Gomorrha
(3. Staffel)
Wenn man sich auf etwas verlassen kann in „Gomorrha“, dann darauf, dass die Welt auch in der dritten Staffel nicht in Ordnung ist. Das heißt allerdings auch im Umkehrschluss, dass für den Zuschauer alles bestens ist. Wer nämlich die ersten beiden Staffeln gesehen hat, schaltet auch diesmal ein, um zu sehen wie die Mafia in Neapel ihre Machtkämpfe bestreitet. Und das geht natürlich auch in dieser Runde nicht ohne Mord und Totschlag. So gesehen ist eben alles, wie es sein soll.
Obwohl ja manches doch etwas anders ist. Die dritte Staffel beginnt nämlich mit einem Todesfall, und somit mit einem Machtwechsel. Wer also mit der Serie noch nicht „ajour“ist, sei hier vor einem potenziellen SPOILER gewarnt: Pietro Savastano (Fortunato Cerlino) ist tot und während ihm seine Freundin Patrizia (Cristiana Dell’Anna) noch den Anzug aussucht, in dem er beerdigt werden soll, schmiedet Pietros Sohn Genny (Salvatore Esposito) bereits Pläne, wie er den Savastano-Clan weiterführen will. Die Karten werden somit neu gemischt. Aber wie lange das so bleibt, ist bei dieser Serie immer fraglich und wie das mit Familie so ist, muss sich Genny auch mit seinem Schwiegervater auseinandersetzen. Dafür geht Ciro (Marco D’Amore) eigene, überraschende Wege und auch Scianel (Cristina Donadio) ist auf Ärger aus.
Wechselnde Oberhand
Die italienische Serie „Gomorrha“beruht, wie Fans längst wissen, auf dem Enthüllungsbuch „Gomorrha: Reise in das Reich der Camorra“des Journalisten Roberto Saviano, der sich mit dem Bestseller nicht nur Freunde gemacht hat. Auch der Serie hat er seinen Stempel aufgedrückt, weshalb sie einiges zu bieten hat, wie beispielsweise unverbrauchte Gesichter. Sie ist voller Schauspieler, die hierzulande tendenziell unbekannt sind, aber einiges können. Marco D’Amore und Cristiana Dell’Anna sind nur zwei der Darsteller, die ihren Rollen einiges an Individualität verpassen. Die Gewalt wird sehr konkret dargestellt und der Umgang mit ihr seitens der Charaktere wirkt ganz schön pragmatisch. Das verleiht dem Ganzen aber auch ordentlich Authentizität. Trotzdem wirkt die Serie keinesfalls dokumentarisch, man hat es hier mit einer spannenden und reichlich dramatischen Produktion zu tun, bei der man nie weiß, wer die Oberhand behält – denn alles kann sich ganz schnell wieder ändern.
Einsteigen sollte man mit der dritten Staffel aber nicht. Die Strukturen sind nicht ganz unkompliziert, die Charaktere mittlerweile ziemlich gut etabliert und ohne die nötigen Zusammenhänge dauert es eine Weile, bis man den nötigen Überblick hat. Auch braucht man die vorhergehenden Staffeln, um die Entwicklungs-Sprünge einschätzen zu können, die die Charaktere gemacht haben. Genny ist zum Beispiel schon lange nicht mehr der naive Jungspund, der er zu Beginn der Serie war. Manches bleibt beim Kampf um die Oberhand aber auch gleich. Das Bild sieht überzeugend aus, mit einer oft überraschend guten Detailschärfe. Die kühle Farbgebung ist immer noch fester Bestandteil des Stils und die Bildkomposition ist sehr ansprechend. Auch für Architekturfans hat die Serie interessanterweise etwas zu bieten, durch den Kontrast zwischen üppigen, alten italienischen Villen mit luxuriöser Einrichtung auf der einen Seite, und Blockbauten, die das Herz eines jeden Anhängers des 1960er Jahre Brutalismus höher schlagen lassen dürften auf der anderen. Wohlwollend stellt man auch fest, wie wichtig der Soundtrack für die Dynamik der Serie ist, er stellt hier besonders eine elementare Komponente für den Spannungsaufbau dar. Wer dann noch kein Problem mit der Vorstellung hat, wie in einem Supermarkt eine Leiche zerlegt wird, darf hier also guten Gewissens zugreifen, denn das einzige, woran es wirklich fehlt ist das Bonusmaterial. Zeitgleich zur neuen Staffel erscheinen Season 1 & 2 im Doppelpack.