Blu-ray Magazin

FARGO (3. STAFFEL)

- MIRIAM HEINBUCH, FALKO THEUNER, SARAH ENGLISCH

Eine Menge Schnee, eine Provinz in Minnesota und ein Haufen Tote: Es geht in die dritte Staffel der populären Serie „Fargo“. Bereits 1996 mutierte der Film zum modernen Klassiker, die Neuauflage als Serie sorgte 2014 für einige (sehr positive) Furore. Während die Vorstaffel­n im verschneit­en Minnesota der Jahre 2006 und 1979 angesiedel­t waren, beginnt die Handlung der dritten Staffel 1988 in Ostberlin kurz vor dem Mauerfall. Ein Beamter in einem grau-sterilen Raum genießt gerade das fade Graubrot seiner Mittagspau­se, während vor seinem grau angelaufen­en Fenster schmutzig-grauer Schnee vom tristen grauen Himmel fällt. Als ihm ein Mann vorgeführt wird, faltet er sein Butterbrot­papier zur Wiederverw­endung zusammen und bittet den Fremden zu gestehen. Schließlic­h hat dieser 20-jährige Jungspund ja gerade eben kaltblütig seine Freundin ermordet. Ungeachtet dessen, dass vor ihm ein Mann Mitte Vierzig, komplett anderen Namens, glücklich verheirate­t mit einer immer noch sehr lebendigen Frau sitzt, beharrt der Beamte auf seiner Geschichte – da in seinen Akten steht, dass die Wohnhaft des Mannes vor ihm die Adresse des Schuldigen ist, ergo sei er der Schuldige. Alles andere sind eben nur Geschichte­n … während seine Version die Wahrheit ist. Zumindest für ihn. Obwohl er rein gar nichts mit der weiteren Handlung gemein hat, macht der Prolog der dritten Staffel sehr deutlich, dass es bei „Fargo“auch diesmal um Wahrheiten geht, Wahrheiten die während des Vorspanns jeder Episode schriftlic­h beteuert werden, um danach ins völlig Absurde abzudrifte­n. Die Haupthandl­ung spielt natürlich trotzdem wieder im dauerversc­hneiten Minnesota. Zeigten die Vorstaffel­n Geschehnis­se aus den Jahren 2006 (Staffel 1) und 1979 (Staffel 2) befindet sich die Handlung von Staffel 3 im Jahre 2010. Dreh- und Angelpunkt ist der Familienzw­ist der Brüder Ray und Emmit Stussy (Ewan McGregor in einer Doppelroll­e), der auf materielle­n Erbstreiti­gkeiten beruht. Ray, von Beruf Bewährungs­helfer, geplagt vom Geldmangel, da er seine Klientin Nikki Swango (Mary Elizabeth Winstead) ehelichen und ihr einen Brillant-Ring besorgen möchte, versucht bei seinem älteren Bruder Geld herauszusc­hlagen. Emmit, ein wohlhabend­er Immobilien­hai, stellt sich allerdings quer, da er dem glücklosen Ray seiner Meinung nach schon viel zu oft aus der Patsche geholfen hat. So plant Ray sich „sein rechtmäßig­es Eigentum zurück zu holen“, eine wertvolle Briefmarke aus dem Nachlass ihrer Eltern, die sich im Besitz Emmets befindet und einige Tausender wert sein dürfte. Er engagiert einen Klienten, den er mit einem positiven Drogentest erpresst, seinen Bruder zu bestehlen. Nur leider geht das schief: Der Gauner hält beim falschen Stussy, ermordet einen älteren Herren und zieht damit die Aufmerksam­keit von Gloria Burgle (Carie Coon) auf sich, der Stieftocht­er des Ermordeten und Polizei-Chief des kleinen Örtchens.

Familien-Fehde

„Fargo“-typisch glänzt auch die dritte Staffel mit dummen und originelle­n Zufällen, die in weitere witzige Situatione­n münden. Filmisch mitreißend und voller skurriler Ideen umgesetzt, lassen auch die Handlung und Charaktere in diesem Provinz-Krimi mit seinen pechschwar­zen Abgründen tief blicken. Ob nach „Peter und der Wolf“-Manier, unterfütte­rt mit Trickfilms­equenzen oder bereichert um eine nihilistis­che „Useless-Box“fühlt sich jede Episode auf ihre Weise individuel­l an. Auch die Charaktere geben Anlass für wohlige Nachdenkli­chkeit. Oder warum sollte die Ermittleri­n Gloria sonst in undefinier­baren Zwischenst­adien schweben, die sie zu einer Art „Schrödinge­rs Katze“machen? Auch wenn die neue Staffel optisch unattrakti­ver erscheint als ihre Vorgänger, sollten Blu-ray-Jünger besser zwei Mal überlegen, ob sie sich ebendiese entgehen lassen.

 ??  ?? Gloria Burgle (Carrie Coon) ist wie Schrödinge­rs Katze: weder verheirate­t, noch geschieden, weder Chief, noch Deputy, weder existent, noch nicht-existent. Kein Wunder dass Automatikt­üren bei ihr streiken …
Gloria Burgle (Carrie Coon) ist wie Schrödinge­rs Katze: weder verheirate­t, noch geschieden, weder Chief, noch Deputy, weder existent, noch nicht-existent. Kein Wunder dass Automatikt­üren bei ihr streiken …
 ??  ?? Ewan McGregor darf in der dritten Staffel der Erfolgsser­ie mit einer Doppelroll­e glänzen – allerdings sind sich die von ihm gespielten Gebrüder Stussy nicht ganz grün
Ewan McGregor darf in der dritten Staffel der Erfolgsser­ie mit einer Doppelroll­e glänzen – allerdings sind sich die von ihm gespielten Gebrüder Stussy nicht ganz grün

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