STAR BLAZERS 2199
Hisst die Fahne, setzt die Segel, lichtet den Anker, das Weltraumkriegsschiff Yamato sticht in See. Oder besser gesagt, in den Weltraum. Aber warum dann der Anker? Eine gute Frage, vielleicht kann sie die folgende Rezension klären.
Im Jahre 2199 steht es gar nicht gut um Mutter Erde. Die aggressive außerirdische Spezies der Gamilas setzt unserem blauen Planeten entsetzlich zu. Von ihrer Basis auf dem Pluto aus verwandeln die humanoiden Bösewichte mit Asteroiden-Bombardements die einstmals fruchtbare Oberfläche in trockenes Ödland. Die überlebende Bevölkerung fristet ihr Dasein in unterirdischen Städten, doch Nahrungs- und Ressourcenknappheit bedrohen selbst diese letzten Refugien. Das Ende der Menschheit scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Doch in dieser dunklen Stunde erscheint ein Hoffnungsschimmer, die schöne Prinzessin Yurisha vom Planeten Iscander landet auf der Erde und bringt mit sich einen Antrieb von ungeheuer fortschrittlicher Technologie. Ausgerüstet mit dieser Maschine könnte ein Raumschiff die 168 Tausend Lichtjahre lange Reise zu ihrem Heimatplaneten zurücklegen, wo die Besatzung in das Geheimnis der Wiederbelebung der Erde eingeweiht würde. Auch zurück würde der Wunderantrieb sie bringen, und das alles in weniger als einem Jahr, denn länger hat der blaue Planet allen Prognosen nach nicht zu leben. Getarnt unter dem Wrack des legendären japanischen Schlachtschiffes Yamato wird in fieberhafter Eile das Raumschiff für die verzweifelte Mission gebaut, das Weltraumkriegsschiff Yamato, das sich von der Erscheinung ganz am Vorbild aus dem Zweiten Weltkrieg orientiert. Begleitet von den Wünschen und Hoffnungen der Menschheit bricht die Yamato und ihre hastig rekrutierte Besatzung schließlich zu ihrer langen Reise auf. Exotische Orte, brenzlige Situationen und viele spektakuläre Kämpfe erwarten sie.
Anime-Klassiker Reloaded
Nun könnte man fragen, wieso dieses Raumschiff eigentlich wie ein altes Schlachtschiff aussehen muss, noch dazu eines, das im Dienste imperialistischer Aggressoren unterwegs war und versenkt wurde, bevor es eine einzige Schlacht gewinnen konnte. Eine auch nur irgendwie plausible Antwort darauf verweigert die Serie allerdings. Leji Matsumoto, Ko-Kreateur der Originalserie „Space Battleship Yamato“und besser bekannt für Animes wie „Captain Harlock“und „Königin der Tausend Jahre“, wird im Jahre 1974 wohl einfach das visuelle Konzept des fliegenden Schlachtschiffs als attraktiv empfunden haben, als er die Ideen seines Mitschöpfers Yoshinobu Nishizaki („Urotsukidoji“-Reihe) umsetzte und ausbaute.
Bei der Erstausstrahlung ein ziemlicher Flop, erlebte die 26-teilige Anime-TV-Serie im Zuge des „Star Wars“-Fiebers einen überraschenden späten Erfolg im japanischen Fernsehen, der eine zweite und dritte Staffel nach sich zog, denen wiederum diverse Kino-Fortsetzungen folgten, die letzte im Jahre 2009. Unter dem Titel „Star Blazers“wurde die Serie auch im US-Fernsehen ausgestrahlt, wo sie von Fans aufgrund ihrer fortlaufenden Geschichte als erzählerische Revolution gefeiert wurde. Bei der nun auch auf Deutsch vorliegenden Serie „Star Blazers 2199“handelt es sich nicht um eine Fortsetzung der alten „Yamato“-Animes, sondern um ein komplettes Remake der ersten Staffel aus dem Jahre 2012.
Genuss für die Sinne
Visuell und technisch präsentiert sich „Star Blazers 2199“als modernes Prestige-Projekt, das traditionelle Zeichentrickkunst mit geschmeidigen CGI im Cell-Shading-Look verbindet. In der ersten Folge stören noch ein paar auffällige Explosionen aus dem Computer, in späteren Episoden gelingt die visuelle Symbiose dann aber fast durchweg souverän. Mit anderen Worten, „Star Blazers 2199“ist ausgesprochen attraktiv anzuschauen, wobei den Machern das Kunststück gelang, die oft als unförmig empfundenen Leji-Matsumoto-Charakterdesigns behutsam zu modernisieren, ohne dass diese ihre markante Erscheinung verlören. Mit ähnlichem Geschick wurden auch die ikonischen Mecha-Designs in die Gegenwart geholt, darunter auch der putzige Borddroide Analyzer, der einem gewissen R2D2 mit Blech-Irokesenschnitt verdächtig ähnlich sieht. Handlung und Charaktere hätte diese Art feinfühliger Erneuerung ebenfalls gut angestanden, leider bleibt „Star Blazers 2199“aber in dieser Hinsicht ganz der Vergangenheit verhaftet. Die Geschichte wartet mit allerlei Überraschungen und netten Wendungen auf, muss aber schon bei der Prämisse beginnend als naiv bezeichnet werden. Auch das überholte Frauenbild, das spinnerte Technik-Geschwätz und die Lust am militärischen Pathos wollen eigentlich nicht mehr so recht in unsere Zeit passen. Eigentlich, denn gerade wegen dieser erzählerischen Relikte, seiner klischeehaften Charaktere und den vertrauten Konfliktsituationen versprüht „Star Blazers 2199“den Charme einer klassischen Space Opera, irgendwo zwischen „Perry Rhodan“und „Captain Future“verortet. Dazu passt auch der in kitschigen 70s-Vibes und funky Disco-Beats schwelgende Soundtrack und das feurige Titelthema, gesungen von einem vor Pathos bibbernden Männerchor, der gleich von Beginn an klarstellt, dass hier ganz sicher nicht dem Zeitgeist gefrönt wird. Es mag bedauerlich sein, dass die Macher des Remakes die Chance zu einer konsequenten Runderneuerung im Stile der 2003er „Battlestar Galactica“-Serie nicht genutzt haben, doch auch als etwas aus der Zeit gefallene, farbenprächtige Weltraumoper alter Schule macht „Star Blazers 2199“einfach zu viel Spaß, um nicht empfohlen zu werden.