| Unsere Erde 2
Der Kino-Zusammenschnitt von „Planet Erde II“
Ist es möglich, dass die BBC eine Naturdokumentation produziert, die sich nicht praktisch ab dem Erscheinungstag unter den Spitzenreitern des Jahres tummelt? Vielleicht, aber „Unsere Erde 2“beweist mal wieder, dass die Wahrscheinlichkeit dafür doch verschwindend gering ist.
Auch bei dem Nachfolger der preisgekrönten Erfolgs-Naturdokumentation aus dem Jahre 2007 hat sich die BBC mal wieder keine halben Sachen erlaubt, weder beim Inhalt, der professionellen Erzählung und Vertonung noch bei der optischen und ästhetischen Qualität. „Unsere Erde 2“überzeugt als Naturdokumentation auf ganzer Linie und hat kaum Mängel, die ernsthaft erwähnenswert wären. Im Gegenteil verkörpert die fürs Kino produzierte Dokumentation all das, wodurch sich die BBC in all den Jahren genreübergreifend fast durchweg ausgezeichnet hat: Hohe Produktionsqualität und ein Anspruch an stilvolle Unterhaltung.
Um die Welt in 94 Minuten
Wie auch schon sein Vorgänger führt „Unsere Erde 2“das Publikum an die unterschiedlichsten und mitunter entlegensten Orte des blauen Planeten. Von den Äffchen und Kolibris des südamerikanischen Dschungels zu den Löwen und Zebras in der trockenen Savanne von Afrika, von Walen, die sich in den Strömen des weiten atlantischen Ozeans wiegen und elterlichen Pinguinen, die in seinen stürmischen Gewässern auf Streifzug gehen, bis hin zum etwas unbeholfenen aber munteren Pandabären-Nachwuchs in den Bambuswäldern Süd-Ostasiens. Ob Überlebenskampf unter Reptilien auf Inselstränden, Nachwuchs bei Säugetieren unter und über dem Meeresspiegel, Wettstreit zwischen Giraffen oder Futterneid unter Kleinvögeln und Insekten, das Leben in zumindest fast völlig freier Wildbahn wurde für „Unsere Erde 2“vielfältig und eindrucksvoll festgehalten. Und das Publikum erfährt diese vielseitigen Einblicke gestochen scharf, farbenfroh und hochauflösend. Für die deutsche Vertonung lieh Talkshow-Veteran Günther Jauch seine Stimme, allerdings weitaus flüssiger und harmonischer als man das vielleicht noch aus Stern-TV-Tagen kennt. Für die englische Originalvertonung heuerte die BBC sogar niemand geringeren als Hollywood-Legende Robert Redford an, der noch mit seinen 82 Jahren und einer ordentlich resonanten Stimme den Erzähler mimte. Welcher der beiden allerdings nun mehr gefällt, darf man wohl selbst entscheiden. Man kann sich jedenfalls darauf verlassen, dass beide eine völlig zufriedenstellende und wohlklingende Arbeit abgeliefert haben, auch wenn sich die Stimmen der beiden schon sehr deutlich unterscheiden und auch bei der Erzählung merklich anders wirken.
Gutes neu aufgewärmt
Bislang wurde der Dokumentarfilm für insgesamt vier internationale Auszeichnungen nominiert und gewann auf dem tschechischen Filmfest „Academia Film Olomouc“dieses Jahr als bester Film den „Students Jury Award“. Auch im Allgemeinen erntete „Unsere Erde 2“überwiegend Lob. Allerdings muss dazu gesagt werden, dass „Unsere Erde 2“insbesondere für ein Publikum, das schon Erfahrung mit dem Naturfilm-Genre hat, leider doch nicht so viel Neues bietet, wie man es sich vielleicht wünschen würde. Einerseits ist der Film hauptsächlich ein Zusammenschnitt aus Aufnahmen, die ursprünglich für die
sechsteilige BBC Earth Naturdokumentarserie „Planet Erde II: Eine Erde – Viele Welten“aus dem Jahre 2016 gedreht wurden, und hat alleine deswegen schon für Zuschauer der Serie, abgesehen von den jeweiligen Erzählern, wirklich kaum Neues zu bieten. Aber auch für diejenigen, die „Planet Erde II“noch nicht kennen, dürfte „Unsere Erde 2“leider nicht unbedingt Unmengen an wirklich neuem Material bieten. Zwar bleiben die Aufnahmen beeindruckend und optisch ansprechend, doch sind viele der gezeigten Tiere, wie Krokodile, Giraffen, Wale oder Pandas, wirklich schon zur Genüge in früheren Dokumentarfilmen behandelt worden. So wirkt es teilweise so, als würde der Film mehr bereits Bekanntes wiederkäuen, als dem Publikum neue, weitestgehend unbekannte und hoffentlich noch für uns überraschende Welten zu zeigen.
International und vielfältig
Die Regie teilten sich bei „Unsere Erde 2“die beiden Briten Peter Webber („Das Mädchen mit dem Perlen-Ohrring“, „Hannibal Rising“), der sich vor allem durch seine Arbeit an einigen Geschichtsdramen einen Ruf verdient hat, und Dokumentations- und Geschichtsdramen-Regisseur Richard Dale („Surviving D-Day“, „Rocketmen“) mit dem zweimalig ausgezeichneten kanadisch-chinesischen Dokumentarregisseur Lixin Fan („Last Train Home“, „P.O.V.“). Die drei Regisseure haben dabei ihre eigenen Abschnitte des Dokumentarfilms gedreht, was sicherlich auf den Ursprung des Films als Fernsehserie zurückzuführen ist, und dann zu einem Gesamtwerk zusammengefügt. Diese Aufteilung führt allerdings an keiner Stelle im Film zu einem merklichen optischen oder erzählerischen Stilbruch. Im Gegenteil würde die Mehrzahl der Regisseure und die ursprüngliche Stückelung ohne einen spezifischen Hinweis wohl kaum irgendwie sonderlich auffallen. „Unsere Erde 2“lief bereits im Herbst des letzten Jahres weltweit in den Kinos an, aber wird auch ab dem 7. September dieses Jahres sowohl als reguläre Blu-ray-Fassung und als Doppelpack bestehend aus einer 4K-Ultra-HD-und einer regulären Blu-ray-2D-Fassung auf dem deutschen Markt verfügbar sein.
Käufer dürfen sich über ca. 24 Minuten Bonusmaterial, vor allem mehrere Kurzdokumentationen und Spezialfeatures, freuen. Wem also der Sinn nach herausragend hochwertig produzierten Naturaufnahmen mit kompetenter Erzählung und, auch wenn nicht übermäßigen, so dennoch interessant dargestellten Informationen zu einer Vielfalt an unterschiedlichen Spezies steht, wird zweifelsohne an „Unsere Erde 2“Gefallen finden können. Sowohl für Natur- als auch für Technikliebhaber/-innen bietet der Film gute anderhalb Stunden hochwertiger Unterhaltung. Wer allerdings ohnehin schon „Planet Erde II“gesehen hat, wird hier nichts Neues finden.