Good Omens
Eine biblische „Bromance“vereint die Apokalypse mit dem typisch britischen Gaimanund Pratchett-humor
Ein Engel und ein Dämon wollen gemeinsam den Antichrist bezwingen und Armageddon verhindern, kurz gesagt die Welt retten?! Das kann doch nicht gut gehen… oder doch?! Es kann! Denn in diesem Fall entsteht die himmlischste oder auch höllischste „Bromance“, die ein Zuschauer je gesehen hat.
Die Grundlage zu dieser fantastisch klingenden sechsteiligen Miniserie bildet der bereits 1990 von Terry Pratchett und Neil Gaiman veröffentlichte Roman „Ein gutes Omen. Die freundlichen und zutreffenden Prophezeihungen der Hexe Agnes Spinner“. Fantasievoll und in Comedy-manier erzählen die beiden vom tobenden
Kampf zwischen den Mächten des Himmels und der Hölle, der die Erde ihrem Untergang entgegenführt. Im Zentrum der Handlung stehen der Engel Erziraphael und der Dämon Crowley. Beide sind bereits seit der Erschaffung Edens auf der Erde und bilden ein amüsantes und drolliges, aber eigentlich verbotenes Gespann. Jedoch heben sich Crowleys Versuchungen und Erziraphaels Wunder und positives Wirken gegenseitig auf. Erziraphael ist eindeutig schon zu lange auf der Erde, weshalb er in Soho einen Antiquitätenladen führt und eine äußerst menschliche Vorliebe für Wein, Antiquitäten und gute Speisen entwickelt hat. Auch Crowley ist ein eher untypischer Dämon mit seinen Gewissenskonflikten, eher harmlosen Schandtaten wie dem Ausfall eines Handynetzes und seinen 90 Jahre alten Bentley den er hegt und pflegt. Bei einem zünftigen christlichen Weltuntergang dürfen natürlich auch die vier apokalyptischen Reiter nicht fehlen. Aber irgendwie sind sie auch nicht mehr so, wie man sie sich eigentlich vorgestellt hat. „Pest“, heutzutage irrelevant geworden, wird durch die sehr aktuelle „Umweltverschmutzung“ersetzt und nennt sich nun White. „Krieg“ist ein heißer rothaariger Feger namens Scarlett und „Hunger“ist im Zeitalter von Micro Cuisine und nährwertarmen Fast Food sowie Diäten quasi omnipräsent. Der Einzige der seiner Rolle treu bleibt ist der „Tod“in der Form eines Sensenmannes. Die alleszerstörende Apokalypse soll ihren Anfang nehmen, sobald der Antichrist elf Jahre wird und mit dem für ihn bestimmten Höllenhund aufeinander trifft. Doch nach einer wirren Verwechslungsgeschichte bei der Geburt , weiß niemand mehr so recht, inwiefern Erziraphaels sowie Crowleys anschließende pädagogische Erziehungsmethoden fruchten oder nicht. Und so nimmt ein chaotisches Abenteuer seinen Lauf, das mit Abstand die bislang beste Terry-pratchett- bzw. Neil-gaiman-verfilmung ist. Die amüsante und unterhaltsame Al
lianz zwischen den beiden Kontrahenten gehört dabei zu den Höhepunkten der Serie, noch vor den treffsicheren Pointen und den hochwertigen visuellen Effekten. Bei Erziraphaels manierlichem, leicht verfressenem, aber gutherzigem Wesen, das dem düsteren, sarkastischen Crowley mit dem coolen Killerhüftschwung entgegenwirkt, bleibt kein Auge trocken.
Die Welt, doch keine Scheibe
Terry Pratchett ist wohl jedem Fan des Fantasygenres ein Begriff, stammen von ihm doch die berühmten „Scheibenwelt“-romane von denen insgesamt 85 Millionen Exemplare verkauft und die in 37 Sprachen übersetzt worden sind. Leider ist Pratchett 2015 verstorben, sodass er die Serienadaption seines Romans „Ein gutes Omen“nicht mehr miterleben konnte. Pläne für eine Verfilmung gab es schon seit 2002, bei denen Terry Gilliam an der Drehbuchfassung arbeitete. Laut seiner Aussage sagten sogar Robin Williams und Johnny Depp ihre Mitwirkung zu. Das Projekt scheiterte jedoch am fehlenden Geld und an der mangelhaften Zusammenarbeit von Gilliam und Depp. Der zweite Autor von „Ein gutes Omen“ist der bekannte Fantasy- und Science-fiction-autor Neil Gaiman, aus dessen Feder beispielsweise „Der Sternwanderer“und „American Gods“stammen. 2017 wurde dann endlich bekanntgegeben, dass es eine sechsteilige Miniserie mit Neil Gaiman, nicht nur als Drehbuchautor, sondern auch als ausführender Produzent und Showrunner geben würde. Etwas Besseres hätte „Good Omens“nicht passieren können. Die Serie hält sich erstaunlich genau an die Buchvorlage und auch kleinste Details wurden durch das Creative Department umgesetzt. Ebenso der Wunsch von Pratchett und Gaiman bezüglich ihrer Traumbesetzung ging mit David Tennant als Dämon Crowley in Erfüllung. Tennant hat eine beeindruckende Filmografie aufzuweisen und wird von vielen als beliebtester „Doctor Who“-darsteller gefeiert. Michael Sheen, der den Engel Erziraphael verkörpert, dürfte Fans der „Underworld“-reihe ein Begriff sein, wo er Lucian spielt. Und was soll man sagen – beide Hauptdarsteller treffen ihre Figuren absolut auf den Punkt und man kann sich einfach niemand anderen dafür vorstellen.
Queen Rocks!
Umrahmt wird die Handlung von einem Soundtrack der direkt ins Ohr geht und dort auch noch eine Zeit lang verweilt. Die Soundqualität und Dynamik lassen nichts zu wünschen übrig. Funfact: In Crowleys Bentley spielt scheinbar ein Best-of-queen-album, so wird die Handlung in zahlreichen Szenen von Queen mit den passenden Songs begleitet und unterstrichen. Das Hd-bild sieht mit seiner immensen Schärfe, dem brillanten Kontrast und den satten Farben absolut traumhaft aus. Seltsamerweise wurde die Serie zunächst auf DVD veröffentlicht, was mächtig viel visuelles Potenzial verschenkt hat – pure Blasphemie! Auf Amazon Prime Video lief die Serie nämlich in augenöffnender 4K-auflösung, weshalb selbst bei der Blu-ray-veröffentlichung noch Platz nach oben ist. Fans der Serie haben auch nach Abschluss der sechs Episoden noch einiges, worauf sie sich freuen dürfen, nämlich in Form des insgesamt einstündigen Bonusmaterials. Die Zuschauer dürfen sich dabei auf die entfernten Szenen, einer Führung durch den Buchladen, einem Exkurs zu Erziraphael und Crowley und der Welt von „Good Omens“im Allgemeinen freuen und noch einiges mehr. Insgesamt lässt die Miniserie die Herzen von Fans der Romanvorlage und des Fantasy-genres höher schlagen. Besonders bemerkenswert ist, dass sie eigentlich in kein richtiges Genre eingeordnet werden kann. Während das Setting und die Handlung in Richtung Fantasy geht und die apokalyptischen Hintergründe eher einem Drama zuzuschreiben wären, sorgt die Bromance zwischen Crowley und Erziraphael für Schmunzeln und Feel-good-momente.