ANGEL HAS FALLEN
Noch ist „Mike Banning“kein Name, der in einem Zug mit legendären Actionhelden wie John Rambo, John Mcclane, Martin Riggs oder Axel Foley genannt wird. Doch nach dem Willen seiner Macher soll sich das bald ändern, denn man hat große Pläne für den Star der inzwischen dreiteiligen „Fallen“-serie.
Bei der Konzeption von Filmfortsetzungen folgt man in Hollywood gewöhnlich einem von zwei Ansätzen: War der Vorgänger eine finanzielle Enttäuschung, nutzt man dennoch gerne den bekannten Namen, um ein drastisch billigeres Sequel folgen zu lassen, das dann üblicherweise gleich im Heimkino debütiert. Sehr viel häufiger bekommen jedoch die großen Hits einen Nachfolger und bei denen lässt man sich üblicherweise nicht lumpen. Klotzen, nicht kleckern ist angesagt, weswegen mit jeder Fortsetzung das Budget steigt, meist gewaltig. „Angel Has Fallen“fällt allerdings in keine der zwei genannten Kategorien. Obwohl ganz klar fürs Kino bestimmt und zudem sehr prominent besetzt, nahm das Budget der Trilogie, die 2013 mit „Olympus Has Fallen“ihren Anfang nahm und 2016 mit „London Has Fallen“fortgesetzt wurde, mit jedem Film ab. „Angel Has Fallen“ist mit Kosten von 40 Millionen Dollar der preiswerteste der drei Actionstreifen, was man ihm aber – das sei schon verraten – nicht ansieht. Dank des im Vergleich zu den ganz großen Blockbustern bescheidenen Budgets reicht auch ein überschaubares Einspielergebnis von gut 140 Millionen Dollar, um der Produktionsfirma, „Expendables“schmiede „Millenium Media“, einen satten Gewinn zu bescheren. Zwei weitere Fortsetzungen befinden sich bereits in der Planung, weiterhin soll eine Tv-serie folgen. Ganz schön große Pläne für eine Heldenfigur wie Mike Banning, die in den ersten zwei Filmen kaum Eigenschaften abseits von Vaterlandsliebe, Loyalität und Pflichtbewusstsein entwickeln durfte.
Ein neuer Jack Bauer?
Ein wirklich runder, vielschichtiger und faszinierender Charakter ist der vom schottischen Oberspartiaten Gerard Butler („300“, „Hunter Killer“) gespielte Secret Service-agent Mike Banning auch im dritten Teil nicht geworden. Dennoch gelingt es „Angel Has Fallen“besser als den beiden Vorgängern, seinem Protagonisten menschliche Züge und diverse Ecken und Kanten zu verleihen. Das ist nicht zuletzt dem neuen Szenario und der daraus resultierenden, veränderten Dynamik zu verdanken. War Banning sowohl in „Olympus Has Fallen“als auch in „London Has
Fallen“der Jäger, ist er nun über den Großteil der Laufzeit der Gejagte. Dem Verdacht ausgesetzt, in einen Drohnen-anschlag auf seinen Schutzbefohlenen, Us-präsident Allan Trumbull (Morgan Freeman), verwickelt zu sein, wird Banning nicht nur von FBI und Polizei gejagt, sondern auch von schwerbewaffneten Söldnern, die den Präsidentenbeschützer lieber tot als lebendig sehen wollen. Denn natürlich könnte er der Schlüssel sein, um die Verschwörung hinter dem Anschlag aufzudecken. Für einigermaßen aufmerksame Zuschauer sollte es indes kein Problem darstellen, die Fadenzieher deutlich schneller zu entlarven, zu offensichtlich sind die Verweise und Verbindungen. Das macht den Film glücklicherweise nicht weniger spannend, der sich so ganz auf seine zentrale Stärke konzentrieren kann, eine mitreißende und mit zahlreichen spektakulären Action-intermezzi gespickte Hatz, die durch Wälder und ländliche Gefilde führt und erst im Finale den Weg in die Stadt zurück findet. Und wo Bannings Familie in den beiden Vorgängern nur als unnütze Randfiguren vertreten waren, nehmen sie nun einen wichtigen Platz im Plot ein, wobei die wichtigste Neuerung in Form des von einem passend kaputten Nick Nolte („Ausgelöscht“) gemimten Vaters hinzu kommt.
Junior!
Der alternde Prepper nervt seinen Sohn mit Vorwürfen und Verschwörungstheorien, steht dem Filius allerdings auch mit Rat und vor allem Tat zur Seite und verschiebt das Kräfteverhältnis damit zumindest etwas in Richtung der „Guten“. Vor allem aber bringen die Reibereien zwischen den beiden Haudegen einen rauen Humor und eine ruppige Emotionalität zum Vorschein, die den „Fallen“-filmen bis dato völlig abging. Überhaupt wirkt „Angel Has Fallen“weniger glatt als die urbanen Vorgänger, mit seiner harten, aber herzlichen Attitüde wirkt der von Stuntveteran Ric Roman Waugh („Snitch“) souverän inszenierte Actionthriller fast wie eine Referenz an die großen Actionfilme der 1990er Jahre. Nicht ganz aktuellen Sehgewohnheiten entsprechen allerdings auch die Cgi-effekte. Obwohl besser als die Effekte der Vorgänger, übernimmt sich das explosive Finale ein wenig, wobei mal wieder der offensichtliche Cgi-rauch als Hauptschuldiger auszumachen ist. Über weite Strecken setzt der Film allerdings auf klassische Explosionen, in denen sich der entflammte Größenwahn früherer Dekaden mit der zerstörerischen Wucht aktueller Pyrotechnik vereint, ein wahres Fest für Filmpyromanen. „Angel Has Fallen“ist kein Werk für empfindsame Schöngeister oder verkopfte Cineasten, aber immerhin beleidigt er auch nicht die Intelligenz in einem Maß, wie es aktuelle Big-budget-krawallfilme wie Michael Bays „6 Underground“tun. Wem der Sinn nach gut bekömmlicher Action-hausmannskost steht, macht hier also nichts verkehrt. Wer wissen möchte, wie dieses Gericht zubereitet wurde, erhält übrigens Antworten im für einen derartigen Film überraschend ausführlichen Bonusmaterial, das, obwohl natürlich werbelastig und gelegentlich redundant, anschaulich einen Blick hinter die Kulissen und auf die verschiedenen Aspekte der Produktion wirft.