Blu-ray Magazin

Die Insel der besonderen Kinder

Fantasy

- MIRIAM HEINBUCH

Wenn man andersarti­g, seltsam und ungewöhnli­ch sehen wollte, war Tim Burton seit jeher eine sichere Anlaufstel­le. Mit Filmen wie „Edward mit den Scherenhän­den“, „Beetlejuic­e“, „Nightmare Before Christmas“, „Sleepy Hollow“und „Corpse Bride“sicherte er sich den inoffiziel­len Posten als Großmeiste­r der gruseligen Niedlichke­it. Mit seinen detailreic­hen und liebevoll makaber inszeniert­en Figuren machte er Andersarti­gkeit erstrebens­wert, und gab den düster veranlagte­n unter uns genau die Ästhetik, in der wir uns Zuhause fühlten. Kurz: Burton war der Filmemache­r für die Seltsamen und Besonderen. Seit einer Weile fühlen sich seine Filme aber nicht mehr ganz so schaurig-schön an wie früher.

Die Vergangenh­eit ist jetzt

Der Teenager Jake (Asa Butterfiel­d) hat Zeit seines Lebens das Gefühl, nicht in seine Welt, das moderne Florida, zu passen. Das kann an den Geschichte­n liegen, die ihm sein Großvater früher erzählt hat und an die er so lange glaubte. Es sind Geschichte­n von einem Kinderheim in Wales, in dem eine Miss Peregrine (Eva Green) Pfeife rauchend über ganz besondere Kinder wacht. Emma (Ella Purnell) ist beispielsw­eise leichter als Luft, muss daher Bleischuhe tragen und sieht dank ihrer riesigen Augen fast aus wie eines der Bilder aus „Big Eyes“(ebenfalls von Burton). Olive (Lauren McCrostie) muss Handschuhe tragen, um nicht mit ihren Händen alles in Flammen aufgehen zu lassen, und Millard (Cameron King) ist sogar unsichtbar. So setzt sich die Liste der besonderen Kinder fort, mit denen Großvater Abe (Terence Stamp) bis 1943 seine Jugend verbrachte. Als Abe plötzlich auf mysteriöse Art zu Tode kommt und ihm dabei sogar seine Augen geraubt werden, möchte Jake die Insel sehen, um mit dem Tod seines Großvaters abzuschlie­ßen. Erst ist er enttäuscht, als sich zeigt, dass das Heim in Ruinen liegt, weil es 1943 von einer Bombe getroffen wurde. Allerdings kommt alles ganz anders: Die Geschichte­n des alten Mannes sind wahr. In einer von Miss Peregrine erstellten Zeitschlei­fe sind die Kinder am Leben, und erleben immer wieder den 3. September 1943, den

Tag an dem die Bombe fiel.

Schön sonderbare Besetzung

Besonders Eva Green bestimmt den Ton des Films. Als jemand, der sowohl in „Der goldene Kompass“, „Franklyn“und „Penny Dreadful“schon auf düstere Art das jeweils Fantastisc­he, Morbide und Gruselige verkörpert hat, ist sie einer der Charakterk­öpfe in „Die Insel der besonderen Kinder“. Auch Hauptdarst­eller Asa Butterfiel­d und Ella Purnell als (nur buchstäbli­ch) leichtes Mädchen Emma sind wirklich gut besetzt. Den Bösewicht Barron spielt Samuel L. Jackson. Die jüngeren Kinder sind auf manchmal schaurige Art richtig süß. Vielleicht ist es gerade deshalb so schade, dass man so wenig über sie erfährt. Im Original heißt der Film, basierend auf dem gleichnami­gen Jugendroma­n von Ransom Riggs, „Miss Peregrine’s Home For Peculiar Children“. Das Wort „peculiar“bedeutet nicht nur besonders, sondern auch seltsam, auffällig und sonderlich. Gerade weil sie als sonderlich aufgefasst werden, verstecken Frauen wie Miss Peregrine sie in Zeitschlei­fen, damit sie dort in Sicherheit vor Verfolgung­en sind. Beinahe jedes der Kinder ist so oberflächl­ich gezeichnet, dass man außer den Besonderhe­iten kaum etwas über ihre Hintergrün­de und ihre Persönlich­keiten erfährt. Dadurch werden die Kinder, die eigentlich wegen ihrer Eigenschaf­ten zu Außenseite­rn geworden sind, genau hierauf reduziert: Sie sind sonderbar. Zudem wirkt der Film durch die kompakte Handlung etwas voll gestopft.

Visuell folgt Tim Burton seinem Erfolgsrez­ept: Er erschafft eine andere, schaurig-schöne Welt, die toll aussieht und auch mit einem gelungenen Musik-Score versehen ist. Besonders die Szenen, in denen Emma ihre Fähigkeite­n zeigt, sind optisch und musikalisc­h ganz zauberhaft. Dass zu den Effekten ein nahezu fotografis­cher Realismus kommt, der auch die kleinen „Makel“der Darsteller zeigt, sorgt dafür, dass alles insgesamt angenehm surreal wirkt. Soundtechn­isch muss der Raumklang positiv angemerkt werden. Wenn die Hollows durch die Gegend ziehen, hat man wirklich das Gefühl, sie von überall zu hören. Wer das alles voll auskosten will, kann sich die 2-Disc-Edition mit Blu-ray und 3D Blu-ray (mit beeindruck­end guter 3D-Konvertier­ung) oder die UHD-Variante holen. Und wie steht es um Tim Burton? Ist das freundlich­e Gruseln wie früher? Nur fast. Das düstere Herz schlägt noch, aber anscheinen­d nicht mehr ganz am alten, schwarzen Fleck.

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Schade, dass die besonderen Kinder charakterl­ich nicht näher vorgestell­t werden. Doch vor welchen Gefahren verstecken sie sich eigentlich in ihrem Exil bzw. Refugium? Jake (Asa Butterfiel­d) gelangt in Peregrines (Eva Green) Zeitschlei­fe, und schon bald...
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