DVD-Serienspezial
„Fargo“St. 3 und andere Highlights
GREENLEAF (1. STAFFEL)
In „Greenleaf“redet man nicht lange um die religiösen Fragen herum. Schon in der Limousine auf dem Weg zum Anwesen ihrer Eltern wird Grace Greenleaf (Merle Dandridge), die seit 20 Jahren nicht mehr Zuhause war, vom Fahrer gelöchert, ob sie noch predigt, denn er habe früher ihre Predigten so gern gesehen. Kaum ist sie mit ihrer Teenager-Tochter Sophia (Desiree Ross) angekommen, zeigt bereits die Begrüßung, was man von der Familiendynamik zu erwarten hat: Der Vater, Bischof James Greenleaf (Keith David) begrüßt seine verlorene Tochter, die Mutter Lady Mae (Lynn Whitfield) warnt, dass sie keinen Ärger im Haus will. Aber Grace gedenkt nicht zu bleiben, sie will eigentlich nur ihre Schwester Faith zu Grabe tragen. Doch schon am Esstisch danach beginnen die Diskussionen. Ist sie vom Glauben abgefallen? Oder warum geht sie, die Tochter eines großen Predigers, denn sonst nicht mehr zur Kirche? Fast fragt man sich, ob man in Vinterbergs „Das Fest“von 1998 gelandet ist, aber nein, wir befinden uns in einer afroamerikanischen, extrem gläubigen Familie statt in Dänemark, und dies hat nichts von einem Kammerspiel.
Familienzwists
Dennoch gibt es Ähnlichkeiten zur Prämisse von Vinterbergs Film. Faiths Tod war womöglich ein Selbstmord, was die Stimmung zusätzlich angespannt macht. Nach der unterkühlt-aggressiven Begrüßung ihrer Familie besucht sie ihre Tante Mavis, gespielt von der legendären Moderatorin Oprah Winfrey, die schon in Steven Spielbergs „Die Farbe Lila“ihr Schauspieltalent unter Beweis stellte und demnächst in Disneys „Das Zeiträtsel“zu sehen sein wird. Mavis ist abgeklärt und Besitzerin einer Bar – und sie ist die Einzige, mit der Grace darüber reden kann, dass Faith von ihrem Onkel Mac (Gregory Allan Williams) vergewaltigt wurde. Als sie von Mavis erfährt, dass es eine weitere Jugendliche getroffen haben soll, entscheidet sich Grace, zu bleiben. Vor der Kulisse der Mega-Kirche der Familie in Memphis, Tennessee ist also die Bühne bereit für eine spannende Geschichte, bei der zunächst alle verdächtig und die meisten unsympathisch wirken. Gepfeffert wird das Ganze mit den Abgründen und der Skrupellosigkeit, die man hinter diesem Setting irgendwie schon vermutet. Heimliche Affären und Geldgier zum Beispiel. Das Predigen ist hier nämlich nicht nur eine Berufung, die innerhalb der Familie zu Status führt. Nein, die Mega-Kirche ist das Familiengeschäft und der Glauben hat die Greenleafs sehr reich gemacht. Wer an passiv-aggressiven Finten, interessanten Neben-Plots und einem ziemlich ungewöhnlichen Ausgangspunkt Freude findet, könnte sich bei „Greenleaf“gut aufgehoben fühlen. Auch sieht man hier einige starke Darbietungen, besonders wenn die Serie unbequem wird. Eine Rolle übernimmt Oprah Winfrey übrigens nicht nur vor der Kamera, sie ist auch die ausführende Produzentin der Serie. Wer mit ihrer Talkshow vertraut ist, kann beim Zuschauen auch durchaus erkennen, dass sie der Show ihren Stempel aufdrückt, so zum Beispiel durch ihre eher säkular wirkende Gläubigkeit. Zudem feierte die Serie 2016 ihre Premiere bei OWN, dem Oprah Winfrey Network. Ein weiterer Produzent ist Craig Wright, der schon an Serien wie „Six Feet Under – Gestorben wird immer“, „Lost“, „Brothers & Sisters“und „Rush“beteiligt war. Und auch die Schauspieler hat man, auch wenn sie keine Superstars sind, schon mal anderweitig erlebt. Merle Dandridge spielte Rita Roosevelt in „Sons Of Anarchy“, Lynn Whitfield war in „Without A Trace – Spurlos verschwunden“zu sehen, Keith David hört man des öfteren, beispielsweise in „Rick and Morty“und „Community“. Zur Serie muss man also nicht bekehrt werden. Zwei Staffeln gibt es bereits, die dritte ist angekündigt.