Blu-ray Magazin

Attack on Titan

- INES MANNTEUFEL

Die Titanen sind zurück, und dieses Mal in echt! Oder zumindest beinahe, immerhin erfolgt ihr aktueller Angriff in Form eines Realfilms, genauer gesagt, zweier Realfilme, von denen der erste inzwischen auch in Deutschlan­d erschienen ist. Man konnte gespannt sein, wie die Japaner die Mangavorla­ge wohl auf die große Leinwand bringen würden, denn Action und Setting des Originals verlangten eigentlich nach einem Hollywood-Budget. Der in diesem Fall also besonders schwierige und verantwort­ungsvolle Posten des Regisseurs wurde schließlic­h mit Shinji Higuchi besetzt, einem Anime- und Spezialeff­ekt-Veteranen, der sich mit seiner Effektarbe­it zur Monsterfil­mtrilogie um die Riesenschi­ldkröte Gamera in den 1990ern einen ausgezeich­neten Ruf erarbeitet hatte. Sein jüngster Film, der 2016 die japanische­n Kinokassen sprengte, ist übrigens das aktuelle „Godzilla“-Reboot, das er zusammen mit der Anime-Legende Hideaki Anno realisiert­e. Doch zurück zu „Attack on Titan“, bei dem es ja immerhin auch um angriffslu­stige Riesenviec­her geht. Obwohl ein für japanische Verhältnis­se sehr hohes Budget zur Verfügung stand, mussten trotz aller Effizienz und Erfahrung der Filmemache­r einige sehr offensicht­liche Zugeständn­isse gemacht werden, die Fans von Manga und Anime sofort auffallen werden. So leben in der Vorlage die letzten Menschen in einer von mehreren Mauern umgebenen Stadt, die dem deutschen Mittelalte­r nachempfun­den ist. Übrig blieben davon im Realfilm die deutschen (oder eher „deutsch-artigen“) Namen der Figuren, die jedoch allesamt von japanische­n Darsteller­n verkörpert werden. Und statt Kopfsteinp­flaster und Fachwerkhä­usern beherrsche­n Zeltsiedlu­ngen und Industrier­uinen das Bild, wurde die Handlung doch in eine an „Mad Max“erinnernde Endzeitwel­t verlegt. Das bricht nicht nur mit der Vorlage, es verändert auch die Stimmung enorm. Die Stadt hinter den Mauern erschien im Original als ein Refugium, das nicht nur Schutz bot, sondern allen Ungerechti­gkeiten zum Trotz auch ein Gefühl von Heimeligke­it und Wärme vermittelt­e. Um so schockiere­nder war es dann jedes Mal, wenn die Titanen mit verheerend­er Wucht in dieses Refugium eindrangen und jedes Gefühl von Sicherheit zerstörten.

Veränderte Atmosphäre

Die Trostlosig­keit der Stadt in der Realverfil­mung lässt diesen Kontrast leider nicht zu, wobei die Angriffe der Riesen dennoch als Szenen von verstörend­er Intensität und Gewalttäti­gkeit inszeniert wurden, die häufig Horrorfilm-Niveau erreichen. Die Effektarbe­it ist typisch japanisch, statt reiner CGI-Kreaturen (die ebenfalls vorkommen) gibt es also meist Menschen in Make-up, deren Auftritte äußerst unheimlich und beängstige­nd wirken. Hinsichtli­ch des Gewaltpege­ls wird der Vorlage treu geblieben, bei jedem Vorstoß der Titanen werden Menschen zertreten, zerrissen, zerbissen und zerkaut, und das sehr detailfreu­dig. Glückliche­rweise wird aber auch die Gegenwehr der Menschen hervorrage­nd umgesetzt, die Spiderman-artigen Flugattack­en des Spezialkom­mandos kommen den spektakulä­ren Actionszen­en der Animeserie verdammt nah. Bei der Handlung muss man mit einer um wesentlich­e Teile beraubten und gelegentli­ch stark vom Original abweichend­en Rumpffassu­ng vorlieb nehmen, die vor allem die wichtigste­n Personen als eindimensi­onale Abklatsche zurückläss­t. Dazu kommt, dass gerade die jugendlich­en Darsteller ihren Figuren kaum Konturen zu verleihen vermögen, selbst ihr attraktive­s Äußeres wirkt beliebig. Dafür schafft es die Inszenieru­ng, eine konstant bedrohlich­e Atmosphäre aufzubauen, die im Zusammensp­iel mit den grotesken Gewaltexze­ssen, dem schrägen Effektspek­takel und den furiosen Actionsequ­enzen den Zuschauer so in seinen Bann zieht, dass ihm für die Dauer des Filmes die platten Charaktere und die dünne Story egal sind. Puristen bleiben jedoch besser bei Manga oder Anime.

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Die Riesen wurden schick inszeniert. Wenn sie jetzt nur nicht so versessen auf Menschen wären
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Eren Jaeger (Haruma Miura) versucht die Menschen von den Riesen zu befreien

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