The Big Bang Theory
die Serie als auch das Leben noch bereit? Howard (Simon Helberg) war bereits mit mäßigem Erfolg und massivem Ego im All. Und Raj (Kunal Nayyar) hat wahrscheinlich schon mehr Rezepte gekocht als Martha Stewart sie im TV senden kann. Die Jungs haben Stephen Hawking kennengelernt und alle ihre Beziehungserfahrungen gemacht. Sowohl die Beziehungen von Penny (Kaley Cuoco) und Leonard, Howard und Bernadette (Melissa Rauch) aber auch besonders die zwischen Amy (Mayim Bialik) und Sheldon haben große Entwicklungen durchgemacht – erwähnt sei hier nur das geschichtsträchtige Ereignis an Amys Geburtstag. Die Serie selbst musste mit dem Tod der Darstellerin Carol Ann Susi, die wir als die Stimme von Howards Mutter kennen, einen Schlag hinnehmen. Was also kann die Truppe noch entdecken? Die Antwort ist einfach: Den Alltag als Erwachsene.
Dieser besteht zunächst aus dem Unfassbaren: Howard hat es geschafft, sich zu reproduzieren, und zwar mit Bernadette und nicht mit Hilfe der Gentechnik. Es geht genauso unglaublich weiter, denn Sheldon zieht mit Amy zusammen in Pennys alte Wohnung. Penny und Leonard versuchen sich daran, allein zu wohnen und Raj versucht, neue und finanziell nachhaltigere Seiten an sich zu entdecken. Eigentlich klingt es also nach großen Veränderungen. Das stimmt auch einerseits, die nerdigen TV-Lieblinge machen große Schritte. Andererseits schleicht sich auch in die neuen Lebenssituationen der besagte Alltag ein. Oder wie Sheldon feststellt, er ist kein Wunderkind mehr. Die Figuren von „The Big Bang Theory“sind erwachsen geworden.
Der alltägliche Wahnsinn
Das hat so seine Vor- und Nachteile. Einerseits ist man als Zuschauer in Staffel 10 mittlerweile derartig mit den Figuren vertraut, dass manche der Witze so vorhersehbar sind wie die alte Zote, von der man weiß dass der Ehepartner sie nach dem dritten Bier auf einer Party erzählen wird. Da fühlt man sich ein bisschen, als säße man mit auf der Couch, auf der Leonard in fleckiger Schlabberkleidung einer desillusionierten Penny seine besten Rülpskünste vorführt – wir vergeben für den Aufstoß übrigens 8 von 10 Punkten. Auch in die Beziehung zum Zuschauer scheint sich nach all den Jahren irgendwie der Alltag, ja vielleicht sogar die eine oder andere langatmige Phase eingeschlichen zu haben. Andererseits kann man sich gerade deshalb gut mit der Truppe identifizieren. Das Publikum ist mit den Charakteren älter geworden und hat sich in der Zwischenzeit sicherlich ähnlichen Herausforderungen gestellt, von der Eheschließung bis zum Nachwuchs oder dem beruflichen Umbruch. Genau wie ein langjähriger Partner wissen die Rollen trotz des leichten Alltagstrotts dennoch zwischendurch zu überraschen, und wenn dann richtig. Und mag man nicht auch in einer langen Beziehung das Vorhersehbare und Vertraute?
Aber nicht nur das wohlige, kuschelige Gefühl des Altbekannten hat seine Reize, denn Sheldon hat gelernt, mit eben jenen zu spielen. Oder anders gesagt: Man hat etwas verpasst, wenn man noch nie das Wechselspiel zwischen Fremdscham, Amüsement und Kopfkratzen erlebt hat, das sich einstellt wenn Sheldon mit Amy dem Dirty Talk frönt. Das ist sie also, die „Big Bang“-Beziehung nach einem Jahrzehnt: Eine streckenweise lauwarme, aber insgesamt beständige Liebe mit gelegentlichen Was-zur-Hölle-Momenten. Funktioniert doch eigentlich ganz prima.