A Kind Of Murder
Nebelumhüllte Gassen, verruchte Femme Fatales und Privatdetektive in beigen Trenchcoats – nur wenige Genres hatten und haben einen so großen Einfluss auf das Kino wie der klassische Film-Noir. Was mit Werken wie John Hustons „Die Spur des Falken“von 1941 oder Tuttles Graham-Greene-Verfilmung „Die Narbenhand“von 1942 begann, lebt bis heute in Krimis und Thrillern fort. Ab den 1970ern bekamen Neuinterpretationen dieser alten Motive, darunter Filme wie etwa „L.A. Confidential“, ein neues Label verpasst: Neo-Noir. Andy Goddards „A Kind Of Murder“versucht nun, alt und neu miteinander zu verbinden. So verlegt der meist im TV tätige Regisseur die 1954 spielende Handlung des Patricia-Highsmith-Romans „Der Stümper“einfach nach New York Anfang der 60er Jahre – typisch Neo-Noir. In Sachen Atmosphäre hält sich der Film dagegen an die alten Klassiker und punktet mit toller Ausstattung, düsterer Bildsprache und einem komplexen Plot. Allerdings vergisst Goddard bei all den Hommagen zwei entscheidende Dinge: Seinen Hauptfiguren die nötige Tiefe zu verleihen und – vom grandiosen Ende vielleicht mal abgesehen – einen Spannungsbogen aufzubauen.
Im Schatten des Zweifels
Dabei wirkt die Handlung so klassisch Noir wie Humphrey Bogart mit Schlapphut: Walter Stackhouse (Patrick Wilson) ist ein erfolgreicher Architekt und führt mit seiner Frau Clara (Jessica Biel) eine vermeintlich glückliche Ehe. Doch der Schein trügt, denn Clara ist psychisch labil, depressiv und rasend eifersüchtig. Das wird nicht besser, als die verführerische Sängerin Ellie (Haley Bennett) in das Leben von Walter tritt. Um sich von all dem abzulenken, beschäftigt sich der Hobby-Krimiautor mit einem aktuellen Mordfall aus der Zeitung: Die Ehefrau des Buchhändlers Kimmel (Eddie Marsan) wurde an einer Busstation getötet und der Ehemann ist der Hauptverdächtige. Der Fall befeuert Walters Fantasien, seine eigene Frau zu töten und mit Ellie eine Affäre einzugehen. Als dann plötzlich Clara unweit der gleichen Busstation tot aufgefunden wird, steht Walter plötzlich im Visier der Ermittlungen des ehrgeizigen Detectives Corby (Vincent Kartheiser), der auch Kimmels Fall bearbeitet und davon überzeugt ist, dass beide Männer schuldig sind. Aus seiner verzweigten Story macht „A Kind Of Murder“leider zu wenig. Die Handlung plätschert ziellos und ohne Tempo vor sich hin, während einige Szenen so wirken, als wären sie für eine andere Stelle im Film gedacht. Und anstatt seinen Figuren und ihren Konflikten mehr Raum zu geben, erdrückt Goddard sie mit seiner zwar stimmungsvollen, aber auch erratischen Inszenierung aus verrauchten Jazzkellern, biederer Vorstadt-Idylle und einer eher gemächlichen Mordermittlung. So bleibt Walter als stümperhafter Hobby-Detektiv sehr eindimensional, Corby verkommt zur Karikatur eines Trenchcoat-Polizisten und die beiden Damen Clara und Ellie sind nicht mehr als hübsche Plot-Vehikel.
Optisch beeindruckt der Film dagegen mit einem bemerkenswerten Produktionsdesign, welches New York Anfang der 1960er sehr lebhaft darstellt. Technisch gibt es ebenfalls fast keine Makel: Der jazzige Soundtrack überzeugt genauso wie die gute Schärfe und die Noir-typische, leicht übersaturierte Farbgebung. „A Kind Of Murder“ist unterm Strich ein atmosphärischer und toll anzusehender, aber auch nur spärlich spannender Neo-Noir-Mischmasch.