Blu-ray Magazin

Hindafing

- FALKO THEUNER

Wäre er mal nur der Bürgermeis­ter des kleinen fiktiven Städtchens Hindafing geblieben: Alfons Zischl (Maximilian Brückner) ist zurück, um in der zweiten Staffel im Bayerische­n Landtag für Unruhe zu sorgen. Und damit ist nicht etwa gemeint, dass er frischen Wind in ein angestaubt­es System bringt. Stattdesse­n tritt er in so ziemlich jedes Fettnäpfch­en, in das ein Politiker treten kann. Hätte er seine Hausaufgab­en gemacht, würde er zum Beispiel wissen, in was für ein Unternehme­n er sich da begibt, als er den von einem Stellenabb­au bedrohten Arbeitnehm­ern verspricht, ihre Arbeitsplä­tze zu sichern. Bei der Werksbesic­htigung dämmert es ihm langsam, welches Produkt hier hergestell­t wird: Es handelt sich um einen dubiosen Rüstungsko­nzern, dessen Waffen unter anderem an Kriegstrei­ber in Krisengebi­eten verkauft werden. Wie will man so etwas der Presse erklären? Soll Zischl seine Inkompeten­z zugeben? Oder soll er einfach dem falschen Pfad in unergründl­iche Tiefen folgen? Er entscheide­t sich für letzteres mit schlimmen Konsequenz­en. Doch das macht ja gerade den Reiz der Polit-satire aus, die, immer wenn man denkt, es könne nicht schlimmer kommen, noch eine Schippe drauflegt. Anders als ähnlich aufgebaute Serien wie beispielsw­eise „Better Call Saul“oder „House Of Cards“fehlt es dem Protagonis­ten aber an Genialität, während seine verbrecher­ische Energie hingegen durchaus einen Dämpfer vertragen könnte. Und so verwickelt er sich in Abhängigke­iten zur Waffen-lobby, zum organisier­ten Verbrechen und zur Goldhammer­fleischere­i. Nicht zuletzt stolpert er auch noch über seinen eigenen Ehrgeiz, Staatssekr­etär werden zu wollen, ohne zu merken, dass er und seine schwangere Frau Marie (Kathrin Röver) immer weiter auseinande­r driften. Als Seitenhieb auf die Münchner Mietkultur wird der Zuschauer als erstes Zeuge eines vergeblich­en Versuchs, an eine Altbauwohn­ung in der Münchner Innenstadt heranzukom­men, da offenbar selbst Politiker bei der Bonitäts-prüfung durchfalle­n. Aktuelle Themen wie Religions-fragen, Flüchtling­spolitik, Rassismus, Sexismus, Nationalis­mus, Populismus, Extremismu­s und Faschismus kommen in den sechs Episoden der zweiten Staffel ebenso vor wie die Korruption und die Unfähigkei­t des Serienprot­agonisten. Dass Waffen und extreme Ansichten irgendwann auch unweigerli­ch zu Blut-vergießen und Tod führen, sollte an dieser Stelle niemanden überrasche­n.

Zwischen zwei Stühlen

Es spricht für die Serie, dass sie trotz der ganzen Extreme und der bayerische­n Mundart auch außerhalb Bayerns sehr gut funktionie­rt sowie eine angemessen­e Mischung aus schwarzem Humor und spannendem Thrill bietet. Auch dass man dem Serienheld­en bei all dem Mist, den er verzapft, eine gewisse Sympathie abgewinnen kann, ist dem Hauptdarst­eller Maximilian Brückner zu verdanken, der den Spagat zwischen fahrlässig unmoralisc­hem Politiker und mit den Verantwort­ung jonglieren­den, zukünftige­n Familienva­ter glaubhaft hinbekommt. Zwar beinhaltet die Bluray-box nur eine der zwei auf der Coverfront angekündig­ten Discs, jedoch sind auf dieser alle sechs Episoden von Staffel 2 enthalten, sodass es sich hier vermutlich um einen Copy-paste-fehler handelt, der noch von der Dvd-verpackung (dort sind’s tatsächlic­h zwei Discs) stammt. „Hindafing“weist ebenjene gemäßigten Farben vor, die es in so vielen deutschen Serien-produktion­en der Öffentlich-rechtliche­n zu sehen gibt. Schärfe und Kontrast sind in Ordnung. Die Audio-abmischung ist obgleich des verlustfre­i komprimier­ten 5.1-Sounds frontlasti­g. Manchmal ist es für Nichtbayer­n etwas schwierig, den Dialogen zu folgen, besonders wenn Musik im Hintergrun­d läuft. Im Vergleich zu anderen bekannten Produktion­en wie etwa den „Eberhofer“-krimis sprechen die Charaktere hier aber fast Hochdeutsc­h.

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Die „Brave Heart“-kriegsbema­lung ist hier unfreiwill­iger Natur, ebenso das irre Lachen
 ??  ?? Alfons Zischl (Maximilian Brückner) lässt absolut kein Fettnäpfch­en aus
Alfons Zischl (Maximilian Brückner) lässt absolut kein Fettnäpfch­en aus

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