Marvel: Agents Of S.H.I.E.L.D.
Auch der überzeugteste Marvel-Fan muss zugeben, es dauerte seine Zeit, bis die erste Staffel der vor allem zu Beginn stark mit „The Avengers“verknüpften TV-Serie „Agents Of S.H.I.E.L.D“so richtig in Fahrt kam. Lose verbundene „Fall der Woche“-Folgen, eine augenscheinlich vor allem nach optischen Kriterien zusammengestellte Besetzung und deutliches inhaltliches Wildern in den Gefilden von Serien wie „Akte X“oder „Fringe“machten dem Comic-Fan den Einstieg nicht gerade leicht. Das alles änderte sich, als parallel zum Kinostart des zweiten „Captain America“-Kinofilms dessen Ereignisse sich auch dramatisch auf die Handlung und Struktur der Marvel-Serie niederschlugen. Plötzlich wurde aus der betulichen paranormalen Ermittlungsserie ein hochspannendes Event, das zwar das bisherige Konzept einigermaßen über den Haufen warf, dafür aber mit einer ungemein fesselnden inhaltlichen Entwicklung begeisterte, die sich vor den Kinofilmen nicht verstecken musste, ganz im Gegenteil. Die zweite Staffel hat nun den Vorzug, gleich so richtig durchstarten zu können. Die Ereignisse im vorangegangenen Staffelfinale haben die Dynamik der Serie ordentlich durcheinander gewirbelt, aus der ehemals offiziellen Organisation S.H.I.E.L.D. ist inzwischen eine Gruppe Abtrünniger geworden, deren Problem nun weniger die Suche nach Personen mit übernatürlichen Fähigkeiten als vielmehr die Auseinandersetzung mit der Regierung und mit Hydra ist.
Doch keine Sorge, natürlich kommen auch die Freunde von Superkräften auf ihre Kosten, denn in der Mitte der Staffel tritt eine neue Fraktion auf die Spielbühne, die sogenannten „Inhumans“. Das Verhältnis zu diesen Menschen, deren bis dahin schlummernde Kräfte nach einem Initiationsereignis geweckt wurden und die nun Verbündete oder Gegner der guten Superhelden sein könnten, bestimmt die zweite Hälfte der Staffel, die wie schon die Vorgängerstaffel in einem sensationellen Finale endet.
Seriengenuss ohne Druck
Da die Produzenten sich angesichts unbegreiflich magerer Einschaltquoten nie sicher sein konnten, dass es eine dritte Staffel geben würde, wurden auch alle Handlungsstränge auf befriedigende Weise zu Ende geführt, man wird also nicht förmlich genötigt, die nächste Staffel zu schauen. Angesichts der unbestreitbaren Qualitäten, die die Serie ins Feld zu führen vermag, werden sie die meisten Zuschauer vermutlich trotzdem mit Freude weiter verfolgen. Aus den zunächst so oberflächlich und klischeehaft erscheinenden Charakteren sind inzwischen ausgesprochen vielschichtige, interessante Figuren geworden. Insbesondere das zu Beginn vielgescholtene Wissenschaftlerduo Leo Fitz und Jenna Simmonds wirkt sichtlich gereift und von den erlebten Strapazen gezeichnet. Neben der inzwischen famos miteinander harmonierenden Stammbesetzung gibt es auch einige bemerkenswerte Gastauftritte, allen voran der „Twin Peaks“und „Dune“-Star Kyle MacLachlan in einer faszinierenden, wunderbar zwiespältigen Rolle. Action und Effekt-Einsatz machen sich in der zweiten Staffel etwas rarer als noch in der ersten, wenn es aber zur Sache geht, dann gewaltig.