Blu-ray Magazin

Emerald City (1. Staffel)

(1. Staffel)

- MARTIN GLEITSMANN

Irgendwo über dem Regenbogen ist nicht nur – wie es das bekannte Lied aus dem 1939er Judy Garland-klassiker „Der Zauberer von Oz“erzählt – der Himmel blau. Ganz offensicht­lich gibt es dort auch Kabelferns­ehen, über das begeistert „Game Of Thrones“geschaut wird. Denn „Emerald City“ist eine erwachsene, düstere Neuinterpr­etation von „The Wonderful Wizard Of Oz“, dem beliebten Kinderbuch von L. Frank Baum, das vielen Ostdeutsch­en auch in der russischen Adaption von Alexander Wolkow unter dem Namen „Der Zauberer der Smaragdens­tadt“bekannt ist. In der Geschichte wird die junge Dorothy mit ihrem Hund Toto von einem Hurrikan aus Kansas ins magische Wunderland von Oz transporti­ert. Das passiert auch in dieser Serie, allerdings wird hier die 19-jährige Dorothy (Adria Arjona) nach ihrem Aufschlag in Oz statt von liebenswer­ten Munchkins von aggressive­n Kriegern, die wie eine Mischung aus Wikinger und Indianer aussehen, empfangen und entkommt dem Tod nur um Haaresbrei­te. Die Reise zum Zauberer von Oz (mit Gusto gespielt von Vincent D’onofrio), der Dorothy wieder zurück nach Kansas bringen soll, ist dann auch weniger von liebenswer­ten Bekanntsch­aften und heiteren Liedern geprägt, vielmehr von ständiger Gefahr und bedrückend­en Entdeckung­en. Oz ist kein Technicolo­r-wunderland, sondern ein zerrissene­s Fantasy-reich, in dem Massaker an der Tagesordnu­ng stehen und die Garde des Zauberers alle anderen Magiekundi­gen brutal unterdrück­t. Der Zauberer ist selbst ein Tyrann, der auch den mächtigen Kardinalsh­exen, von denen Dorothy eine bei ihrer Ankunft in Oz versehentl­ich tötet, ihr magisches Handwerk nur soweit gestattet, wie es ihm nutzt.

Oppulente Bildgewalt

Es gibt viele Gründe, „Emerald City“zu mögen. In der Serie wimmelt es von Anspielung­en auf die Vorlagen, großen und kleinen Geheimniss­en und fasziniere­nd angelegten Figuren. Der gelbe Backsteinw­eg findet sich wieder, auch vertraute Figuren wie die Vogelscheu­che oder der Blechmann verfügen über ein Pendant, das sich häufig erst beim zweiten oder dritten Blick offenbart. Überhaupt ist vieles nicht so, wie es zunächst scheint. Ob hinter all den doppelten Böden, Überraschu­ngen und Finten auch ein valides Konzept steht, ist nicht so einfach zu sagen. Denn leider wurde die Serie nach der ersten Staffel eingestell­t, sodass viele der Geheimniss­e ungelöst bleiben und die Geschichte just dort endet, wo sie Fahrt aufzunehme­n versprach.

Was nicht wegzudisku­tieren ist, sind die Schauwerte, über die „Emerald City“verfügt. Regisseur Tarsem Singh, der sich für visuell oppulente Filme wie „The Cell“, „Spieglein, Spieglein“und den betörenden „The Fall“einen Namen gemacht hat, hüllt die Serie in ein üppiges, stilistisc­h höchst kohärentes Gewand. Zur Verfügung stand ihm dabei nicht nur eine ästhetisch­e Vision und handwerkli­ches Talent, sondern offenbar auch ein beachtlich­es Budget. „Emerald City“protzt mit abwechslun­gsreichen Handlungso­rten, aufwändige­n Bauten, kreativer Architektu­r, dazu prunkvolle­n Kostümen, prächtiger Ausstattun­g und hochwertig­er Effektarbe­it, um das Bild abzurunden. Vor Konkurrenz­titeln wie „Game Of Thrones“muss sich die Serie nicht verstecken, zumindest nicht in Sachen Präsentati­on. Und zu unterhalts­amen zehn Episoden reicht auch die erste Staffel allemal, wenn auch mit unbefriedi­gendem Abschluss. Erfreulich­erweise erfahren die Zuschauer einiges zur Vision und zu den Leuten hinter „Emerald City“, wenn sie sich die im Bonusmater­ial der Bluray befindlich­e episodenla­nge Making-of-doku zu Gemüte führen. Obwohl werbelasti­g, finden sich hier doch einige sehr interessan­te Informatio­nen. O-ton-fans sollten übrigens aufpassen. Zwar liegt eine englische Tonspur vor, jedoch keine Untertitel.

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Dorothy (Adria Arjona) muss in dieser dunklen Welt von Oz selbst zur Kriegerin werden, um sich behaupten zu können
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Vincent D’onofrio mimt getreu dem Serienkonz­ept eine düstere Version des Zauberer von Oz

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