OLED-TV-Test: Philips 65OLED
Knapp sechs Monate nach dem 55POS9002 stellt Philips die 65-Zoll-Variante des OLED-TVs in die Händlerregale. Was hat sich neben der Produktbezeichnung noch geändert? Wenn Sie leuchtstarke, kontrastreiche Bilder über alles schätzen, dann ist der Philips OLED873 derzeit kaum zu schlagen.
Um das 65-Zoll-OLED-Panel im Karton perfekt zu stabilisieren, setzt Philips auf Metallschienen und die ungewöhnlich stabile Verpackung sollte dafür sorgen, dass Ihr OLED873-Modell unbeschadet im Wohnzimmer ankommt. Auch mit einem zu kurzen Stromkabel müssen Sie sich nicht herumärgern, denn dem OLED873 liegt ein Kabel von mehr als 2 Metern Länge bei. Die neue Smart-Remote, die nur wenige Tasten bietet, liegt besser in der Hand als die Hauptfernbedienung, allerdings konnte uns keine Fernsteuerung restlos überzeugen. Das dreiseitige Ambilight, bei dem Licht passend zum Bildinhalt zur Wand geworfen wird, bereichert das TV-Erlebnis im abgedunkelten Wohnzimmer ungemein, doch der zu steile Anstrahlwinkel der oberen LED-Leiste provoziert wie schon beim POS9002 Deckenreflexionen. TV-Funktionen und die Internetbedienung entsprechen den letztjährigen Philips-Android-Modellen, auch bei der Android-Hardware setzt der Hersteller auf bekannte Technik. Die etwas längere Wartezeit kommt dem 65OLED873 dennoch zugute, denn sämtliche Android-7-Vorteile, die der 55POS9002 erst nach einem Update erhalten hatte, sind nun vom Start weg nutzbar. Der größte Gewinn ist neben der besseren Betriebsstabilität die Amazon-Video-App, die aber maximal in 4K-Qualität und noch nicht in HDR genutzt werden kann. Über HLG-Testsender, die Netflix-App oder HDMI-Quellen können Sie dagegen auch HDR-Qualität genießen, den HDR10-Plus-Standard will Philips nach einem Update ebenfalls unterstützen. TV-Fans kommen aufgrund der Single-Tuner nicht vollends auf ihre Kosten und das Android-System bietet keinerlei Geschwindigkeitsvorteile im TV-Betrieb. Dennoch kann Philips durch einen automatischen LNB-Abgleich und eine praktische Suchfunktion punkten: Sender werden nach Schlüsselwörtern gefiltert und die Suchergebnisse lassen sich im Handumdrehen als Favoritenliste (Plustaste) speichern. Selbst für das lineare TV-Programm ergeben sich online Vorteile: Der elektronische Programmführer arbeitet mit Internetverbindung deutlich besser.
P5-Qualität
Obwohl die Bildqualität nicht vom POS9002 zu unterscheiden ist, zeigt der Kontrastfilter des OLED873 einen kleinen aber feinen Unterschied: Spiegelungen sind kaum noch violett verfärbt. Die Ausleuchtungsgenauigkeit unseres Testmusters war ebenfalls über alle Kritik erhaben: Störende
Schatten waren selbst bei anspruchsvollen Bildinhalten und Kameraschwenks nicht auszumachen, lediglich einen Violettschimmer am linken Bildrand konnten wir schwach erkennen. Einmal mehr punktet Philips mit der P5-Bildverarbeitung, die so konsequent wie kaum ein anderes System SDR-Signale aufbereitet. Sämtliche Kontrastfilter, darunter die Kontrastoptimierung, die HDR-Effekt-Erzeugung und die Schärfefilter sind ausnahmslos darauf ausgerichtet, den Pixelkontrast zu steigern und Farben satt und leuchtend hell darzustellen. Obwohl Philips dabei immer an der Grenze zwischen künstlicher und natürlicher Bildwiedergabe entlang schlittert, gelingt es dem Hersteller in nahezu jeder Bildsituation, einen überzeugenden Kompromiss zu finden. Die Bildnachbearbeitungsprozesse laufen vollautomatisch ab, Sie müssen lediglich eine Bildabstimmung finden, die Ihnen gefällt. Nur bei der Zwischenbildberechnung lässt Philips keinen Kompromiss zu: Die Glättung bügelt bereits in geringer Stufe sämtliche Bildruckler aus, sodass Kinofilme wie TV-Signale erscheinen, aber jederzeit butterweiche Bewegungsabläufe und Kameraschwenks gezeigt werden. Da die Eingabeverzögerung im Spielmodus fast genauso hoch wie im TV-Modus ausfällt, können Sie alternativ auch den TV-Modus inklusive Zwischenbildberechnung nutzen, um Videospielgrafiken aufzuwerten. Aufgrund der starken Signalbearbeitung sind Artefakte nicht auszuschließen und selbst mit 50- oder 60-Hertz-Signalen kann Perfect Clear Motion für pixelige Objektkonturen sorgen – nutzen Sie die Zwischenbildberechnung mit Bedacht. Ohne sind Judder-Effekte störend erkennbar, eine geringe Glättung erlaubt Philips nicht.
Schwarz bleibt schwarz
In dunklen Bildbereichen zeigen sich insbesondere mit HDR-Quellen oftmals nicht alle Bilddetails, doch einer künstlichen Aufhellung wirkt Philips effektiv entgegen, sodass die Schwarzdarstellungsstärke des OLED-Panels selbst dann zur Geltung kommt, wenn Signale nicht optimal im Schwarzbereich optimiert wurden. In Kombination mit der satten, hellen Farbwiedergabe erreicht Philips einen enorm plastischen Bildeindruck, der durch den effektiven Schärfefilter zusätzlich aufgewertet wird. Sollten Sie dennoch eine etwas bessere Schwarzdetailzeichnung wünschen, können Sie über den Gamma-Regler nachhelfen. Über die HDR-Perfect-Funktion verändert Philips die Kontrastwiedergabe in hellen Bildbereichen, was aber Detailverluste oder leichte Banding-Artefakte nach sich ziehen kann. Ein dynamisches System, das automatisch auf unterschiedliche HDR-Anforderungen reagiert, ist nicht auszumachen. Dennoch versucht Philips die Detailverluste in Grenzen zu halten und zu dunkle HDR-Bilder zu vermeiden, sodass nicht nur Filmfans, sondern auch Videospieler auf ihre Kosten kommen werden. RGB-PC-Signale zeigte der Fernseher erst korrekt an, nachdem wir den Bildmodus Computer aktiviert und auf die gleichnamige Eingangswahl umgeschaltet hatten. Korrekturen stehen im Bildoptionsmenü dann aber nicht mehr zur Verfügung. Die HDMI-Schnittstellen 1 und 2 liefern die beste Leistung für 4K-HDR-Signale und sind sogar für eine 120-Hz-HD-Zuspielung geeignet. So überzeugend das Bild, so durchschnittlich der Klang: Die verbauten Lautsprecher sind nur für Standard-TV-Inhalte ausreichend. Philips richtet die Bildabstimmung konsequent auf Schärfe und Farbkontrast aus, was in Kombination mit perfekt abgestimmten Testsequenzen zwar nicht immer harmoniert, aber im Praxistest oftmals begeistert. Derart klare und plastische Bilder zeigen selbst die besten OLED-TVs der Konkurrenz mit herkömmlichen SDR-Quellen nur selten und auch die HDR-Bildwiedergabe weiß zu gefallen.