Death Kiss
Thriller OT: Death Kiss L: US J: 2018 V: Busch Media
B: 1.78:1 T: DTS-HD MA 5.1 R: Rene Perez
D: Robert Bronzi, Daniel Baldwin, Richard Tyson, Eva Hamilton LZ: 88 min FSK: 18 W-Cover: k. A. VÖ: 14.12.18 × 1 Extras: 0,5/10
Ein Mann läuft mit einem wachsamen Blick durch die Gegend, redet mit einem Zuhälter, der ihm „etwas Junges“verspricht und schlägt ihn nieder. Als der Namenlose ein kleines Mädchen vorfindet sieht er rot, erschießt den letzten „Kunden“, richtet auf seinem Rückweg den Zuhälter hin und setzt seine nächtliche Wache durch die Nacht fort. Der Prolog ist hart und polarisiert, doch er beschreibt sehr genau, um welche Art Film es sich dreht. Das Genre des Selbstjustiz-Thrillers war in den 1970ern, als Charles Bronson („Death Wish“) und Clint Eastwood („Dirty Harry“) noch mit einer dicken Magnum durch die Gegend rannten, relativ neu. Es war ein Kind des Unmuts gegenüber dem Rechtsstaat, der sich Vorwürfe gefallen lassen musste, die Bevölkerung nicht ausreichend schützen zu können. Dementsprechend gewannen Filme mit Vigilanten, die das Gesetz selbst in die Hand nahmen, besonders in konservativen Kreisen an Popularität. Was damals etwas Außergewöhnliches war, gehört inzwischen zum gängigen Mainstream-Kino. Es wirkt schon fast befremdlich, wenn in einem Actionfilm oder Thriller ausnahmsweise mal kein Protagonist Rache für irgend etwas verübt. Deshalb ist es auch relativ schwierig geworden, überhaupt aus der Masse der unzähligen Rache-Thriller herauszustechen. Anstatt hierfür einen innovativen, neuen Weg einzuschlagen, entschied sich Regisseur Rene Perez zurück zu den Wurzeln zu gehen. Mit dem ungarischen Schauspieler Robert Bronzi fand er einen Hauptdarsteller, der Charles Bronson unglaublich ähnlich sieht und dessen unterkühlte Art perfekt verinnerlicht hat. Daher liegt es nahe, dass sein namensverwandter „Death Kiss“als Hommage an die „Death Wish“-Filme zu sehen ist. Mehr noch ahmt der neue Film die Struktur der Klassiker nach: Zunächst sieht man in aneinander gereihten Szenen, wie der namenlose Rächer durch die Stadt flaniert und in verschiedenen Szenarien Selbstjustiz ausübt. Bis zu einem gewissen Punkt scheint es keinerlei Zusammenhang zwischen diesen für sich stehenden Clips zu geben. Bronzi taucht auf, ballert rum, schnappt sich das Geld und verschwindet im Dunkel der Nacht.
(Anti-)Helden-Fantasie
Erst als die Kamera eine junge Mutter und ihre gehbehinderte Tochter erfasst, beginnt sich ein roter Faden abzuzeichnen, der die lose Handlung zusammenkittet. Offenbar spendet der Bronson-Klon diesen beiden das gewaltsam erbeutete Geld. Das Motiv dieses Samariter-artigen Verhaltens bleibt bis zum Ende ein Geheimnis und ist tatsächlich der Motor der kompletten Geschichte. Auch der von Richard Tyson („Hardball“) gespielte Fiesling Tyrell kommt mehr als nur einmal vor. Offenbar hegt der Protagonist einen tieferen Groll gegen ihn. Unterbrochen werden die Gewalt-Exzesse von einer Radiosendung, in der Daniel Baldwin (der seinem Bruder Alec wie aus dem Gesicht geschnitten ist) Monologe über die in seinen Augen ignorante Staatsgewalt hält. Ginge es nach ihm, müsste die Polizei bereits gegen jemanden vorgehen, der einen fragwürdigen Modegeschmack besitzt und abends zu lang auf der Straße rumhängt. Schließlich sind die Bösen eindeutig am Aussehen erkennbar und die Töchter dieser Welt solange in Gefahr, bis auch der letzte Verbrecher (bzw. Typ, der wie ein Verbrecher aussieht) weggesperrt oder exekutiert wurde. Vielleicht ist es aber auch diese überzeichnete Art, die zusammen mit dem expliziten 1970er-Jahre VHS-Look des Films deutlich macht, dass er als reine Hommage gesehen werden möchte. Wenn sich markante Violett-Grün- oder auch Orange-Grün-Kontraste dort bilden, wo eigentlich nur Haut-Töne samt dunkler Schatten zu sehen sein sollten, sticht die visuelle Intention am stärksten hervor. Statt echtem Schwarz erlebt man dunkles Grün. Statt sauber abgegrenzter Farben Banding und Farbverschiebungen, die es seit der Etablierung der DVD selbst im B-Movie-Sektor nur selten zu sehen gab. Es wirkt dadurch (gewollt) wie ein Schmuddelfilm aus der 18er-Abteilung einer Videothek. Der Synthie-Soundtrack von „The Darkest Machines“unterstützt dieses Gefühl. Unterm Strich besitzt „Death Kiss“sämtliche Eigenschaften der Bronson-Streifen … sowohl die Stärken als auch deren enorme Schwächen. Wer auf diese Art von Film steht, bekommt hiermit also genau, was er erwartet.