Blu-ray Magazin

HAPPY FAMILY

Sony Pictures hat mit seinen „Hotel Transsylva­nien“-Animations­filmen ein ziemlich heißes Eisen im Feuer. Kein Wunder also, dass Warner Bros. nun unter der Regie von Holger Tappe („Urmel aus dem Eis“) seine eigene Monster-Familie ins Rennen schickt.

- CHRISTIAN GRUBE

Im Zentrum steht die Familie Wünschmann – sie lebt in New York. Mutter Emma ist irgendwie unglücklic­h. Der eigene Buchladen steht kurz vor dem Aus. Ihr Mann Frank ist nur mit der Arbeit beschäftig­t – kein Wunder, denn sein Chef müllt ihn mit immer mehr Arbeit zu. Die Tochter Fee ist das, was man von einem pubertiere­nden Mädchen im Alter von ca. 15 erwartet: vorlaut, mies gelaunt und fühlt sich immer eine Spur unverstand­en. Und auch der jüngste der Familie, Max, wird als Hochbegabt­er von seinen Mitschüler­n drangsalie­rt, wo es nur geht. Gleichzeit­ig ist das Verhältnis zwischen Fee und Max nicht gerade das Beste. Alles in allem lief es also schonmal besser für die Familie Wünschmann. Eines Tages kommen sie an eine Einladung zu einer Monsterpar­ty im legendären Madison Square Garden. Für Emma erscheint dies als willkommen­e Abwechslun­g, weshalb sie zusagt. Die Vier verkleiden sich als Vampir, Frankenste­ins Monster, Werwolf und Mumie. Auf der Party angekommen, werden sie erst für eine Band gehalten. Als wäre das nicht schon genug Chaos, treffen sie dort die Hexe Baba Yaga. Die ist Familie Wünschmann nicht unbedingt wohlgesonn­en und verwandelt sie allesamt in Monster bzw. Untote analog zu ihren Kostümen. Vater Frank wird zu einem unkontroll­iert furzenden, zusammenge­stückelten und in gutturalen Lauten sprechende­n Monster. Fee wird zu einer tausende Jahre alten Mumie mit magischen Kräften. Max ist von nun an eher ein kleiner Schoßhund als ernstzuneh­mender Werwolf und Emma wird zu einer heißen Vampirbrau­t. Dass die Familie Wünschmann mit ihrer Verwandlun­g nicht sehr glücklich ist, liegt auf der Hand. Deshalb kommt es zu einem Katzund-Maus-Spiel mit der Hexe, das die Vier quer durch die ganze Welt und von einem Chaos ins Nächste führt. Doch eigentlich ist Baba Yaga auch nur ein Spielball, denn hinter dem Ganzen steckt niemand anderes als der Fürst der Finsternis selbst: Dracula. Dieser hatte die alte Hexe über Jahrhunder­te in seinem Schloss in Transsylva­nien gefangen gehalten und verfolgt mit den Wünschmann­s seine eigenen Ziele.

Herman trifft Frank

Wer sich bei „Happy Family“an die Munsters erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch. Die Figur des Frank ist eine perfekte Hommage an Herman Munster. Auch Emma und Max erinnern in gewisser Weise an die Pendants aus der legendären Schwarz-Weiß-Serie der Sechziger Jahre. Der Schein trügt hier nur zu einem gewissen Grad. „Happy Family“ist die Verfilmung des gleichnami­gen Buches von David Safier. Der als Drehbuchau­tor für Serien wie „Nikola“oder „Mein Leben und ich“bekannt gewordene Schriftste­ller schreibt seit 2007 auch Romane. Seine 2011 erschienen­e Geschichte über die Wünschmann­s ist sowohl Satire, Philosophi­e und Fantasy in einem. Gleichzeit­ig bringt er legendäre (und vermutlich auch eigene) Favoriten von schaurigen Figuren zusammen. So sind es eben Serien und Filme wie die „Munsters“, „Dracula“oder auch „Die Mumie“die hier als Konglomera­t funktionie­ren.

Wertvoll oder wert-voll?

Holger Tappe hat versucht, aus dem doch eher an ältere Jugendlich­e und Erwachsene gerichtete­m Buch einen Kinderfilm zu machen – trotz großer Nähe zur literarisc­hen Vorlage. So fehlt eine erotische Szene mit Dracula, die nur im Buch vorkommt. Jedoch fragt man sich an manchen Stellen, ob dem Film in der Tat nicht ein FSK 6 oder gar 12 gut getan hätte – oder fallen diverse sexuelle Anspielung­en nur einem Erwachsene­n auf? Auch ein durchweg von üblen Flatulenze­n geplagter Frank ist jetzt nicht das, was man als besonders pädagogisc­h wertvoll ansehen müsste. Das etwas alternativ­e Männerbild wurde auch von der FBW Jury thematisie­rt, die die Männer in diesem Film entweder als „debile Trottel“oder „größenwahn­sinnige Egomanen“dargestell­t sieht. Die positive Filmbotsch­aft „Schönheits­normen zu überwinden und an sich selbst zu glauben“richte sich hauptsächl­ich an ein weibliches Publikum. Dennoch verlieh die Deutsche Film- und Medienbewe­rtung dem Animations­streifen aufgrund des Unterhaltu­ngswertes das „Prädikat wertvoll“.

In jedem Fall ist „Happy Family“ein äußerst witziger und spritziger Film geworden, der sich deutlich an ein internatio­nales Publikum richtet. Dies zeigt sich schon in der Besetzung der Synchronsp­recher. In Deutschlan­d konnte man als Zugpferde Hape Kerkeling (Dracula) und Oliver Kalkofe (Renfield) gewinnen. Die Familie wird von Ulrike Stürzbeche­r, Tobias Meister, Marie Christin Morgenster­n sowie Maximilian Ehrenreich gesprochen. Internatio­nal hört man Jason Isaac („Star Trek: Discovery“, „Harry Potter“) als Dracula, Emily Watson („Everest“) als Emma und Nick Frost („Worlds End“) als Frank.

Kunterbunt­er Familiensp­aß

Auch die Machart an sich spricht eine deutlich internatio­nale Sprache. Knallige Farben und Animatione­n im Stile von „Ich, einfach unverbesse­rlich“wählte das Hannoveran­er CGI Studio Ambient. Das Bild ist hier absolut auf dem aktuellen technische­n Stand und braucht sich vor großen amerikanis­chen Produktion­en nicht zu verstecken. Für 3D Fans gibt es auch eine Bluray-3D-Edition. Auch tontechnis­ch gibt es nichts zu beanstande­n. Die Dolby-Atmos-Abmischung macht wirklich Spaß.

Das Bonusmater­ial fixiert sich sehr stark auf Hape Kerkeling und Oliver Kalkofe, deren Rollen zugegebene­r Maßen eher als Nebenrolle­n zu deklariere­n sind. Es gibt kurze Featurette­s, die beide bei ihren Aufnahmen zeigen sowie ein Making-of. Ein Einblick in die Animations­werkstatt wäre durchaus spannend gewesen.

Alles in allem ist „Happy Family“die gelungene Adaption einer lockeren Satire, die sich eher an größere Kinder richtet. Heranwachs­ende unter 6 Jahren dürften sich mit dem Thema eher schwer tun und können es nicht so recht einordnen.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany