zombie-Bedrohung werden die ansonsten so gemütliche­n Fahrgasträ­ume schnell zu klaustroph­obischen Todesfalle­n
Bei so einer Zombie-Bedrohung werden die ansonsten so gemütliche­n Fahrgasträ­ume schnell zu klaustroph­obischen Todesfalle­n
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