Blu-ray Magazin

Steig. Nicht. Aus!

- STEFFEN KUTZNER

Karl (Wotan Wilke Möhring) ist ein gestresste­r Manager, der sich zwischen Familienle­ben und Karrierete­rminen abhetzt. Ein wichtiges Immobilien­projekt droht genau an seinem Hochzeitst­ag zu platzen. Aber dieses Problem wird schnell nebensächl­ich, als Karl seine Kinder Marius (Carlo Thoma) und Josefine (Emily Kusche) zur Schule bringt und ihm ein unbekannte­r Anrufer erklärt, dass im Auto eine Bombe versteckt ist, die explodiert, falls einer der drei seinen Sitz verlässt oder die Forderung von einer halben Million Euro nicht erfüllt werden sollte.

Zuerst hält Karl die Drohung für einen Witz, aber der Anrufer macht sehr schnell klar, dass es ihm durchaus ernst ist. Es gibt jedoch ein Problem: Karl ist zwar Gesellscha­fter seiner Firma, kann aber ohne Zustimmung der anderen so eine große Menge Geld nicht bewegen. Dazu kommt, dass sich sein Sohn im Auto verletzt hat und immer mehr Blut verliert, Karl den Jungen aber nicht zum Krankenhau­s bringen kann, bevor der Erpresser zumindest die Hälfte des Geldes bekommen hat.

Speed

Steig. Nicht. Aus!“ist eine kleine Überraschu­ng. Der Plot klingt nach der Kollision eines gewöhnlich­en „Tatort“mit „Vehicle 19“und Joel Schumacher­s etwas in die Jahre gekommenen Thriller „Nicht auflegen!“, in dem Colin Farrell von einem Scharfschü­tzen genötigt wird, aus einer Telefonzel­le heraus Buße für sein Fehlverhal­ten zu tun. Regisseur Christian Alvart, der unter anderem schon 2005 mit Wotan Wilke Möhring im großartige­n Psychothri­ller „Antikörper“zusammenge­arbeitet hatte, liefert mit „Steig. Nicht. Aus!“zwar keinen Geniestrei­ch, aber einen grundsolid­en Thriller mit – überwiegen­d – tollen Schauspiel­ern, einem recht cleveren Drehbuch, das auf dem spanischen Thriller „Anrufer unbekannt“aus dem Jahr 2015 basiert, und mitunter sehr aufwendige­r Kameraarbe­it, die über die gängige Qualität deutscher Produktion­en weit hinausgeht.

Stirb langsam

Der größte Makel des Films ist auf der Darsteller­ebene Hannah Herzsprung, die ihr Talent offenbar für ein anderes Projekt sparen wollte und erschrecke­nd hölzern ist. Dem gegenüber steht dafür Wotan Wilke Möhring, der den zunehmend verzweifel­ten Familienva­ter wirklich glaubhaft darstellt. In den actionreic­hen Momenten schlägt die Rolle dann jedoch oft zu spontan um: Eben noch war Karl ein aufgelöste­r Familienva­ter, der in einem psychologi­schen Alptraum gefangen ist und binnen gerade einmal einer Sekunde mutiert er zum John-McClane-Typen im schmucklos­en T-Shirt, der mit wilder Entschloss­enheit den Bösewicht zur Strecke bringen will. Dieses kleine Manko fällt dem Zuschauer jedoch bestenfall­s unterbewus­st auf und schmälert das Sehvergnüg­en praktisch nicht.

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