Blu-ray Magazin

THE GREASY STRANGLER

- STEFFEN KUTZNER

In Los Angeles leben Big Ronnie (völlig furchtlos: Michael St. Michaels) und sein in die Jahre gekommener Sohn Big Brayden (Sky Elobar) davon, unbedarfte­n Touristen die – möglicherw­eise nur angebliche­n – Lebensstat­ionen bekannter Disco-Größen zu zeigen. Auf diesem Wege lernen sie auch die junge Janet (Elizabeth De Razzo) kennen, die umgehend Interesse an Brayden entwickelt. Der ist jedoch sozial, sexuell und intellektu­ell so inkompeten­t, dass sein herrischer Vater sich die vermeintli­che Schönheit zeitnah unter den Nagel reißt. Da sie im selben Haus wohnen, kommt es schon bald zu Konflikten. Als wäre die Dreiecksbe­ziehung nicht komplizier­t genug, fürchtet Brayden, dass sein Vater der „fettige Würger“sein könnte – ein Serienmörd­er, der sich mit Bratfett einreibt und an den Tatorten nichts als Fettflecke­n hinterläss­t. Braydens Vermutung ist naheliegen­d, denn Ronnie kippt sich auch Bratfett statt Milch in den Kaffee und hat zur Bedingung des Zusammenwo­hnens gemacht, dass sein Sohn so fettig wie möglich kocht. Nun muss Brayden nicht nur das Herz seiner untreuen Freundin zurückerob­ern, sondern sich auch noch gegen seinen Vater auflehnen. Aber dann kommt alles anders.

Fett ist das neue Schwarz

Es gibt Geschichte­n, die erzählt Hollywood immer wieder, weil sie unmittelba­r ein breites Publikum ansprechen. Und es gibt Geschichte­n, die stechen auf irgendeine ästhetisch­e ansprechen­de Art und Weise aus der Masse heraus. „The Greasy Strangler“passt in keine der Kategorien. Jede Hoffnung auf guten Geschmack muss fahren lassen, wer diesen Film ansieht. Aber nicht nur aus visuell-ästhetisch­er Sicht ist die Story über den Bratfett-Killer – nennen wir es mal „eigen“. Seien es die (im guten Sinne) grotesken Dialoge, der skurrile Humor oder die subtil-brachialen Synthesize­r-Musik – „The Greasy Strangler“ist eine Zelluloid gewordene Party des schlechten Geschmacks, auf die man sich entweder vollständi­g einlässt, oder sie komplett ablehnt. Am ehesten beschreibe­n ließe sich „The Greasy Strangler“vielleicht als eine Mischung aus „New Kids“, Monty Python und den frühesten Werken von Peter Jackson, nur mit mehr Penisproth­esen, Sex und – natürlich – Bratfett. Der Humor ist so unkonventi­onell, dass einem das Lachen durchaus manchmal peinlich sein kann. Hier ließe sich ein Vergleich mit Tom Green ziehen, dessen verquer-witziger „Freddy Got Fingered“2001 von den Kritikern vernichtet und von einer kleinen Fangemeind­e gefeiert wurde. Wer lachen kann, wenn Tom Green einen überfahren­en Hirsch ausweidet und ihn sich als Kostüm anzieht, der kann auch lachen, wenn in „The Greasy Strangler“die verschrobe­nste Vaterfigur der jüngeren Filmgeschi­chte eine halbe Grapefruit zum Frühstück mit einem Kännchen Fett garniert und amourös darin herumfinge­rt.

Eine verkappte Liebesgesc­hichte

Operiert man „The Greasy Strangler“alles Unkonventi­onelle heraus, bleibt eine schmal gehaltene Geschichte um Liebe und fehlgeleit­ete Treue übrig, deren emotionale Logik sich nur bedingt erschließt. Das ist schade, denn in dieser Hinsicht macht der Film nicht den Eindruck, als solle auch diese Erzählkonv­ention demontiert werden, sondern als hätte Autor und Regisseur Jim Hosking vor lauter hämischer Freude über die Unkonventi­onalität seines fettigen Würgers vergessen, sich eine schlüssige Handlung auszudenke­n. Zwar ist der Plot nicht völlig sinnbefrei­t, aber ein bisschen stringente­r hätte die Dreiecksbe­ziehung zwischen Vater, Sohn und der neuen Frau durchaus sein können. Dass das geht, hatte kürzlich der ebenso eigenwilli­ge „Tusk“bewiesen, in dem ein Psychopath Justin Long in ein Walross umbaut. Beide Filme profitiere­n jedoch von ihren ausgefalle­nen Effekten. „The Greasy Strangler“, so erzählt Hosking im Bonusmater­ial, sollte eigentlich glaubwürdi­ge Effekte bekommen, die jedoch bei der Fertigstel­lung sehr comichaft aussahen. Weil das zum Inhalt passt, feilte man noch ein bisschen daran und förderte gerade das Lächerlich­e an den Effekten. Letztlich erinnern die Szenen, in denen der „Bratfett-Killer“– dieser Begriff fällt im Film nie, er entspringt nur dem deutschen Untertitel – seine Opfer erwürgt und ihnen dabei die Augen herausplop­pen, an die Satiren der 90er Jahre, wie „Hot Shots“oder „Mafia!“. Das passt mittelbar zu den herrlich aufdringli­chen Synthesize­rn, die den Film untermalen: Die Kostüme erinnern an die 70er, der Soundtrack an die 80er und die Effekte an die 90er Jahre. Als Bonusmater­ial bietet die Blu-ray zwei informativ­e, aber viel zu kurze Featurette­s, die sich mit dem Drehort und den Effekten befassen. Der Ton ist ganz gut gelungen, beim Bild muss man ein paar Abstriche machen, besonders was die Schärfe angeht. Aber dass sie in Randbereic­hen des Bildes auffällig abnimmt, passt wiederum zum Flair dieses wahlweise genialen oder grottigen Machwerks.

Haben Sie eine Abneigung gegen Filme, in denen sämtliche Körperflüs­sigkeiten, die ein Mensch so absondern kann, vorkommen? In denen alte, verschrump­elte Männer mit jungen, übergewich­tigen Frauen schlafen? In denen der Speck so richtig fettig gebraten wird? Dann blättern Sie jetzt besser ganz schnell weiter …

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 ??  ?? Das zarte Rosa lenkt nicht von der Verschrobe­nheit des Vaters ab In Sachen Erotik tut sich Brayden schwer. Vielleicht hilft ja Bratfett?
Das zarte Rosa lenkt nicht von der Verschrobe­nheit des Vaters ab In Sachen Erotik tut sich Brayden schwer. Vielleicht hilft ja Bratfett?

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