Steig. Nicht. Aus!
Karl (Wotan Wilke Möhring) ist ein gestresster Manager, der sich zwischen Familienleben und Karriereterminen abhetzt. Ein wichtiges Immobilienprojekt droht genau an seinem Hochzeitstag zu platzen. Aber dieses Problem wird schnell nebensächlich, als Karl seine Kinder Marius (Carlo Thoma) und Josefine (Emily Kusche) zur Schule bringt und ihm ein unbekannter Anrufer erklärt, dass im Auto eine Bombe versteckt ist, die explodiert, falls einer der drei seinen Sitz verlässt oder die Forderung von einer halben Million Euro nicht erfüllt werden sollte.
Zuerst hält Karl die Drohung für einen Witz, aber der Anrufer macht sehr schnell klar, dass es ihm durchaus ernst ist. Es gibt jedoch ein Problem: Karl ist zwar Gesellschafter seiner Firma, kann aber ohne Zustimmung der anderen so eine große Menge Geld nicht bewegen. Dazu kommt, dass sich sein Sohn im Auto verletzt hat und immer mehr Blut verliert, Karl den Jungen aber nicht zum Krankenhaus bringen kann, bevor der Erpresser zumindest die Hälfte des Geldes bekommen hat.
Speed
Steig. Nicht. Aus!“ist eine kleine Überraschung. Der Plot klingt nach der Kollision eines gewöhnlichen „Tatort“mit „Vehicle 19“und Joel Schumachers etwas in die Jahre gekommenen Thriller „Nicht auflegen!“, in dem Colin Farrell von einem Scharfschützen genötigt wird, aus einer Telefonzelle heraus Buße für sein Fehlverhalten zu tun. Regisseur Christian Alvart, der unter anderem schon 2005 mit Wotan Wilke Möhring im großartigen Psychothriller „Antikörper“zusammengearbeitet hatte, liefert mit „Steig. Nicht. Aus!“zwar keinen Geniestreich, aber einen grundsoliden Thriller mit – überwiegend – tollen Schauspielern, einem recht cleveren Drehbuch, das auf dem spanischen Thriller „Anrufer unbekannt“aus dem Jahr 2015 basiert, und mitunter sehr aufwendiger Kameraarbeit, die über die gängige Qualität deutscher Produktionen weit hinausgeht.
Stirb langsam
Der größte Makel des Films ist auf der Darstellerebene Hannah Herzsprung, die ihr Talent offenbar für ein anderes Projekt sparen wollte und erschreckend hölzern ist. Dem gegenüber steht dafür Wotan Wilke Möhring, der den zunehmend verzweifelten Familienvater wirklich glaubhaft darstellt. In den actionreichen Momenten schlägt die Rolle dann jedoch oft zu spontan um: Eben noch war Karl ein aufgelöster Familienvater, der in einem psychologischen Alptraum gefangen ist und binnen gerade einmal einer Sekunde mutiert er zum John-McClane-Typen im schmucklosen T-Shirt, der mit wilder Entschlossenheit den Bösewicht zur Strecke bringen will. Dieses kleine Manko fällt dem Zuschauer jedoch bestenfalls unterbewusst auf und schmälert das Sehvergnügen praktisch nicht.