BLU-RAY SPEZIAL: 25 JAHRE DINOMANIA JURASSIC WORLD DAS GEFALLENE KÖNIGREICH
Seit einem viertel Jahrhundert existieren auf dem Planeten Erde wieder zwei dominante Spezies: die Dinosaurier und die Menschen. Zum Jubiläum wird es daher endlich mal Zeit, dass der Terror gegen die eine Spezies endlich mal ein Ende findet. Blöd nur, das
Wir leben in einer Welt mit betonierten Städten, in denen Tiere, wenn überhaupt, im Zoo wahrgenommen werden. Hier und da flattern noch ein paar Vögel und Insekten herum. Katzen und Hunde bereichern menschliche Häuslichkeiten. Schweine, Fische, Hühner und Rinder werden gewiss auch noch existieren, denn irgendwoher muss ja das Fleisch kommen, was im Supermarkt und später in unseren Pfannen liegt. Doch die restliche Tierwelt scheint das Leben der meisten Städter kaum zu beeinflussen, weder im positiven noch im negativen Sinne. Das war nicht immer so. Es gab Zeiten, da stand der Mensch etwas weiter unten in der Nahrungskette, musste Angst vor anderen Tieren haben und zugleich auf die Jagd gehen. Aus dieser Zeit des „Kräfte-Gleichgewichts“stammt wohl auch die Ur-Angst vor wilden Kreaturen, die dem Homo Sapiens überlegen sind bzw. in irgend einer Form gefährlich werden können. Obwohl sie tief im kollektiven Gedächtnis verwurzelt ist, würde sie heutzutage aber gewiss kaum noch bedient werden, wenn da nicht das allseits beliebte Horror- bzw. Monster-Film-Genre wäre. Der Kreaturen-Horror ruft den Zuschauern ins Gedächtnis, dass der Mensch durchaus wieder von seinem hohen Ross gestoßen werden könnte, weil es Wesen gibt, die trotz des menschlichen Umwelteinflusses überleben wollen.
REVOLUTION
Als „Jurassic Park“1993 in die Kinos kam, bediente Steven Spielbergs damaliges Technikwunder ebenjenes Monster-Genre und ließ fleischfressende Dinosaurier auf harmlose Themenpark-Besucher los. Zugleich zeigte der Streifen aber auch eine wunderbare, vielfältige Natur voller faszinierender Donnerechsen, die ein Sinnbild für sämtliche Tiere dieses Planeten sind – Insbesondere aber auch ein warnendes Sinnbild der inzwischen ausgestorbenen Arten. Es zeigt Dinosaurier zugleich als Bedrohung und als ein Wunder, ohne das die Welt um einiges ärmer wäre – als ein Teil eines abgeschlossenen Ökosystems, das nur so in seiner Vollständigkeit und Vielfalt funktioniert. Diese Kombination aus Horror und Wunder schlug an den Kinokassen ein wie eine Bombe und trat eine ganze Dino-Manie los. Auch ohne die heute bekannten Ticket-Aufschläge für 3D oder Überlänge spielte der Film über eine Milliarde US-Dollar ein und verzauberte das Publikum mit spektakulären Effekten, die es bis dahin in diesem Maße noch nie gegeben hatte. Auch wenn es schon vorher digitale Tricks im Film zu bestaunen gab, wie etwa bei „Terminator 2“(1991) oder auch „Abyss“(1989), so gilt „Jurassic Park“dennoch als entscheidender Wegbereiter für die digitale Revolution im Bereich der Effekte.
EVOLUTION
25 Jahre später gibt es kaum noch einen Film, der keine visuellen Effekte besitzt. Digital ist gut, digital ist günstig. Und der Fantasie sind damit kaum Grenzen gesetzt. Dennoch hat sich damit ein ganz entscheidender Faktor für immer aus den Filmen bzw. aus den Herzen der Zuschauer verabschiedet. Es interessiert einfach keinen
mehr. Wenn man sich selbst fragt, wann man zuletzt von auch nur einem Effekt überrascht wurde, so liegt die Antwort meist in den 1990ern oder noch weiter zurück. Vielleicht war sogar „Jurassic Park“der letzte Film, den Sie gesehen haben, bei dem Sie wirklich von der filmischen Illusion gefangen waren, ohne dass Sie zu sich selbst sagten: „Das ist ja nur CGI. Ein CGI-Monster, Wahnsinn! Und davor soll man Angst haben?“. Oder „Avatar“? Oder „Gravity“? Zugegeben: „Planet der Affen: Survival“hatte auch solche Momente, die einen die Augen reiben ließen, aufgrund der visuellen Unsicherheit, ob es nicht vielleicht doch echte Affen seien. Demzufolge haben sich die Technologien der computergenerierten Darstellung so stark weiterentwickelt, dass der Zuschauer erneut getäuscht werden kann. Es ist halt nur eine Frage des Geldes, die ebenso bei solch analogen Tricks wie den ebenfalls in den „Jurassic Park“-Filmen eingesetzten Animatronics aufkommt. Letztere gewinnen also wieder an Popularität, weshalb Creature-Designer wie Neal Scanlan in den neuen „Star Wars“-Episoden und nun auch im neuesten „Jurassic World“-Film „Das gefallene Königreich“eine Menge zu tun bekommen. Die Wahrheit liegt also irgendwo dazwischen, weshalb die Dinos im letztgenannten Streifen mithilfe detailliert erstellter Plastiken, Puppen, Animatronics sowie mit CGI-Modellen und den Möglichkeiten der digitalen Realitätserweiterung oder -reduzierung zum Leben erweckt werden. Während die Nahaufnahme vom schlafenden T-Rex im Transportkäfig noch mit einer beeindruckend großen Animatronic realisiert wurde, entstammen alle dynamischeren Bewegungen der anschließend erwachten Schönheit aus dem Computer. Auf diese Weise wurde in diesem Fall das Beste beider Spezial-Effekt-Welten genutzt.
GEFALLENES KÖNIGREICH
Vier Jahre sind vergangen, seit der „Jurassic World“getaufte Themenpark aus sicherheitstechnischen Gründen seine Pforten schließen musste. Eigentlich sollte es das sicherste Dino-Para-
dies für die ganze Familie sein, das jemals erbaut wurde. Aber auch die Titanic wurde schließlich als „unsinkbar“eingestuft, weshalb den Park eine ähnliche Katastrophe ereilte, weil die gewinnorientierten Investoren des Unternehmens InGen ein zu hohes Risiko eingingen. Im skrupellosen Dr. Henry Wu (BD Wong, der in dieser Rolle bereits im Original von 1993 auftrat) fanden sie genau den kranken Geist, der ihnen mit Hilfe modernster Gentechnik eine perfekte, neue Attraktion schaffen sollte. Dieser mixte die Gene der gefährlichsten Kreaturen der Welt zusammen, woraus der Dino-Mensch-Hybrid „Indominus Rex“entstand. Dem entgegen stellte sich der „Dinoflüsterer“Owen (Chris Pratt) zusammen mit der Sicherheitsbeauftragten Claire (Bryce Dallas Howard), dem Tierpfleger Barry (Omar Sy) und einigen anderen Charakteren, die mehr oder weniger freiwillig in das Szenario verwickelt wurden. Als wäre das Dino-Chaos nicht schon genug, machte ihnen auch noch der InGen-Security Guard Vic Hoskins (Vincent D’Onofrio) mit seinen paramilitärischen Söldnern das Leben schwer, die eher schießen, anstatt auf die Tiere artgerecht einzugehen. Nach der Bekanntschaft mit einem von Owens besonderen Freunden war allerdings auch das Vic-Hoskins-Problem gelöst. Der T-Rex hat als König sein Revier verteidigt und aus Isla Nublar wurde eine menschenfreie Zone, in der die Donnerechsen friedlich leben konnten. Bis heute …
RETTUNGSAKTION …
Wer einmal Federico Bertoluccis und Frederic Brremauds Graphic-Novel „Love: Band 2 – Der Fuchs“angeschaut hat, dürfte bereits einen Eindruck davon haben, wie visuell bombastisch der Ausbruch eines Insel-Vulkans dargestellt werden kann. Die rötlich orangene Glut der Lava vermengt sich mit dem Türkis des Wassers. Unmengen an Tieren versuchen panisch, von der Insel zu fliehen und die schwarze Wolke des Vulkanausbruchs verwandelt das brodelnde Land in eine düstere Unterwelt. Es ist dieses heftige Weltuntergangsszenario, das einen Teil von „Das gefallene Königreich“prägen wird. Auch wenn Clair und Owen kein Paar mehr sind, so verbindet sie dennoch eine enorme Liebe zu diesen Urzeitwesen sowie die gemeinsame Erinnerung an das Überleben des vorangegangenen Todesszenarios. Ohne ihre Bemühungen würden alle Dinosaurier dem Untergang von Isla Nublar bedingungslos ausgeliefert sein und erneut aussterben. Zudem lebt Blue, Owens beste Raptor-Kumpeline noch auf der Insel, weshalb für den Tierschützer noch eine persönliche Motivation für die Rettungsaktion hinzukommt. Der blaue Raptor gehört nämlich zu den elf seltenen Spezies, die von der Insel gerettet werden sollen.
… ODER WAFFENBERGUNG?
Wieder ist es allerdings die Gier der Menschen, die das Fass zum Überlaufen bringt. Auch hier sei kurz ein gezeichnetes Beispiel genannt, um die Vision der Antagonisten dieses Films zu verdeutlichen: „Dino-Riders“. In dieser Trickserie aus den 1980ern fechten technologisch fortgeschrittene Außerirdische ihren Krieg auf einem prähistorischen Planeten aus. Beide Seiten rüsten hierfür Dinosaurier mit modernsten Waffensystemen aus, um sie als Kriegsgefährten zu nutzen. Anders als bei dieser Werbung für Tyco-Action-Figuren, die ähnlich wie „Transformers“, „He-Man“, „Mask“und „Thundercats“funktionierte, sollen die fürs Militär nutzbar gemachten Dinosaurier in „Jurassic World: Das gefallene Königreich“aber weder von Soldaten beritten, noch mit Kanonen ausgerüstet werden. Das würde dann schon zu sehr in Richtung B-Ware gehen.
Dennoch sollen die Donnerechsen als steuerbare bzw. intelligente Waffen fürs Militär fungieren. Einen kleinen Vorgeschmack lieferte ja bereits das Velociraptoren-Quartett ab, dem ehemals Blue angehörte. Die Mitglieder dieser nur bedingt gezähmten Gruppe trugen Headsets mit Kameras und erhielten von ihrem genetischen Vetter Indominus Rex, der hier von ihnen als neues Alpha-Tier akzeptiert wurde, den Befehl, gezielt Menschen anzugreifen. Und auch der Widersacher Hoskins äußerte einige Gedanken zum militärischen Potenzial dieser Tiere. Logisch, dass sich mit so etwas im Bereich der Kriegsführung viel Geld machen lässt. Daher müssen die Protagonisten bald erkennen, dass die als Rettung angegebene Aktion in Wirklichkeit ein Plan zur Beschaffung des „Materials“für die Waffenproduktion sowie für die entsprechende gewinnbringende Versteigerung der Tiere ist. Raptorin Blue, die hier ebenfalls als Protagonistin erscheint, wird daher in ein geheimes Labor entführt, aus dem es zu entkommen gilt.
DER INDORAPTOR
Wie in jedem „Jurassic“-Film gibt es auch hier einen sogenannten „Tyrannen“– einen besonders gefährlichen Dinosaurier, der alle bisherigen Haupt-“Monster“toppt. Wieder einmal ist es eine neue Form eines Raptors, sozusagen die „Darth Vader“-Version von Blue. Doch was unterscheidet den von InGen entwickelten Indoraptor von seinem Vorgänger Indominus Rex bzw. was macht ihn umso viel gefährlicher als das weiße Ungetüm? Da ein Wesen, das intelligenter und stärker als ein Mensch ist, sich tarnen kann und eine großartige Wahrnehmung hat, schwer zu übertreffen ist, bleiben nicht mehr viele Faktoren übrig. Zum einen ist der Indoraptor kleiner und wendiger als sein Vorgänger. Und da er militärisch eingesetzt werden soll, beherrscht er auch den Schleich-Modus sehr gut, indem er wie ein Top-Spion unbemerkt in Häuser und andere Gebäude eindringen kann. Eine zweite Eigenschaft ist eine offenbare Resistenz gegen Gewehrkugeln. Da Regisseur J. A. Bayona im gleichen Maße die Inszenierung einer Naturkatastrophe („The Impossible“) beherrscht wie intelligente Fantasy („Sieben Minuten nach Mitternacht“) oder auch eine beklemmende Horror-Atmosphäre („Das Waisenhaus“), geht „Jurassic World: Das gefallene Königreich“noch weiter in die dramaturgische Richtung der Capcom-Videospiele „Resident Evil“bzw. „Dino Crisis“. Was wäre
schließlich unheimlicher, als ein unaufhaltsamer, tierischer Jäger, der nachts unbemerkt wie jemand in einem Hitchcock-Film durch eine Villa schleicht, um ganz bewusst ein bestimmtes Ziel auszuschalten? In diesem Fall trägt sein Opfer den Familien-Namen Lockwood, weshalb er sich Zugang zum entsprechenden Anwesen und Kinderzimmer verschafft.
UMBRELLA VS. INGEN
Der alte Benjamin Lockwood (James Cromwell – bekannt u. a. aus „I, Robot“) ist neben dem Visionär John Hammond eines der Gründungsmitglieder von InGen. Wie einst Hammond vertritt auch er seine ganz eigene Vision bezüglich der Dinosaurier. Seit Masranis Tod im ersten „Jurassic World“-Film, liegt die Bürde nun bei Lockwood, über den zukünftigen Kurs InGens und das Vermächtnis Hammonds zu entscheiden. Doch anders als Hammond, der hauptsächlich das Positive, Utopische in allem sah, muss sich Benjamin nun mit allem Negativen auseinandersetzen. Vorrangig ist er durch das Ableben der anderen Teilhaber zunehmend der uneingeschränkte Bestimmer, weshalb das Motiv für das Eindringen einer biologischen Waffe wie den Indoraptor in die Lockwood-Villa klar auf der Hand liegt. Das Ziel des Killer-Dinos scheint Maisie Lockwood zu sein, die Enkelin und möglicherweise die spätere Erbin des Konzerns. Doch wie soll man ein nahezu unverwundbares, schwarzes Ungetüm loswerden, wenn nicht gerade eine Ellen Ripley zur Verfügung steht, um es in die Weiten des Alls stürzen zu lassen?
DINOS UND ANDERE ALTE BEKANNTE
In jedem Fall werden wieder einmal menschliche Militärs gegen alle Arten von Dinosauriern kämpfen und es bleibt zu hoffen, dass letztere die Erde ein Stück weit zurück erobern können, damit wir im angekündigten dritten Teil des „Jurassic World“-Franchise tatsächlich eine postapokalyptische „Jurassic World“zu sehen bekommen. Denn ganz wie Ian Malcolm im ers-
ten „Jurassic Park“- Film von 1993 sagte: „Das Leben findet einen Weg“Und da sich noch jeder gerne an diesen kaltschnäuzigen Chaos-Theoretiker erinnert, der alles in Frage stellte und auch noch in Teil zwei „Vergessene Welt“(1997) recht mit seinen prophezeienden Einwürfen behalten sollte, tritt Jeff Goldblum auch in „Jurassic World: Gefallenes Königreich“noch einmal kurz als Ian Malcolm auf, um vor einem Ausschuss philosophische Fragen zum Verbleib der Donnerechsen und zu den Folgen für die Menschheit zu erörtern. Die Chance, mal wieder neue, warnende Prophezeiungen auszustoßen, die dann doch wieder von den meisten kapitalgeilen Lobbyisten ignoriert werden, lässt er sich dabei natürlich nicht nehmen.
WEITERES WIEDERSEHEN
Ein weiterer alter Bekannter dürfte der T-Rex des ersten Teils sein, der in Insider-Kreisen auch liebevoll „Rexy“genannt wird und nach wie vor als gesichtgebende Ikone für das gesamte Franchise gilt. Fast schon scheint es, als habe die „Grand Dame“des Dinospektakels etwas für den Protagonisten Owen übrig – da sie ihm nun schon zum zweiten Mal die Haut rettet, indem sie einen attackierenden Fleischfresser (hier ist es ein Carnotaurus, statt wie zuvor der Indominus Rex bzw. im Originalfilm die Raptoren) angreift. Dass der weibliche T-Rex dennoch besser als Gefahr ernst genommen werden sollte, beweist die anfängliche Bergungsaktion des aktuellen Filmes, bei der die genetischen Informationen des Indominus Rex aus dem Mosasaurus-Becken mittels eines Mini-U-Boots geborgen werden sollen. Selbstverständlich läuft die Bergungsaktion schief und die Menschen mit der genetischen Probe werden auf dem Weg zum Hubschrauber von – Sie ahnen es bereits – unserer kleinen „Rexy“überrascht, während der Mosasaurus ebenfalls für die ein oder andere Überraschung gut ist, solange sich die Menschen in Wasser-Nähe aufhalten. Und da ein Großteil des Films in Hawaii gedreht wurde, heißt es hier recht häufig: Surprise! Nicht nur auf Isla Nublar.
Wesentlich gefährlicher noch als jedweder Allosaurus, Stygimolloch, Sinoceratops oder Baryonix, um nur ein paar der neuen Dinos namentlich in den Raum zu werfen, sind allerdings die menschlichen Antagonisten: Eli Mills (Rafe Spall) als gewiefter Intrigant, Gunnar Eversol (Toby Jones) als Auktionator und Ken Wheatley (Ted Levine) als bewaffnete InGen-Exekutive heizen den Helden des Filmes mächtig ein.
„Jurassic World: Das gefallene Königreich“kommt ab dem 07. Juni in die Kinos und läutet somit eine neue Ära des den Kinogänger beglückenden Jura-Zeitalters ein, das ursprünglich vor etwa 145 Millionen Jahren endete und nun in der Gegenwart zumindest auf den Kino-Leinwänden eine Renaissance erfährt. Willkommen in „Jurassic World“, einer Welt, in der es endlich wieder mehr Tierarten gibt und der Mensch ein paar Glieder der Nahrungskette nach unten gepurzelt ist, um seinem zuvor so selten genutzten Angst-Gefühl einen wahren Existenzgrund zu geben.