Sweet Virginia
In Michael Manns Film „Heat“gibt es diese eine Szene: Robert de Niro und Al Pacino – der Gangster und der Polizist, der ihn jagt – sitzen in einem Diner und reden. Mehr nicht. Dennoch ist die Stimmung so angespannt, dass man sie fast greifen könnte. Diese Atmosphäre verströmt Jamie M. Daggs Crime-Drama „Sweet Virginia“nicht nur in einer ganz ähnlichen Szene, sondern fast jederzeit. Die Handlung ist im Vergleich zum kultigen Actionthriller von 1995 allerdings etwas herunter skaliert: Statt Los Angeles gibt es eine Kleinstadt in Alaska, statt eines Bankraubs gibt es einen brutalen Dreifach-Mord, der den Stein ins Rollen bringt. Ausgeführt wurde der Anschlag vom soziopathischen Auftragskiller Elwood (Christopher Abbott), der sich nach seiner Tat im lokalen Motel des ehemaligen Rodeo-Champions Sam (Jon Bernthal) einquartiert, um auf seine Bezahlung zu warten. Seine Auftraggeberin ist Lila (Imogen Poots), die Ehefrau von einem der Opfer. Sie wollte eigentlich nur ihren untreuen Mann loswerden und dessen Erbe einstreichen, doch Elwood war etwas übereifrig. Und als sich offenbart, dass es kein Geld zu holen gibt, geraten die Dinge außer Kontrolle. Was folgt, ist ein filmgewordener Schwelbrand. In seiner erst zweiten Regierarbeit beweist Dagg bereits großes Feingefühl für eine sich langsam aufbauende Narrative und inszeniert das Aufeinandertreffen der tragisch-melancholischen Figuren geduldig, nahezu voyeuristisch. Mit langen und stimmungsvollen Kameraschwenks, einem guten Timing in den Dialogen und einem Hauch Neo-Noir glänzt „Sweet Virginia“als kompakt erzählter und fesselnder Kleinstadt-Thriller. Technisch überzeugt der Film mit seinem düsteren und kontrastreichen Look.