Public Enemy
Ein kleines, verschlafenes Dorf in den belgischen Ardennen. Das Leben hier ist nicht besonders spannend, aber dafür friedlich. Zumindest bis zu dem Punkt, als der Kindermörder Guy Béranger (Angelo Bison) in die Mitte der beschaulichen Gemeinde tritt. Der Serienmörder von fünf Jungen wurde vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen und soll nun den Rest seines Lebens im Kloster des kleinen Dorfes verbringen. Fassungsloses Entsetzen erschüttert die Idylle. Obwohl Béranger das Kloster unmöglich verlassen kann, ohne einem Polizisten in die Arme zu laufen, sind die Dorfbewohner wütend. Die angespannte Situation droht zu eskalieren, als ein Mädchen verschwindet und kurz darauf tot aufgefunden wird. An ihrem Körper entdecken die Polizistin Chloé Muller (Stéphanie Blanchoud) und ihr Partner Michaël Charlier (Jean-Jacques Rausin) eine symbolische Wunde, die Béranger seinen früheren Opfern zugefügt hatte. Ein Nachahmungstäter? Oder ein „besorgter“Bürger, der Béranger den Mord anhängen will? An möglichen Theorien mangelt es nicht. Aber was tun die schon zur Sache, wenn man einen Kindermörder in der Nähe hat, der schuldiger als alle anderen zusammen ist? Chloé Muller zerrinnt die Zeit zwischen den Fingern, denn wenn sie die grausame Tat nicht bald aufklärt, werden die Dorfbewohner die Sache selbst in die Hand nehmen.
Die Strategie geht auf
Obwohl sich die Serie am Fall von Marc Dutroux orientiert, sollte man mit einem direkten Vergleich vorsichtig sein. Die zehn Folgen projizieren ein Schreckensszenario, das mit den realen Details des Falles wenig zu tun hat. Tatsächlich scheint sich nur Guy Bérangers gestörte Persönlichkeit mit der von Marc Dutroux zu überschneiden, weshalb sich die Frage stellt. Das Modell trifft allerdings mit seiner Wirkung genau ins Schwarze. Obwohl die deutliche Mehrheit der Handlung Fiktion ist, fühlt sich das Drama bedrückend realistisch an. Jede Folge fesselt mit Spannung und schauspielerischem Können. Vor allem Angelo Bison baut mit seiner Mimik ein Netz der Scheinwahrheiten um sich, das man unmöglich durchdringen kann. Der Wahnsinn seines dargestellten Charakters ist so eindringlich, dass man eine Gänsehaut bekommt. Entgegengesetzt dessen, wird er verblüffend politisch korrekt inszeniert, sodass man in bestimmten Szenen kaum verhindern kann, mit dem ernsthaft bedrohten Mann Mitleid zu haben. Ist er schuldig, oder nicht? Darf man überhaupt Mitleid haben? Einen größeren inneren Konflikt könnten die Regisseure Matthieu France und Gary Seghers kaum auslösen. Die Grundproblematik der Serie lässt den Zuschauer noch lange über das Thema nachgrübeln. Wie resozialisiert man einen Straftäter, der seine Schuld gegenüber der Gesellschaft beglichen hat? Die Frage nach Richtig und Falsch stellt alle Meinungen auf die Kippe. Unterstützt wird der ganze Höllenritt durch scharfe, detailreiche Bilder und naturgetreue Farben. Was beim Bild an Perfektionismus grenzt, ist musikalisch weniger beeindruckend aufgebaut. Zwar schneiden Soundqualität und die Abmischung der einzelnen Klangebenen nicht schlecht ab, dafür reißt aber die fehlende Räumlichkeit der DTS-HD MA-2.0Tonspur die Wertung ein wenig nach unten.