Familiye
Miko (Arnel Taci) hat Probleme. Sein geistig zurückgebliebener Bruder (Muhammed Kirtan) verkümmert in der gemeinsamen Berliner Wohnung, das Jugendamt sitzt ihm im Nacken, er hat 50000 Euro Schulden bei den falschen Leuten, kann seit Monaten keine Miete zahlen, ist spielsüchtig und jetzt taucht auch noch Sila (Violetta Schurawlow) in seiner Wohnung auf, die aus einer Psychiatrie ausgebrochen und zufällig bei den beiden gelandet ist. Als wäre all das noch nicht genug, kommt Mikos Bruder Danyal (Kubilay Sarikaya) wieder aus dem Gefängnis. Als Danyal erfährt, dass Miko überall Schulden hat, übernimmt er sie und versucht, ihm ein anständiges Leben vorzuleben. Aber die Schwierigkeiten werden so groß, dass Danyal ein Risiko eingehen muss, das er nie wieder eingehen wollte. „Familiye“lebt von der Authentizität. Viele der Darsteller stehen zum ersten Mal vor einer Kamera und spielen sich selbst, besonders in den Neben- und Statistenrollen. Dadurch entfaltet das Sozialdrama eine sehr realistische Atmosphäre. In diese Unmittelbarkeit mischt sich ein künstlerischer Anspruch, der die Illusion unterstreicht, statt sie zu zerstören. Weil der Film Schwarz-Weiß ist, wirkt er unwirklich und verhindert eigentlich ein vollständiges Eintauchen in die Illusion; gerade dieser Gegensatz, der hohe Grad an gelebter Realität bei Besetzung und Dialog und die reduzierte Realität bei der visuellen Filmerfahrung, verleiht „Familiye“ein besonderes Flair, das auch inhaltlich ähnliche Filme wie „Carlito’s Way“oder „Hass“nicht erreichen. Zwar hat das Erstlingswerk kleinere Macken, aber als Gesamtkunstwerk, ist „Familiye“sehr beeindruckend. Die BD bietet einen Pappschuber und ein Booklet.