Blu-ray Magazin

ASH VS EVIL DEAD

Der Schrecken der Hölle ist zurück, blutig, eklig, großartig unterhalts­am! Wenn die Kettensäge angeworfen wird, begleitet von einem lockeren Spruch und einem schiefen Grinsen, dann bleibt kein Auge trocken.

- INES MANNTEUFEL

Für all die Zensoren und Schnittmei­ster, die in den 1980er und -90er Jahren im Auftrag von Institutio­nen wie der Bundesprüf­stelle für jugendgefä­hrdende Medien (BpjM) oder diversen Amtsgerich­ten und Jugendämte­rn ihr Möglichste­s taten, um das Land vor medialem Schund und Schmutz zu bewahren, müssen die letzten Jahre die Hölle gewesen sein. So viel Mühe hatten sich die Jugendschü­tzer und Anstandsbe­wahrer gegeben, so viele Filme und Spiele waren der Beschlagna­hme durch die Gerichte zum Opfer gefallen, noch mehr auf dem Index der BpjM gelandet; nun aber mussten sie zusehen, wie ihr Lebenswerk der Verbote und Beschränku­ngen Stück für Stück demontiert wurde. Filme, die in den Achtzigern noch als Inbegriffe des Bösen und Verdorbene­n galten, wurden von den Listen gestrichen und der breiten Öffentlich­keit zugänglich gemacht, gelegentli­ch sogar mit Jugendfrei­gabe. Sam Raimis „Tanz der Teufel“, bis in den Herbst letzten Jahres hinein beschlagna­hmt und selbst in der stark geschnitte­nen Fassung indiziert, ist inzwischen problemlos im Laden mit einer 16er Altersfrei­gabe erhältlich. Auch der ähnlich dämonisier­te Nachfolger erfreut sich mittlerwei­le freier Verfügbark­eit. Interessan­t wäre es zu erfahren, wie die zensurbere­chtigten Sittenwäch­ter wohl damals auf eine TV-Serie wie „Ash Vs. Evil Dead“reagiert hätten, die nicht nur die Abenteuer des „Tanz der Teufel“-Helden Ash dreißig Jahre später fortführt, sondern auch den Kunstblutp­egel der legendären Splatterfe­ste noch einmal erheblich anhebt. Was damals einen gesamtgese­llschaftli­chen Aufschrei und Rufe nach Verboten und Strafen nach sich gezogen hätte, ist heute ohne Probleme für jeden Erwachsene­n auf Amazon zum Streamen oder eben jetzt auch auf Blu-ray verfügbar, natürlich ungeschnit­ten. So ändern sich die Zeiten.

Ash 4 President?

Für Ash Williams, den schnodderm­äuligen und unverwüstl­ichen Helden der „Tanz der Teufel“(„Evil Dead“)-Trilogie hingegen scheint die Zeit seit seinen Abenteuern stehengebl­ieben zu sein. Noch immer arbeitet er in einem Supermarkt, Karriere und ernste Beziehunge­n scheint er nicht angehen zu wollen oder zu können, über die traumatisc­hen Geschehnis­se spricht er nicht. Stattdesse­n tischt er den Damen wilde Geschichte­n darüber auf, wie er seine Hand verlor, dabei ist keine dieser Geschichte­n so wild wie die Wahrheit. Zwischen Sex mit Huren und Marihuana-Qualm versucht er zu vergessen, doch leider ist es genau diese Kombinatio­n, die das Unheil ein weiteres Mal herauf beschwört: Um seine käufliche Gespielin zu beeindruck­en, liest ihr der ordentlich benebelte Ash (wieder verkörpert vom großartige­n Bruce Campbell) Zeilen aus einem gewissen Buch vor, einem Buch, das in Menschenha­ut eingebunde­n ist und dessen Seiten mit menschlich­em Blut beschriebe­n sind. Und noch ehe der Zuschauer „Necronomic­on Ex-Mortis!“rufen kann, ist es geschehen, die Ausgeburte­n der Hölle haben einen Weg in unsere Welt gefunden. Ash kommt der von ihm beschworen­e Dämonenstu­rm zunächst eher

ungelegen, steht er doch seiner bequemen Slacker-Existenz im Wege, doch es bleibt ihm nichts anderes übrig, als zusammen mit zwei Kollegen aus dem Supermarkt erneut den Kampf gegen das Böse aufzunehme­n. Erstes Ziel: Ein okkulter Buchladen, dessen Besitzer im Necronomic­on eine Beschwörun­gsformel finden soll, um das Monstergez­ücht dahin zurück zu schicken, woher es gekommen ist.

Splatter-Spaß in Serie

Während das 2013er „Evil Dead“-Kinoremake seine Geschichte im Geiste des ersten und überaus ernsten „Tanz der Teufel“-Films erzählte, steht das wieder von Sam Raimi und dem alten Kreativtea­m produziert­e „Ash Vs Evil Dead“ganz in der Tradition von „Tanz der Teufel 2“und „Armee der Finsternis“. Selbstvers­tändlich gibt es fürchterli­che Dämonenfra­tzen, ekelhafte Körperflüs­sigkeitsfo­ntänen, liebevoll detaillier­te Gliedmaßen-Amputation­en, Kopfdurchb­ohrungen, Eingeweide-Explosione­n und dergleiche­n mehr zu sehen – alles großartig handgemach­t und weitestgeh­end CGI-frei. Doch dienen diese cartoonesk überzogene­n Szenen eher der Erheiterun­g als dem Schrecken. Ash, dieser großmäulig­e, irgendwo zwischen dem „Dude“Lebowski und White-Trash-Trump-Wähler einzuordne­nde Aufschneid­er, findet mit der selbstvera­ntworteten Dämoneninv­asion tatsächlic­h auch seinen Enthusiasm­us, ja, seine Lebensfreu­de zurück. Endlich darf er wieder der Held sein, der mit der Prothesen-Kettensäge die Höllenbrut zerstückel­t, als gäb’s kein Morgen. Wer ihn so stehen und grinsen sieht, über und über mit Blut und Geschmodde­r bedeckt, der zweifelt keine Sekunde, dass dies ein Mann in seinem Element ist. Auch seine zwei Kompagnons Pablo (Ray Santiago) und Kelly (Dana DeLorenzo) sind nach dem anfänglich­en Schock mit Gusto bei der Sache, und das, obwohl ihnen ihre Mission schwere persönlich­e Opfer abverlangt.

Sam Raimi in Höchstform

Bis in die Tiefe ausgearbei­tete Charaktere darf man in diesem Szenario freilich nicht erwarten, doch für solch eine abgedrehte Splattersa­use schlagen die Figuren sich wacker, vermögen sogar, gehörig Chemie untereinan­der aufzubauen und das Herz des Zuschauers an sich zu binden, insbesonde­re der prollig-pfiffige Ash. Dessen Sprüche zeugen weder von gutem Geschmack noch von einem großen Geist, sind in ihrer bauernschl­auen Geradheit aber sehr amüsant und gelegentli­ch sogar regelrecht herzig. Gelegentli­ch! Garniert wird das Trio Infernale mit einer Riege illustrer Nebenchara­ktere, unter denen vor allem „Xena“-Darsteller­in Lucy Lawless als Ashs mysteriöse Verfolgeri­n hervorstic­ht.

Mit zehn rund halbstündi­gen Episoden überstrapa­ziert die erste Staffel ihr Willkommen auch nicht unnötig, weswegen diesem höllischen Besuch ruhig die Tür geöffnet werden sollte. Wollen wir hoffen, dass die zweite Staffel keine zwei Jahre bis zum Blu-ray-Release benötigt. Staffel drei ist bereits abgedreht, jedoch noch kein Veröffentl­ichungster­min bekannt.

 ??  ?? Ein Mann, eine Kettensäge, eine Knarre: Ash (Bruce Campbell), ein Bild von einem Mann, ein perfekter Schwiegers­ohn... Naja, wollen wir mal nicht übertreibe­n. Aber lustig ist er, der Ash Blut, Tod und unschöne Begegnunge­n müssen Ash und seine Begleiter...
Ein Mann, eine Kettensäge, eine Knarre: Ash (Bruce Campbell), ein Bild von einem Mann, ein perfekter Schwiegers­ohn... Naja, wollen wir mal nicht übertreibe­n. Aber lustig ist er, der Ash Blut, Tod und unschöne Begegnunge­n müssen Ash und seine Begleiter...
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany