Das unbekannte Mädchen
Die junge Ärztin Jenny (Adèle Haenel) erklärt ihrem Praktikanten Julien (Olivier Bonnaud) gerade, dass man sich auf das Leid der Patienten nicht emotional einlassen dürfe, als es an der Praxistür klingelt. Aber Jenny ruft Julien, der eben öffnen wollte, zurück, weil die Sprechstunde seit einer Stunde vorbei ist. Am nächsten Tag stellt sich heraus, dass an der Tür eine junge Frau (Ange-Déborah Goulehi) war, die nun tot ist. Ob es Mord oder ein Unfall war, kann die Polizei nicht sagen, aber auf dem Überwachungsvideo sieht es aus, als wäre die Unbekannte verfolgt worden. Jenny lässt die Sache nicht los; geplagt von Schuldgefühlen begibt sie sich selbst auf die Suche nach Antworten. Dabei stößt sie auf einen ihrer eigenen Patienten. „Das unbekannte Mädchen“klingt nach einem recht typischen Krimi, ist aber ruhiger erzählt - keine Schusswaffen, keine Verfolgungsjagden - und wird zwischendurch sogar etwas träge. Auf wirkliche Schwierigkeiten bei ihren „Ermittlungen“stößt die junge Heldin erst spät, weshalb der Film in der Wüste des zweiten Aktes steckenzubleiben droht. Ein spät aufgemachter und völlig überflüssiger Nebenstrang, der sofort nach der Einführung einfach wieder fallen gelassen wird, hatte hier wohl als Rettungsanker dienen sollen. Ein Grund für die Verwirrung ist womöglich, dass der Film nach der Premiere in Cannes um knapp sieben Minuten gekürzt wurde und ein paar Handlungsrudimente in der finalen Fassung verblieben sein könnten. Trotz einiger Kritikpunkte ist „Das unbekannte Mädchen“nicht schlecht geworden, sondern ein moderat unterhaltsamer, moderat spannender Durchschnittsfilm, der besser hätte werden können, ohne jedoch Zeitverschwendung zu sein.