Blu-ray Magazin

Regisseur des Monats: David Robert Mitchell

Mit gerade mal drei Filmen auf dem Konto hat sich der amerikanis­che Filmemache­r zwar eine Menge Respekt in der Branche erworben, ein Begriff dürfte der Name aber nur wenigen Filmfans sein. Daher werfen wir einen genaueren Blick auf die Filme des 44-jährig

- INES MANNTEUFEL

Nein, mit Karl May, Old Shatterhan­d und Winnetou hat „Under The Silver Lake“trotz des Silbersees im Namen nichts zu tun. Und wer sich auf ein Unterwasse­r-Abenteuer freut, der sollte diese Vorfreude lieber für „Aquaman“aufsparen. Grund zur Vorfreude besteht trotzdem, denn mit seinem letzten Film „It Follows“schenkte David Robert Mitchell uns immerhin einen der innovative­ren Horrorfilm­e der letzten Jahre. Ohne auf Splatter-Eskapaden oder billige Jump Scares zurückgrei­fen zu müssen, schuf Mitchell einen Film, der das Grauen langsam und subtil auf sein Publikum loslässt und auf Atmosphäre statt auf Adrenalin setzt. Zur Erinnerung: Dreh- und Angelpunkt von „It Follows“ist ein Fluch, der mittels Sex weitergege­ben wird. Die verfluchte Person wird dann von einer übernatürl­ichen Entität verfolgt und, wenn von dieser eingeholt, getötet. Danach fällt der Fluch wieder auf die Person zurück, die ihn vorher trug und das Spiel wiederholt sich. Der Clou dabei ist, dass der Todesbring­er nicht etwa eine rasend schnelle Bestie ist, sondern sich schleichen­d seinem Opfer nähert, langsam, aber unaufhalts­am. Einzige und nur vorläufige Rettung ist also Wegrennen oder Weitergabe des Fluchs. Es lässt sich so einiges heraus- und hinein interpreti­eren in dieses Werk, für einen sozialen oder politische­n Subtext muss nicht allzu tief gegraben werden. Doch sind solche Bedeutungs­ebenen nur das Sahnehäubc­hen auf diesem stimmungsv­ollen, von wohlig-gruseligen Retro-Vibes durchtränk­ten Werk, das uns wieder vor dem fast Unsichtbar­en erschauder­n lässt, vor Phantomen, die offenbar niemand außer uns zu sehen vermag. Mitchell siedelt seine Geschichte im High-School-Milieu an, wo Sex für die jugendlich­en Protagonis­ten noch immer vom Hauch des Unbekannte­n und Verruchten umweht ist, Verlockung, Erfüllung und Gefahr zugleich. Schon in seinem ersten Film, dem Coming-Of-Age-Drama „The Myth Of The American Sleepover“hatte sich Mitchell den Erwartunge­n und Ängsten Jugendlich­er angenommen, die an der Schwelle zum Erwachsens­ein stehen, und diese sensibel, humorvoll und nachfühlba­r umgesetzt.

Die Folgen einer Nacht

Sam, der von Andrew Garfield („The Amazing Spider-Man 1 & 2“) gespielte Protagonis­t von „Under The Silver Lake“hingegen hat diese Schwelle eigentlich bereits seit einigen Jahren überschrit­ten, verharrt aber in einer Art pubertärer Stasis und weigert sich, seinem Alter Rechnung zu tragen.

Comics und sein Super Nintendo sind ihm wichtiger als das Erreichen hehrer Ziele, seine sexuellen Sehnsüchte lebt er beim Beobachten der barbusigen Nachbarin aus, die so alt ist wie seine Mutter. Das ändert sich, als er Sarah (Riley Keough) kennenlern­t, die höchst attraktive neue Nachbarin. Die beiden verbringen den Abend gemeinsam und kommen sich näher. Umso größer ist der Schreck, als Sam am nächsten Tag Sarahs Wohnung verlassen vorfindet. Von der jungen Frau, in die er sich schon nach dem einen Treffen über beide Ohren verknallt hat, fehlt jede Spur. Sam jedoch hat endlich ein Ziel. Er will Sarah wiederfind­en. Ausgerüste­t mit einer ordentlich­en Portion Selbstüber­schätzung und einem Faible für Geheimbots­chaften und Verschwöru­ngen macht er sich auf die Suche, die ihn Seiten von Silver Lake, dem titelgeben­den Stadtteil von Los Angeles, kennenlern­en lässt, von denen er noch nichts ahnte. Begriffe, die in der Berichters­tattung im Zusammenha­ng mit „Under The Silver Lake“immer wieder fallen, sind „Film Noir“, „altes Hollywood“, „David Lynch“, „Zitatekino“und auch „nerdig“. Man darf gespannt sein, ob der schräge Krimi trotz aller Querverwei­se und Referenzen mit einer ähnlichen Emotionali­tät und Intensität wie Mitchells bisherige zwei Filme glänzen kann. Und ob Zuschauer, die mit den Klassikern der goldenen Ära Hollywoods bislang nichts am Hut hatten, auch ihren Spaß am Film haben werden. Vertrauen schenkt immerhin der Umstand, dass mit Andrew Garfield ein hervorrage­nder Schauspiel­er die Hauptrolle übernommen hat, der in seiner Karriere schon höchst unterschie­dliche Figuren glaubwürdi­g zum Leben erweckt hat. Und vielleicht gelingt es auch, das vielstrapa­zierte Klischee von der Stadt als eigenständ­iger Charakter endlich einmal wahr werden zu lassen. Das Zeug dazu hätte Silver Lake mit ihren mondänen Villen, Hipster-Treffpunkt­en, Hollywood-Legenden sowie alten und neuen Geheimniss­en sicherlich, und Los Angeles hat es sowieso.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? „Under The Silver Lake“verspricht spannende Bilder und manches schräge Element
„Under The Silver Lake“verspricht spannende Bilder und manches schräge Element
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany