Blu-ray Magazin

CASUAL (1. STAFFEL)

-

Auch „Casual“beginnt in einer Kirche sowie mit einem Begräbnis. Hier gibt es weniger Trauer, dafür aber enthusiast­isches Lästern in der hinteren Kirchenban­k. Allerdings handelt es sich bei diesem zynisch kommentier­ten Ereignis nur um einen Traum von Alex (Tommy Dewey), dem Mann in der Runde. Verkorkst ist diese Familie ebenso, aber auf eine seltsam lustige Art. Alex wohnt mit seiner Schwester Valerie (Michaela Watkins) und ihrer Tochter Laura (Tara Lynn Barre, ebenfalls ein Teenager) zusammen – quasi seine Lästerschw­estern von der Kirchenban­k. Valerie lebt von ihrem Mann getrennt und arbeitet als Psychother­apeutin. Dabei führt sie Gespräche, die herrlich enttäusche­nd sind bezüglich ihrer Themen und Tiefe.

Man steht sich nah in der Familie. Lauras Freund würde sogar behaupten zu nah, wenn er merkt dass sie von Alex dabei beobachtet werden, wie sie sich miteinande­r vergnügen. Mancher würde sich auch darüber wundern, dass die Geschwiste­r gemeinsam in ein Lokal fahren, um dort ihren jeweiligen Dates zu begegnen, nur um sich dann auf der Toilette zu treffen und über eben jene Dates – Sie haben es erraten – zu lästern. Dass Alex selbst die App geschriebe­n hat, über die sie ihre potenziell­en Partner für den Abend gefunden haben, macht die Sache nicht weniger bizarr. Das Verhältnis zu Sex in der Serie ist oberflächl­ich betrachtet dem Titel entspreche­nd, denn „Casual“bedeutet unverbindl­ich. Daher wundert es zwar auch nicht, wenn Valeries frisch aufgegabel­ter nächtliche­r Besuch auf ihren Bruder trifft, der ihm fröhlich verkündet, dass er am nächsten Morgen Frühstück machen wird. Amüsant ist es aber definitiv. „Casual“ist eine dieser Serien, die einen für manche vielleicht etwas harten Humor an den Tag legt, aber dabei herzlich mit ihren Charaktere­n umgeht. Diese wachsen dem Zuschauer mit all ihren Macken – und diese sind zahlreich – sehr schnell ans Herz und man freut sich über den dreckig-trockenen Witz, der viele Szenen begleitet. Es gibt zwar viel zu lachen über die Familie in dieser Dramedy, aber man lacht sie dabei nicht aus. Dafür fühlt man viel zu sehr mit ihnen, während sie sich durch die Herausford­erungen der modernen Dating-Welt und des Familienle­bens hangeln.

Familiendy­namik

Das hat sicher auch damit zu tun, dass die Situatione­n teilweise so unangenehm und seltsam sind, dass der Humor nötig ist, um die Fremdscham zu mildern. Gerade Valerie verkörpert wunderbar die Unsicherhe­it, mit der sie ihre neue Lebenssitu­ation navigiert. Obwohl es leicht fällt, sich mit den Charaktere­n zu identifizi­eren, lässt sich die Serie mit einem gewissen Abstand betrachten, wie ein Beobachter von außen. Ganz unverbindl­ich eben. Potenzial für größere Konflikte über die jeweilige Situations­komik hinaus gibt es auch, denn schon die Begräbniss­equenz zu Beginn deutet an, dass das Verhältnis der Geschwiste­r zu ihrem Vater recht komplizier­t ist. Zudem stehen sich die Mitglieder dieser kleinen Familie so nahe, dass jede weitere Annäherung schon wie eine Grenzübers­chreitung wirken kann. „Casual“ist eine klare Empfehlung für alle, die es tragikomis­ch, abstrus, zynisch und sarkastisc­h mögen oder auch einfach für Freunde intelligen­ter Dialoge. Ihr Talent zur Comedy stellte Michaela Watkins, die Valerie spielt, schon in Produktion­en wie „Wet Hot American Summer: First Days Of Camp“und „Transparen­t“unter Beweis. Die Darsteller­in ihrer Tochter Laura, Tara Lynne Barr, dürfte einigen noch als junges Mädchen mit Knarre aus „God Bless America“im Gedächtnis sein, und Tommy Dewey tauchte schon in „The Mindy Project“auf. Die Serie aus dem Hause der US-Video-On-Demand-Plattform Hulu läuft mittlerwei­le seit drei Staffeln. Um die dritte Staffel einer weiteren Serie soll es hier auch gleich weitergehe­n.

 ??  ?? Für Valerie (Michaela Watkins) gilt: Es gibt keinen richtigen Weg, das Leben nach einer Trennung zu navigieren, man kann nur austesten, was das Leben nun bereit hält
Für Valerie (Michaela Watkins) gilt: Es gibt keinen richtigen Weg, das Leben nach einer Trennung zu navigieren, man kann nur austesten, was das Leben nun bereit hält
 ??  ?? Ein ziemlicher Kindskopf mit potenziell­em Tiefgang: Alex (Tommy Dewey) kommt zunächst als unreifer Junggesell­e rüber, es steckt aber mehr unter der Oberfläche
Ein ziemlicher Kindskopf mit potenziell­em Tiefgang: Alex (Tommy Dewey) kommt zunächst als unreifer Junggesell­e rüber, es steckt aber mehr unter der Oberfläche
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany