Spezial: John Wayne im Western
Eine Legende des wilden Westens
Wer an den großen amerikanischen Western-helden denkt, der denkt zuerst an John Wayne. Kaum ein anderer Schauspieler konnte je ein derart überlebensgroßes Image vorweisen oder schon zu Lebzeiten von sich behaupten, ein Symbol für den Mythos einer gesamten Nation und die Männlichkeit schlechthin zu sein. In über 170 Leinwandwerken stand die Ikone vor der Kamera, die Hälfte davon ist im Western-genre angesiedelt, das ohne John Wayne heute nicht dasselbe wäre.
Geboren wurde John Wayne als Marion Robert Morrison 1907 in Iowa als Sohn eines Apothekers. Aufgrund einer Lungenkrankheit seines Vaters zog die Familie 1911 ins wärmere Kalifornien, wo sie die ersten zwei Jahre eine Farm unterhielten. Seinen 10-Kilometer-langen Schulweg legte der kleine Marion oft im Sattel eines Pferdes zurück. Zudem war er schon als Kind stets in Begleitung seines Terriers „Duke“(Herzog) unterwegs, was ihm selber den Spitznamen „The Duke“einbrachte, unter dem man ihn auch später in Hollywood kennen sollte. Auf der High School profilierte sich der junge Marion als ein Schüler mit Bestnoten und avancierte zum Star der Football-mannschaft. Nachdem er sich nach seiner Schulzeit als Aprikosenpflücker, Lastwagenfahrer und Eisverkäufer verdingte und sein Aufnahmegesuch an der Marineakademie der Vereinigten Staaten (U.S. Naval Acadamy) abgelehnt wurde, konnte er schließlich ein Stipendium an der Universität von Südkalifornien ergattern, wo er Wirtschaftswissenschaften und Jura studierte und wieder im Football-team spielte. Doch ein Schwimmunfall machte seine Sportkarriere früh zunichte. Zudem wurde trotz seiner hervorragenden Noten sein Stipendium nicht verlängert und er musste das Studium abbrechen. All diese Rückschläge führten schließlich dazu, dass der 19jährige Marion Morrison im Jahr 1926 anfing, für die noch jungen Filmstudios in der Nähe von Los Angeles als Kulissenträger und Requisiteur zu arbeiten. In dieser Zeit freundete er sich auch mit dem aufstrebendem Jungregisseur John Ford (1894-1973) an, der ihn in bereits ersten, kleineren Rollen in seinen Filmen besetzte.
Wayne spielt sich ein
Dass übrigens der bürgerliche Name Marion Morrison nie in die Filmgeschichte einging, ist auf den erfolgreichen Krimi- und Western-regisseur Raoul
Walsh (1887-1980) zurückzuführen. Dieser gab Morrison nicht nur seine erste Hauptrolle in einem Kinofilm, sondern verpasste ihm auch den griffigen Künstlernamen John Wayne. So verkörperte John „The Duke“Wayne in Walshs ambitioniertem Western-epos „Der große Treck“von 1930 den heldenhaften Anführer einer Siedlerkolonne, die sich von Missouri durch viele Gefahren über den berühmt berüchtigten Oregon Trail schleppt – eine 3.500 kilometerlange Route über die Rocky Mountains, die in der amerikanischen Geschichte noch heute als Sinnbild für den unbeugsamen Willen des weißen Mannes und den langen Arm der Zivilisation steht, der sich entgegen aller Widrigkeiten immer weiter Richtung Westen erstreckt. „Der große Treck“gilt als das erste große Western-werk der damals frisch aufgekommenen Tonfilm-ära, entpuppte sich jedoch zu seiner Zeit als kommerzieller Flop. Erst viel später mauserte sich Walshs Film zum Klassiker. Nichtsdestotrotz machte sich für Wayne die Rolle schon während der Dreharbeiten bezahlt. In den Büffeljagden, Flussüberquerungen und Indianerüberfällen, die hier auf Film gebannt wurden, lernte er von den Stuntmännern all jene Fertigkeiten zu Pferde und mit Gewehr und Revolver, die einen Western-helden auszeichnen.
Nach einem kurzen Intermezzo bei Columbia Pictures, im Zuge dessen der 1,93-Meter-hüne im Smoking durch einige Gesellschaftskomödien schlenderte, es sich aber mit Columbia-chef Harry Cohn verscherzte, der in dem schneidigen Wayne eine Konkurrenz um die Gunst der attraktiven weiblichen Starlets sah, wechselte der „Duke“zur Produktionsfirma Mascot und trat über die gesamten 1930er Jahre für diverse B-movie-western vor die Kamera. In dieser Zeit verfeinerte er mithilfe des erfahrenen Stuntman Yakima Canutt die „hohe Kunst“des Leinwandfaustkampfes und etablierte gleichsam, ebenfalls unter der Leitung von Canutt, seinen charakteristisch wiegenden Gang, den er später zu seinem Markenzeichen ausbaute. Doch seine Karriere als Schauspieler schien bei Mascot in einer Sackgasse zu stecken.
Wayne sticht heraus
Es war seine Freundschaft zu Regisseur John Ford, die Wayne schließlich zum Durchbruch verhalf, denn mit „Ringo“(englischer Originaltitel: „Stagecoach“) revolutionierte Ford 1939 das gesamte Western-genre, das bisher eher von niedrigen Produktionskosten und schematisch äußerst simpel gestrickter Action-unterhaltung geprägt war. Zudem könnte man den Film auch als frühen Vorläufer des Roadmovie-genres bezeichnen, welches sich als eigenständige Filmgattung erst um einiges später in den 1960ern etablieren sollte. So handelt die Geschichte von einer halsbrecherischen und gefahrvollen Postkutschenfahrt in den 1880er Jahren von Tonto in Arizona bis nach Lordsburg, New Mexico. Die neunköpfige Truppe aus Männern und Frauen bildet auf dieser Reise einen raffiniert konzipierten Querschnitt der amerikanischen Gesellschaft ab – vom gesetzestreuen, markigen Sheriff, einer schwangeren Offiziersgattin, deren Ehemann im Apachengebiet stationiert ist, über einen furchtsamen Schnapsverkäufer auf Handelsreise, einen windigen Gentleman-glücksritter und Spieler, einer Prostituierten, die von selbsternannten Sittenwächtern aus ihrer Stadt vertrieben wurde, einen trunksüchtigen Landarzt, der wegen Mietrückstand vor die Tür gesetzt wurde, bis zum profitgierigen Bankier, der sich samt eigens unterschlagener Lohngelder im Gepäck, insgesamt fünfzigtausend Dollar, heimlich in den benachbarten Bundesstaat absetzen will. Als letzter Kandidat gesellt sich der kernige Outlaw Ringo Kid zur Truppe, der vom Sheriff gejagt wird, jedoch überhaupt erst durch die Falschaussagen der Mörder seines Vaters und seines Bruders ins Gefängnis gekommen ist und Rache an den Tätern nehmen will.
Für welchen dieser Charaktere John Wayne prädestiniert war, liegt wohl auf der Hand und so besetzte Ford seinen 14 Jahre jüngeren Kumpanen in der Rolle eben jenes Ringo Kid und das trotz der vorherigen Weigerung des Produzenten Walter Wanger, der sich strikt gegen die Besetzung von B-movie-schauspielern ausgesprochen hatte und lieber den zugkräftigeren Gary Cooper verpflichtet hätte. Angesichts dessen ist es etwas verwunderlich, dass Ford sich überhaupt durchsetzen konnte, denn sein Filmprojekt stand zu Beginn ohnehin auf wackeligen Beinen. Kaum ein Studio wollte das originelle Drehbuch umsetzen, da bereits gegen Ende der 1930er der Western gemeinhin tot gesagt wurde. Doch entgegen den Erwartungen avancierte „Ringo“sofort nach Erscheinen zu einem ebenso großen Publikumswie Kritikerliebling, was auch John Waynes Karriere ordentlich ankurbelte.
Der Erfolg von „Ringo“war 1939 die entscheidende Wende in Hollywood, die für die kommenden Jahrzehnte die Richtung im Western-genre vorgab. Der Film zeigte spektakuläre und aufwändig inszenierte Actionsequenzen wie den Indianerangriff auf die fahrende Kutsche, den man so vorher noch nie im Kino gesehen hatte. So sprang
Stuntman Yakima Canutt, der auch seinen Freund John Wayne im Film doubelte, zum ersten Mal in der Filmgeschichte vom Bocksitz einer Kutsche während rasenden Galopps nach vorne auf die Zugpferde. Aber auch auf inhaltlicher Ebene wurde eine neue Tiefe und Komplexität erreicht, die sich vor allem über die sozialen Spannungen innerhalb der heterogen zusammengewürfelten Gruppe äußert. So entpuppt sich im Laufe der Filmhandlung die sittliche Deutungshoheit und der vermeintliche Anstand der Vertreter des Establishments, wie des Bankiers und der Offiziersgattin, als heuchlerische Farce und die moralische Kompetenz verschiebt sich stattdessen zu den verstoßenen Randfiguren der Gesellschaft. Am Ende sind es der Säufer, der Glücksspieler, die Prostituierte und der Outlaw, die in den entscheidenden Momenten für humanistische Werte eintreten und sich für das Wohl der Gemeinschaft aufopfern. Der Vollständigkeit halber soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass die im Kern patriarchalen Männlichkeits- und Weiblichkeitsstereotype sowie die imperialistischen Motive, die all jene Menschen unterminieren, die außerhalb des weißen Amerikas stehen, wie zum Beispiel die „wilden“und „räuberischen“Indianer, aus heutiger Sicht in „Ringo“kaum kritisch hinterfragt werden – ein Umstand, der sich in fast allen Genre-vertretern aus jenen Jahrzehnten feststellen lässt.
Wayne wird zum Star
In den 1940ern Jahren festigte John Wayne seinen Star-status in Hollywood mit diversen Abenteuer-, Kriegs- und Western-filmen wie zum Beispiel „Schwarzes Kommando“von 1940, wo Wayne erneut mit Regisseur Raoul Walsh zusammenarbeitete, oder auch „Die Hölle von Oklahoma“von 1943 – einem raubeinigem Western über die aufstrebenden amerikanischen Ölbarone Ende des 19. Jahrhunderts, der vor allem im Gedächtnis bleibt wegen des deftigen Faustkampfes zwischen Wayne und seinem Filmwidersacher, die sich beide durch nahezu das gesamte Filminventar prügeln und hingebungsvoll im Öl wälzen. Es folgten weitere Genrevertreter wie „Mit Büchse und Lasso“(1944), „San Francisco Lilly“ (1945) oder „Der schwarze Reiter“(1947), die Mit Wayne als Protagonisten alle hauptsächlich solide Unterhaltung bieten, an die Genialität und filmisch hohe Qualität von „Ringo“aber kaum anknüpfen können.
Das ändert sich ab Ende der 1940er Jahre, als Wayne wieder häufiger mit John Ford zusammenarbeitet und auch seine ersten Western-filme mit Regisseur Howard Hawks (1896-1977) dreht. Letzterer besaß vielleicht nicht die erzählerische Raffinesse und symbolträchtige Komplexität eines Ford, stemmte aber mit seinen unglaublich aufwändigen und professionellen Produktionen sowie seinem sicheren Riecher für den Publikumsgeschmack bildgewaltige Epen aus dem Boden, die vor allem technisch glänzten. So ist in „Red River“von 1948 – einem Western, in dem John Wayne als Viehbaron eine gigantische Rinderherde von Texas nach Missouri treibt – eine beeindruckende Stampede flüchtender Rinder zu bestaunen, die mit im Boden eingegrabenen und mittels Panzerglas geschützten Kameras aufgenommen wurde. Zudem setzte Hawks in der Prügelszene an der Viehtränke zum ersten Mal in der Filmgeschichte stilistisch gezielt eine dynamische Handkamera ein. „Red River“verschlang dementsprechend die damals gehörige Summe von 3 Millionen Us-dollar Produktionskosten, wovon schon eine ganze Menge allein für die 5000 Rinder veräußert werden musste. Trotz des Erfolges von „Red River“ist es aber vor allem Ford, der John Wayne zu seinen größten Klassikern verhalf und ihm damit regelrechte Denkmäler setzte. In seiner sogenannten Kavallerie-trilogie – bestehend aus „Bis zum letzten Mann“(1948), „Der Teufelshauptmann“(1949) und „Rio Grande“(1950) – besetzte Ford den „Duke“gleich drei Mal hintereinander in der Rolle des erfahrenen Kavallerieoffiziers, der sich meistens gegen feindlich gesinnte Indianer behaupten muss. Der damals knapp über 40jährige Wayne verkörperte hier Männer, die im Film um einiges älter sind, als er selbst es damals war. Wayne wurde besonders in „Der Teufelshauptmann“für seine schauspielerischen Leistungen von Kritikern gelobt. Der ruppige John Ford, der sonst kaum ein gutes Wort an seine Darsteller verlor und für seine harten Umgangston bekannt war, soll nach „Der Teufelshauptmann“zu Wayne gesagt haben: „Jetzt bist du ein Schauspieler!“. Aus heutiger Sicht erweisen sich die drei Kavallerie-western und insbesondere „Der Teufelshauptmann“als zweischneidiges Schwert. Trotz ihrer dramaturgischen Dichte und der ausgefeilten Inszenierung kann man gar nicht anders, als sich in kritischem Abstand zu dem arg pathetischen Habitus und der unverhohlenen Glorifizierung, der in diesen Werken stets die Flagge der Us-kavallerie voran weht, zu positionieren. Doch für Ford und Wayne war jene Filmtrilogie ein klarer Erfolg und sie sollten sich beide noch selbst übertreffen.
Wayne wird zur Ikone
1956 erschufen Regisseur John Ford und Hauptdarsteller John Wayne mit „Der schwarze Falke“einen von Hollywoods wohl größten Westernklassikern überhaupt. Wie schon in „Ringo“und in seiner Kavallerie-trilogie drehte Ford den Film vor der beeindruckenden Kulisse des Monument Valley mit seinen einzigartigen Felsformationen, die aus den wüstenroten Landschaftspanoramen majestätisch empor ragen. Allein schon für diese wunderschönen Bildkompositionen und die kreativen Kameraeinstellungen ist „Der schwarze Falke“eine sehenswertes Stück Filmgeschichte. Besonders aber John Wayne, der in der Rolle des fanatischen Indianerhassers Ethan Edwards mit Verbissenheit den Comanchen hinterherjagt, die die Familie seines Bruders massakriert und seine kleine Nichte Debbie verschleppt haben, liefert hier wohl die nahezu beste schauspielerische Performance seiner gesamten Karriere ab. Auch weil
er einen Charakter verkörpert, den aufgrund seiner vielschichtigen Ambivalenz, seiner nebulösen Vergangenheit und seiner dunklen, unausgesprochenen Facetten ein faszinierendes Mysterium umgibt. Zweifellos sind in „Der schwarze Falke“einige der kraftvollsten und berührendsten Szenen aus dem Gesamtwerk von Regie-meister John Ford zu erleben. Und obwohl Wayne auch danach in noch vielen Western-streifen zu sehen war, die heute gemeinhin als Klassiker gelten, erreichte er mit Ford hier einen Höhepunkt seines Schaffens, an den er selber nie mehr wirklich heran kam. Doch die fruchtbare Zusammenarbeit von Ford und Wayne war damit noch nicht vorbei. 1959 lief „Der letzte Befehl“in den Kinos an und Wayne konnte hier mal wieder in eine schneidige Kavallerieuniform schlüpfen, dieses mal als Colonel einer Nordstaatenbrigade, die sich gegen Ende des amerikanischen Bürgerkrieges auf abenteuerliche Weise durch Feindesland schlägt. Keinesfalls unerwähnt bleiben darf ebenso „Der Mann, der Liberty Valance erschoß“von 1962, der als eines der zentralen Meisterwerke aus John Fords Portfolio gilt und quasi auch den krönenden Abschluss seines Schaffens als wegweisender Western-regisseur bildet. Hierbei handelt es sich um einen interessanten Spätwestern, der auf symbolische Weise die Übergangsphase des gesetzlosen wilden Westens hin zur modernen zivilisatorischen Ordnung thematisiert, in welcher die alten Helden der ehemaligen Grenzlande – eben jene kernigen Raubeine, die John Wayne auch in diesem Film verkörpert– keinen Platz mehr haben. Wayne hatte zu diesem Zeitpunkt schon längst den überlebensgroßen Status einer Film-ikone inne, doch die 1960er Jahre begannen für ihn unter einem unglücklichen Stern. Mit dem Western-streifen „Alamo“, der den Unabhängigkeitskampf von Texas gegen Mexiko im Jahr 1836 behandelt, gab Wayne nicht nur sein Regiedebüt, sondern steckte ganze 12 Millionen Us-dollar in das Projekt. Allerdings störten sich sogar zeitgenößische Filmkritiker an dem überbordenden Pathos und der konservativ geprägten Idealisierung amerikanischer Geschichte. Der Film entpuppte sich als kolossaler Flop an den Kinokassen und als finanzielles Grab für den Privatmann John Wayne, der sich über Jahre hinweg nicht davon erholen sollte. Da er auf das Geld nun dringender angewiesen war als je zuvor, trat der „Duke“auch über die 1960er Jahre in einer Reihe für ihn typischer Western-werke auf wie „Die Comancheros“(1961), „Die vier Söhne der Katie Elder“(1965) oder auch „Die Gewaltigen“(1967). Auch mit Howard Hawks drehte Wayne noch die zwei Western „El Dorado“(1966) und „Rio Lobo“(1970), die aber jeweils eine beinahe identische Kopie des Klassikers „Rio Bravo“von 1959 sind, in dem Wayne ebenfalls die Hauptrolle spielte und Hawks Regie führte. Letzterer hatte in seinem späten Jahren als Regisseur scheinbar den Faible entwickelt, ein und den selben Film einfach immer wieder neu zu drehen, mit lediglich leicht veränderter Besetzung.
Wayne wird zur Legende
John Waynes Spätwerk dagegen gestaltet sich um einiges interessanter. Besonders hervorzuheben ist hierbei Regisseur Henry Hathaways „Der Marshal“(englisch: „True Grit“) von 1969, für den der damals 62jährige Wayne den einzigen Oscar seiner gesamten Karriere erhielt – und das völlig zurecht. Trotz des grandiosen Remakes zu „True Grit“, das die Coen-brüder 2010 auf Basis der Buchvorlage mit Jeff Bridges in der Hauptrolle drehten, ist die über 50-Jahre-alte Westernkomödie „Der Marshal“bis heute zeitlos geblieben und hat nichts von ihrem Charme verloren. Das ist neben den wunderschönen Naturaufnahmen in den Rocky Mountains und der pfiffigen Jungdarstellerin Kim Darby nicht zuletzt John Wayne zu verdanken, der hier in einer äußerst süffisanten, humoristischen und sympathisch verschrobenen Spielweise sein eigenes, überlebensgroßes Helden-image persifliert.
Nach ganzen fünfzig Jahren Leinwandkarriere stand John Wayne 1976 in dem melancholischen Spätwestern „Der letzte Scharfschütze“von Don Siegel ein letztes Mal vor der Kamera in der Rolle des gealterten Revolverhelden John B. Brooks, der an Krebs im Endstadium leidet und sich für ein letztes Duell mit seinen Widersachern aufraffen muss. Wayne litt zu diesem Zeitpunkt bereits selbst unheilbar an Magenkrebs und starb drei Jahre nach dem Dreh an den Folgen seiner Krankheit. „Der letzte Scharfschütze“ist daher ein einzigartiges Werk, das sich mit stoischem Realismus auf die letzten Tage eines Sterbenden fokussiert, ohne nach Antworten zu suchen, ohne zu dramatisieren und ohne zu entschuldigen.
Man könnte noch so viel mehr über John Wayne berichten. Beispielsweise über sein Image als das Sinnbild eines „wahren“Mannes, der ebenso als Frauenheld und Chauvinist verschrien war. Oder über die Kriegspropagandafilme, an denen er beteiligt war, und über seine politisch ultrarechten und rassistischen Ansichten, die ihn zum erklärten Feindbild der Protestbewegung der 68er-jugend machten. Doch vor allem hat uns John Wayne als die bekannteste Wildwest-leinwandikone, die das Filmgeschäft je hervor gebracht hat, ein reiches und vielseitiges Erbe hinterlassen, das zwar in den seltensten Fällen zeitlos geblieben ist, sondern stattdessen zutiefst in den traditionellen Wertevorstellungen, konservativen Idealismen und den historischen Mythen vergangener Jahrzehnte verwurzelt ist und besonders aus heutiger Sicht daher mehr als einen kritischen Blick verdient. John Wayne hat aber ebenso ein Werk hinterlassen, das Cineasten und Filmliebhabern auch heute noch große Freude bringen kann, weil es auch abseits von Revolver- und Kavallerie-action eine Menge zu entdecken gibt und man wie durch ein Zeitfenster einen Zugang zu einer vergangenen Welt erhält, sowohl was die Entstehungszeit der Filme als auch ihre rückwärtsgewandten, oft symbolischen und mythischen Inhalte betrifft.