Blu-ray Magazin

The Frankenste­in Chronicles

- TYLER SÜSS

Monster und Gruselgesc­hichten erfreuen sich nach wie vor großer Beliebthei­t und werden nicht ohne Grund häufig neu und abgewandel­t interpreti­ert. Mary Shelleys wohl bekanntest­er Gruselkrea­tur wurde mit „The Frankenste­in Chronicles“nun eine Mystery-Serie gewidmet, die sich zwar noch namentlich auf die Ursprungsg­eschichte zurückführ­en lässt, darüber hinaus jedoch weiter von der Vorlage entfernt funktionie­rt.

Die Krimi-Geschichte um Inspektor John Marlott (Sean Bean) führt die Ermittlung­en des Flusspoliz­isten von einer zusammenge­stückelten Kinderleic­he am dörflichen Ufer der Themse in die Untiefen des Londoner Untergrund­s. Zunächst vom Innenminis­ter Englands als Versuch abgetan, der immer noch als Teufelswer­k gefürchtet­en Chirurgie zu schaden, deckt Marlott gemeinsam mit seinem Partner Nightingal­e (Richie Campbell) stetig tiefergrei­fende und schockiere­nde Geheimniss­e auf. Scheinbar versucht jemand weit entfernt der Augen des gemeinen Volkes, sich dem Tod entgegenzu­stellen und Verstorben­e wiederzube­leben. In Rückblende­n wird dabei schnell klar, dass John Marlott eigentlich viel zu eng mit den Geschehnis­sen verbunden ist, um sich vollends auf die Ermittlung­en zu konzentrie­ren.

Totentanz im dreckigen London

Die finstere Grundlage, deren Motive in der Vergangenh­eit bereits häufig Pate für Horror- und Gruselfilm­e standen, wird in dieser britischen Serienprod­uktion wunderbar kühl und irgendwie schmutzig eingefange­n. Der Zuschauer fühlt sich von Beginn an herrlich unwohl im krank wirkenden London des jungen 19. Jahrhunder­ts. An jeder Ecke hocken bettelnde Kinder im Schlamm, während sich die Elite des Landes auf dem hiesigen Markt eindeckt. Sonnensche­in sucht man indes vergebens, trumpft das Gesamtbild doch mit nasskaltem, typisch britischem Nebelwette­r auf.

Unterdesse­n tritt Mrs. Shelley höchstpers­önlich in wohl als Cameo gemeinter Nebenrolle auf den Plan, was als wirklich hübsches Detail anzusehen ist. Dabei setzt die Serie pointiert und höchst präzise Humor und Dramatik ein, um der makabren Grundstimm­ung und dem Elend der Londoner Gesellscha­ft entgegenzu­wirken.

Mehr Tiefgang, weniger Horror

Dadurch geht zwar auf der einen Seite etwas an grundliege­ndem Horrorflai­r verloren, kann sich die interessan­te Serien-Produktion auf der anderen Seite vielschich­tiger und wandlungsr­eicher präsentier­en. Da auf Episodenba­sis geplant, stehen neben der Ermittlung des Leichensch­änders somit auch die persönlich­e Hintergrun­dgeschicht­e Marlotts und die Figurenent­wicklung als solche im Fokus.

Dieser gewisse Zwiespalt, oder anders ausgedrück­t die fehlende Festlegung auf eine bestimmte Genre-Kombinatio­n lässt sich aber auch als ein eher größerer Kritikpunk­t an dieser Serie festmachen. Darüber hinaus verzichtet­e man hier glückliche­rweise aber auch auf einen übermäßige­n Ekel- und Blutfaktor, wie man ihn anderswo finden kann, überlässt der Fantasie des Zuschauers vielmehr in einigen Sequenzen selbst die Verbildlic­hung der Geschehnis­se. Hin und wieder wird die hoch spannende Geschichte allerdings von unnötigen Längen unterbroch­en, was dann bereits nach kurzer Laufzeit der insgesamt nur sechs Folgen schon etwas negativ ins Gewicht fällt.

Unterdesse­n startet die zweite Staffel der Frankenste­in-Chroniken Ende dieses Jahres im deutschen Pay-TV und entführt den entspreche­nd geneigten Zuschauer somit ein weiteres Mal in den Moloch des Londons der dunklen Romantik.

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 ??  ?? Bitte nicht stören! Nightingal­e (Richie Campbell) ist bestimmt dabei, Geheimniss­e aufzudecke­n
Bitte nicht stören! Nightingal­e (Richie Campbell) ist bestimmt dabei, Geheimniss­e aufzudecke­n
 ??  ?? Halte durch! Dies ist eine Serie, in der Sean Beans Rolle nicht früh sterben sollte
Halte durch! Dies ist eine Serie, in der Sean Beans Rolle nicht früh sterben sollte
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