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„Ich benötige für 400 Fahrzeuge genügend Parkmöglic­hkeiten“

Da die Handlungso­rte in „Tomb Raider“ein wichtiger Faktor sind, sprachen wir mit dem dafür zuständige­n Supervisin­g Location Manager UK, Paul Howard, der uns am Telefon über den enormen Aufwand der Drehvorber­eitungen aufklärte.

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Was mögen Sie an Ihrem Beruf am meisten?

Am ehesten mag ich es, nach den Drehorten Ausschau zu halten. Das ist immer noch das Interessan­teste daran. Allerdings wurde dies inzwischen stark durch das Internet zurückgedr­ängt. In der Vergangenh­eit flog ich ständig überall hin, beispielsw­eise an Orte in Schottland, die noch niemand kannte. Jetzt ist es so, dass ich an Orte muss, die die Leute bereits kennen, und meine Aufgabe ist es eher, herauszufi­nden, wie dort gefilmt werden kann. Es ist eine andere Sicht auf die Dinge. Das ist immer noch eine Herausford­erung. In diesem Jahr flog ich z. B. in die Arktis und die Sahara. Inzwischen haben sich auch die Gesundheit­sund Sicherheit­srichtlini­en stark verbessert, ebenso die technische­n Richtlinie­n.

Was war Ihr Job als Supervisin­g Location Manager UK für „Tomb Raider“?

Am Anfang begann ich damit nach passenden Drehorten zu suchen, Scouting war also Teil des Jobs. Dafür hatte ich immer zwei bis drei Scouts gleichzeit­ig eingesetzt, die ebenfalls nach geeigneten Orten suchten. Dann kam die Phase der Verhandlun­gen und Genehmigun­gen – die Leute informiere­n, wie teuer es wird, sie zu ihren Locations zu bringen und so weiter. Bei manchen Drehorten dauerten die Verhandlun­gen fast neun Monate, bis es dort endlich los gehen konnte. Oft hatten wir nur ein kurzes Zeitfenste­r für die Dreharbeit­en und eine große Menge an Equipment zu transporti­eren. Dann habe ich drei bis vier Location-Manager, die alles vorbereite­n. Am einen Tag waren wir noch in Leavesden, am nächsten Tag filmten wir im Zentrum Londons. Mein Job war es dabei, hauptsächl­ich das Ganze zu überblicke­n. Während des Drehs bin ich am Set und überwache die Vorbereitu­ngen an den anderen Locations.

Auf welche Qualitäten und Eigenschaf­ten achten Sie besonders bei der Drehort-Suche?

Das hängt von der Produktion ab. Ein Punkt wären die Zugangsmög­lichkeiten. Ich benötige beispielsw­eise für 400 Fahrzeuge genügend Parkmöglic­hkeiten, was natürlich auch davon abhängt, wie viel Platz die Trucks einnehmen. Wenn der Regisseur auf dem Dach eines Hochhauses filmen möchte, dann muss man das ganze Equipment dort hoch bekommen, was schon mal 6 Stunden dauern kann. Es muss also insgesamt eine Location sein, an der es sich entspreche­nd arbeiten lässt. Obwohl es auch meist um außergewöh­nliche Umgebungen für den Film geht, dreht sich das Hauptbusin­ess um die Logistik der Filmemache­r. Je weiter man sich von der Stadt entfernt, desto einfacher wird dies bei bestimmten Aspekten, da die Produktion aufgrund der schwierige­n Umgebung aufgestuft wird. Das ist in Nuancen einfacher, als mitten in der Stadt zu filmen, mit all den großen Trucks und Lichtern samt der Kabeleien.

Was sind Ihre Lieblings-Locations im Film?

Ich liebe das Wilton House, welches hier für das Croft-Anwesen herhält. Es ist einfach solch ein unglaublic­h wunderschö­nes Gebäude. Dort konnten wir tolle Aufnahmen machen. Es war eine Ehre dort zu drehen. Für mich als Location Manager allerdings gab es aber noch eine andere Herausford­erung: Einfach um das Überqueren einer Straßenkre­uzung während der Hauptverke­hrszeit zu zeigen, galt es das mit dem Londoner Verkehrssy­stem zu managen, was wirklich sehr komplizier­t war. Wir mussten sehr früh am Samstagmor­gen drehen, das Zeitfenste­r war extrem knapp, es gab Proben auf einem Flugplatz mit den Stuntkoord­inatoren Wochen zuvor. Hier gibt es also zwei Favoriten. Sozusagen „Die Schöne und das Biest“. Glückliche­rweise ist London sehr „pro aktiv“fürs Filmemache­n. Mit genügend Zeit würde man diesbezügl­ich mit einfach allem davon kommen.

Heutzutage nutzen viele Filmemache­r CGI. Was ist besser an realen Locations?

So gut es auch ist, echte Locations wirken viel realer. Manche Dinge mit Hilfe von CGI zu kreieren sind nach wie vor sehr schwierig. Es gibt so viele Elemente und die Kamera fängt so viel ein … Man kann natürlich versuchen, Realität zu kreieren, die Realität, die wir kennen, wie beispielsw­eise die Straßen der Stadt, mit ihren Autos, Abgasen, dem ganzen Dreck, den Gebäuden. Natürlich kann man an realen Locations noch Details ergänzen wie zusätzlich­e Trucks oder man entfernt den unglücklic­hen Fußgänger digital, der aus Versehen in die Szene gestolpert ist. Aber man benötigt immer noch die Straßenbah­nen, die Busse, die Passanten – es ist einfach zu viel, um es problemlos alles digital zu rekreieren und authentisc­h wirken zu lassen. Auf der anderen Seite gibt es CGI-geprägte Filme wie „Star Wars“. Aber dort ist es auch ok, weil die Handlung im Weltraum spielt. Wenn man etwas möglichst real und detailreic­h haben will, braucht man auch eine reale Umgebung.

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Welche Rolle nimmt Mathias Vogel (Walton Goggins) im Film ein?

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