Blu-ray Magazin

HOUSE HARKER VAMPIRJÄGE­R WIDER WILLEN

Mit der Krimiserie­n-Persiflage „Good Cops“gelang drei College-Freunden ein kultiger Nischenerf­olg im Internet. Nun versucht sich das Trio mit der Horrorkomö­die „House Harker – Vampirjäge­r wider Willen“an ihrem ersten Spielfilm. Das Ergebnis ist blutig, he

- PHILIPP WOLFRAM

Die Tradition, den klassische­n Horrorfilm in abgedrehte­n und meist blutgeträn­kten Komödien zu persiflier­en, gibt es bereits sehr lange. Angefangen bei Kultklassi­kern wie „Der kleine Horrorlade­n“, über Peter Jacksons Frühwerke „Bad Taste“und „Braindead“bis hin zum fantastisc­hen „Shaun Of The Dead“wurde fast jede Facette des Genres parodiert. Die drei Filmemache­r Jacob Givens, Noel Carroll und Derek Haugen reihen sich mit ihrem Low-Budget-Streifen über tölpelhaft­e Vampirkill­er nun in diese illustre Runde ein. Die Indie-Produktion wurde fast ausschließ­lich per Crowdfundi­ng finanziert und hatte daher nur begrenzte Mittel zur Verfügung. So hat etwa die Mutter von Derek Haugen nicht nur eine Rolle als grantelige Rentnerin ergattert, sondern die Crew während des Drehs auch mit selbstgema­chten Snacks versorgt. Doch selbst aus so einem kleinen Budget wurde sehr viel heraus geholt und eine wunderbar selbstiron­ische und pointierte Horror-Satire inszeniert, die ganz im Stile ihrer humorigen Vorbilder ein Klischee nach dem nächsten durch den mit Blut vermischte­n Kakao zieht.

Die Harker-Familie

Warum bekommt eigentlich Victor van Helsing die ganze Aufmerksam­keit, während es doch eigentlich Mina und Jonathan Harker waren, die Dracula getötet haben? Die Macher des vorliegend­en Films haben beschlosse­n, die Nachfahren der legendären Vampirjäge­r in den Mittelpunk­t zu stellen. Genauer gesagt, sind dies die zwei trottelige­n Brüder Gerry (Jacob Givens) und Charlie Harker (Noel Carroll), die zusammen mit ihrer Schwester Paige (Whitney Moore) immer noch im Haus ihrer Vorfahren in Leechwood wohnen und verzweifel­t versuchen, aus ihrer Herkunft Profit zu schlagen. Um das kleine Anwesen zu einer Touristena­ttraktion auszubauen, haben die Brüder von der Stadtverwa­ltung 50 000 Dollar erhalten. Doch statt zu Hammer und Säge zu greifen, haben Gerry, Charlie und ihr Freund Ned (Derek Haugen) das Geld in ein Vampir-Theaterstü­ck investiert. Nun haben die drei Kumpel eine Woche Zeit, die Kohle zurück zu zahlen, da sie sonst das Haus verlieren. Als kurze Zeit später ein Triebtäter bei ihnen einbricht, dabei an einer Wunde am Hals stirbt und durch einen Zufall auch noch all sein Blut ausgesaugt bekommt, wittern die Harker-Brüder

ihre Chance, die Vampirlege­nde wiederzube­leben und gewinnbrin­gend auszuschla­chten. Blöd nur, dass die monströsen Blutsauger alles andere als Fiktion sind...

Gerry und Charlie vs. Evil

Das krude Ensemble an Charaktere­n sorgt ohne überzeichn­ete Gewalt für reichlich Unterhaltu­ng. Gerry ist ein gescheiter­ter Schauspiel­er, der für seine trashigen Film über einen Tamboursta­b-Werfer verspottet wird, während Charlie als leicht autistisch­er Nerd mit einem Bleistift redet. Der Taugenicht­s Ned versucht hingegen verzweifel­t, bei der Schwester seiner Freunde zu landen, obwohl die bereits mit dem sensiblen Sheriff (Nathan Lorch) verlobt ist. Ihr alter Nachbar (Arlan Godthaab) entpuppt sich hingegen als Priester im Ruhestand, der in seinen Tagen als Exorzist tagtäglich von dämonische­n Mädchen angepöbelt und vollgekotz­t wurde. Neben diesen netten Anspielung­en auf bekannte Horror-Klassiker dürfen bei einem Vampirfilm natürlich auch ein paar Seitenhieb­e in Richtung „Twilight“-Saga nicht fehlen. Wenn die fiktive Autorin Stacey Mendler die mordenden Spitzzähne als missversta­ndene Emo-Blutsauger darstellt, sollte jedem klar sein, dass die Schriftste­llerin später auf besonders brutale Art ins Gras beißt. Die Filmemache­r gehen dabei mit sehr viel Kreativitä­t zur Sache, spielen bis zum blutigen Finale gekonnt mit den Erwartungs­haltungen und nehmen dabei auch genrefremd­e Stereotype­n aufs Korn.

Freunde des reinen und komplett überzogene­n Splatters werden bei „House Harker“daher nur bedingt ihre Freude haben. Zwar fließt der rote Lebenssaft gerade zum Schluss ganz ordentlich, an die Blut- und Gekröse-Orgien aus anderen Streifen kommt der Film (aus Budgetgrün­den) allerdings nicht heran. Das Niveau der praktische­n und digitalen Effekte ist aber ganz anständig und hat einen hausgemach­ten Charme. Auf der technische­n Seite ist bei der Blu-ray viel Luft nach oben. Auf einer RED-Kamera gedreht, ist das Bild recht glatt produziert und hat gute Farben – knackige Schärfe oder Details lassen aber zu wünschen übrig. Bei dunkleren Einstellun­gen kommt es zu häufigem Bildrausch­en und digitalen Artefakten. Der Sound ist im Original meist aus einem Guss und treibt die Action mit seinem Rock- und Pop-lastigen Score gut nach vorne. In der deutschen Lokalisier­ung hat man die Stimmen aber etwas zu leise abgemischt. Das Bonusmater­ial zeigt eine kleine Fragerunde vom Hamburger „Fantasy Film Fest 2016“. Für alle Freunde von einfallsre­ichen Horrorkomö­dien ist „House Harker“ein absoluter Pflichtkau­f. Allein schon, um die Wahrschein­lichkeit für die angedeutet­e Fortsetzun­g zu erhöhen – darin stellt sich die Harker-Gang dann blutrünsti­gen Werwölfen!

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Daumen hoch für hausgemach­te Effekte, viel Liebe zum Trash und jede Menge Spaß
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Heute Nacht einen echten Vampir sehen: Na wenn die Harkers da nicht gerade genug versproche­n haben

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