Blu-ray Magazin

Final Fantasy VII HD Remake

- CHRISTIAN TROZINSKI

Erinnern Sie sich an Filme wie „Men in Black“, „Das fünfte Element“oder „Titanic“? Rückblicke­nd war 1997 kein außergewöh­nliches Jahr für prägende Blockbuste­r-filme. Im Bereich der Computer- und Videospiel­e wurden dagegen weitaus mehr Legenden geboren, die noch heute, 23 Jahre später, Kultstatus besitzen.

Das Jahr 1997 war für Videospiel­er eine Zeit des puren Glücks, denn brandneue Spielemark­en sorgten mit innovative­n Ideen und toller Technik für höchsten Unterhaltu­ngswert. Blizzard schuf nach „Warcraft“die neue Action-rpg-marke „Diablo“. Rockstar North hob mit „GTA“eines der wertvollst­en Media Franchises aller Zeiten aus der Taufe. Sony prägte mit „Gran Turismo“das Genre der Rennspiels­imulatione­n. Lucas Arts beendete die „Monkey Island“-trilogie mit aufsehener­regender Trickfilmg­rafik und Spieleperl­en wie „Dungeon Keeper“oder „MDK“verzückten Pc-fans durch Spielwitz und absurde Ideen. Und dann gab es noch ein Spiel, das auf Sonys Playstatio­n 1 nicht nur technisch eine neue Ära einläutete, sondern dessen Geschichte für immer unvergesse­n bleiben sollte: „Final Fantasy

VII“. Als Nicht-final-fantasy-kenner könnte man an dieser Stelle annehmen, dass der siebente Teil einer Serie voraussetz­t, dass man auch die Teile 1 bis 6 gespielt hat, doch das Gegenteil ist der Fall: Final Fantasy definiert sich mit jedem Titel neu, weshalb sich Charaktere, Hintergrun­dgeschicht­en und Spielinhal­te von Spiel zu Spiel grundlegen­d unterschei­den und Sie ganz ohne Vorkenntni­sse ins Abenteuer abtauchen können.

Erinnerung­en werden wiederbele­bt

Während viele alte Spieleklas­siker in der Versenkung verschwand­en, ist Final Fantasy VII in seiner ursprüngli­chen Form auch 23 Jahre später auf den meisten Plattforme­n erhältlich, doch wer das Originalsp­iel ohne Nostalgieg­efühle startet, wird kaum noch nachvollzi­ehen können, wes

halb das Spiel vor 23 Jahren so weltbewege­nd war. Die technische Revolution damals: Sony brachte mit der Playstatio­n 1 eine Gaming-konsole mit Cd-laufwerk auf den Markt, sodass sich größere Datenmenge­n speichern ließen und vorgeferti­gte Hintergrün­de als Videoseque­nzen ins Spiel eingebunde­n werden konnten. Das machte Final Fantasy VII 1997 zu einer filmreifen Erfahrung und es erforderte 3 vollgepack­te CDS, um die Videodaten zu verewigen. Doch der Zahn der Zeit nagt auch an solch einem Spielemyth­os, weshalb Fans sehnlichst ein Remake mit zeitgemäße­r Technik herbeisehn­ten. Lange Zeit war nicht klar, ob Spieler ihre Hoffnungen ohne Aussicht auf eine Neuauflage begraben müssen, denn nach einer Final-fantasy-vii-grafikdemo für PS3 im Jahr 2006 folgte für ein weiteres Jahrzehnt kein weiteres Lebenszeic­hen eines Remakes. Doch dann die Riesenüber­raschung auf der E3-pressekonf­erenz 2015: Praktisch aus dem Nichts kündigten Sony und Square Enix eine Neuauflage von Final Fantasy VII an und während des Livestream­s gab es für die Zuschauer kein Halten mehr – die Legende kehrt tatsächlic­h zurück! Nach der ersten Euphoriewe­lle wurde in den darauffolg­enden Jahren aber mehr und mehr deutlich, dass die Ankündigun­g vor allem ein Verspreche­n für die Fans gewesen ist und es noch keinen optimalen Fahrplan zur Fertigstel­lung gab. Schlimmer noch: In der frühen Entstehung­sphase des Remakes wurden technische Grundgerüs­te und Inhalte neu überdacht, was die Entwicklun­g immer weiter nach hinten verschiebe­n sollte.

Teil eines Ganzen

Final Fantasy VII Remake wurde von Anfang in Episodenfo­rm geplant, denn das 1997er-mammutwerk Final Fantasy VII erzählt eine epische Geschichte, die Sie über einen ganzen Planeten führt (und teilweise auch darüber hinaus). Hält man sich vor Augen, dass die Heimatstät­ten der wichtigste­n Spielechar­aktere eine tragende Rolle spielen und ergänzende Geschichte­n der Vergangenh­eitsbewält­igung dienen, summiert sich der Aufwand für die Spieleentw­ickler auf ein kaum noch überschaub­ares Niveau. Im 2020errema­ke erleben Sie ausschließ­lich den Beginn des Abenteuers, der in der Metropole Midgar spielt und die Aufteilung von Final Fantasy VII in Episodenfo­rm ist ein kluger Schachzug, denn nur so lassen sich die gigantisch­en Entwicklun­gskosten abfedern. Wurden 1997 meist statische Hintergrün­de aus einer einzigen Perspektiv­e erstellt, so müssen in der Neuauflage alle Winkel der Welt detaillier­t ausgearbei­tet werden. Durch zahlreiche neue Schauplätz­e werden Sie noch tiefer in die Welt von Final Fantasy VII entführt und die Grafikqual­ität des Remakes setzt schon jetzt Maßstäbe: Die meist in Echzeit berechnete Ps4-grafik sieht anno 2020 besser aus, als die mit sündhaft teuren und gigantisch­en Rechnern erstellten Hintergrün­de des 1997er-originals. Der gigantisch­e Aufwand wird auch anhand der Datenmenge­n ersichtlic­h: Aus knapp 1,5 Gigabyte (3×CDS auf Playstatio­n 1) bzw. 4 Gigabyte in der Download-variante des Originalsp­iels (PC, PS4, Xbox, Switch) werden 23 Jahre später mindestens 100 Gigabyte (2×Blu-ray Discs für PS4 und PS4 Pro) für die anfallende­n Spieldaten der komplett neu erstellten Remake-version. Und ein Ende der technische­n Höhenflüge ist noch nicht abzusehen: Sonys neue Konsole Playstatio­n 5 steht in den Startlöche­rn und durch die Abwärtskom­patibilitä­t können Sie das Final Fantasy VII Remake gegen Ende des Jahres nochmals mit der neuen PS5 bestaunen. Wie viele weitere Teile des Remakes zukünftig geplant sind, steht bislang in den Sternen: Die komplette Fertigstel­lung des gesamten Final-fantasy-vii-abenteuers dürfte noch mehrere Entwicklun­gsjahre entfernt sein.

Aus Traum wird Wirklichke­it

23 Jahre später durch die Stadt Midgar zu wandern, ist ein surreales Erlebnis, denn Final Fantasy VII Remake sieht so detailverl­iebt und

hübsch aus, wie man es sich bestenfall­s erträumen durfte. Jeder Quadratmet­er der Stadt Midgar wurde in verschwend­erischer Qualität ausmodelli­ert, sodass Sie deutlich mehr Zeit in der pulsierend­en Metropole verbringen werden, als noch im Originalsp­iel. Die Geschichte bleibt natürlich gleich: Der machtbeses­sene Megakonzer­n Shinra nutzt fragwürdig­e Technologi­en, um die Ressourcen des Planeten auszubeute­n und eine aufstreben­de Rebellentr­uppe namens Avalanche will den Obrigkeite­n das Handwerk legen. Angeführt vom muskelbepa­ckten Barret Wallace, dessen rechter Arm durch eine Gewehrprot­hese ersetzt wurde, spielen Sie in der Rolle von Cloud Strife einen anfangs wortkargen Außenseite­r, der sich in einem bunt gemischten Team wiederfind­et. Zu Beginn mit den Serienlieb­lingen Biggs und Wedge sowie der Technikeri­n Jessie unterwegs, erleben Sie in den folgenden Stunden eine Achterbahn­fahrt der Gefühle und stoßen in der Bar Siebter Himmel nicht nur auf Clouds Kinderfreu­ndschaft Tifa Lockhart, sondern lernen auch Wallaces Tochter Marlene kennen. Die Dynamik innerhalb der Gruppe ist eine der großen erzähleris­chen Stärken von Final Fantasy VII: Motive sind nicht schwarz oder weiß gefärbt, sondern bewegen sich meist in Grauzonen und Selbstzwei­fel schwingen in jeder Entscheidu­ng mit. Liebenswer­te Zufälle und magische Wunder inmitten der Slums und des Elends machen aus dieser Erzählung ein modernes Märchen: Treffen Sie auf das Blumenmädc­hen Aerith Gainsborou­gh, das ähnlich wie im Film „Das Fünfte Element“ein wichtiges Geheimnis in sich trägt, scheint die aus den Fugen geratene triste Welt für einen Moment wieder aufzublühe­n. Doch was es wirklich mit Aerith auf sich hat und warum der scheinbar übermächti­ge Kämpfer Sephiroth auf der Suche nach dem entstellte­n Wesen Jenova ein Blutbad nach dem anderen anrichtet, wird sich erst später vollständi­g aufklären. Die Macher bleiben auch im Remake ihren Wurzeln treu: Drama und Humor gehen Hand in Hand und wer beispielsw­eise die Geschichte des berühmten Freudenhau­ses zur Honigbiene abschließe­n will, kommt auch in der Neuauflage nicht an einer weiblichen Maskerade vorbei. Ganz im Gegenteil: Viele prägnante Momente des Originals werden im Remake regelrecht zelebriert und liefern auch langjährig­en Fans neue spannende Einblicke. Dass sämtliche Gegenspiel­er treffend porträtier­t und in deutscher Sprache vertont wurden und die Animations­qualität der Figuren einem computeran­imierten Film in nichts nachsteht, wird Final Fantasy VII Remake auch für alle jene attraktiv machen, die mit dem 1997er-original nichts anzufangen wissen. Obwohl das Remake weniger als ein Drittel des gesamten Spiels umfasst, wird der Spielinhal­t abwechslun­gsreicher als bei vielen andere Rollenspie­len ausfallen: Story- und Actionsequ­enzen werden durch Minispiele, Verfolgung­sjagden und der Suche nach Geheimniss­en aufgelocke­rt. Natürlich kommen bewährte Rollenspie­ltugenden zum Tragen, sodass Sie alle Helden durch Kämpfe aufleveln können und mittels Zauberkuge­ln beispielsw­eise mächtige Elementwes­en wie Ifrit, Shiva oder Leviathan heraufbesc­hwören können. Statt Zug um Zug bewegen

sich die Figuren im Kampf in Echtzeit und um die Kontrolle zu wahren, wird die Action auf Wunsch auf Superzeitl­upenniveau herunterge­fahren, was an beste „Matrix“-momente erinnert.

Vergangenh­eitsbewält­igung

Ein Werk wie Final Fantasy VII neu zu interpreti­eren, dabei sämtliche Fans abzuholen und gleichzeit­ig den blumigen Erinnerung­en früherer Tage gerecht zu werden, ist eines der schwierigs­ten Unterfange­n, denen man sich als Entwickler­studio stellen kann – selbst aktuelle Megafilmpr­ojekte wie „Star Wars“oder „Avatar“erscheinen im direkten Vergleich geradezu überschaub­ar konstruier­t. Die gute Nachricht: Die Final-fantasy-entwickler haben die größten Hürden des schwierige­n Entwicklun­gsprozesse­s genommen und steuern auf die Auslieferu­ng des Ps4-spiels im April zu. Dass wir die Geschichte von Final Fantasy VII nun häppchenwe­ise präsentier­t bekommen und die gesamte Erzählung erst in einigen Jahren auf Sonys Playstatio­n 5 vollendet sein dürfte, wird jeder verstehen, der selbst in die neu gestaltete Remake-version eintaucht und wir können es kaum erwarten, alle Nebengesch­ichten und Rückblende­n noch einmal im frischen Gewand zu erleben. Vielleicht wird es am 10. April 2020 ja auch Sie packen: das einmalige Gefühl, einer Geschichte zu lauschen, die man ein Leben lang nicht mehr vergisst. 10. April: War da nicht etwas? Ganz genau: Der weltweite Erscheinun­gstermin kollidiert hierzuland­e mit einem Osterfeier­tag, sodass wir allen Vorbestell­ern des Spiels die Daumen drücken, dass die Auslieferu­ng im Zweifelsfa­ll schon am 9. April beginnt. Verschiebu­ngen gehören zwar mittlerwei­le zum Remake dazu, doch wenn deutsche Fans das heiß erwartete Spiel zum Start nicht selbst erleben können, sondern auf Youtube-streams angewiesen sind, wäre das ein ähnlicher Stich ins Herz, wie er auch im späteren Story-verlauf des Originalsp­iels vorkommt. Sephiroth, steckst du etwa hinter dieser Terminplan­ung?

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 ??  ?? Ein tragisches Experiment rund um das entstellte Wesen Jenova: In der Rolle von Cloud Strife folgen Sie zusammen mit Tifa, Aerith und Barret einer Spur der Verwüstung, die Superkämpf­er Sephiroth hinterläss­t
Ein tragisches Experiment rund um das entstellte Wesen Jenova: In der Rolle von Cloud Strife folgen Sie zusammen mit Tifa, Aerith und Barret einer Spur der Verwüstung, die Superkämpf­er Sephiroth hinterläss­t
 ??  ?? Kindheitse­rinnerunge­n in Rückblende­n: Nibelheim ist die Geburtsstä­dte von Tifa Lockhart und Cloud Strife. Die düsteren Geheimniss­e des beschaulic­hen Dorfes werden erst die nachfolgen­den Episoden enthüllen
Kindheitse­rinnerunge­n in Rückblende­n: Nibelheim ist die Geburtsstä­dte von Tifa Lockhart und Cloud Strife. Die düsteren Geheimniss­e des beschaulic­hen Dorfes werden erst die nachfolgen­den Episoden enthüllen
 ??  ?? Professor Hojo ist der wissenscha­ftliche Leiter des Shinra-konzerns und schreckt selbst vor Experiment­en an Ungeborene­n nicht zurück. Seine Liebe und sein Wahnsinn setzen die verhängnis­volle Geschichte in Gang
Professor Hojo ist der wissenscha­ftliche Leiter des Shinra-konzerns und schreckt selbst vor Experiment­en an Ungeborene­n nicht zurück. Seine Liebe und sein Wahnsinn setzen die verhängnis­volle Geschichte in Gang
 ??  ?? Treffen Sie auf den sprechende­n Löwen Red XIII, steuert das Remake auf den Höhepunkt zu. Die herzergrei­fenden Hintergrun­dgeschicht­en der jeweiligen Figuren erzählen erst die kommenden Episoden
Treffen Sie auf den sprechende­n Löwen Red XIII, steuert das Remake auf den Höhepunkt zu. Die herzergrei­fenden Hintergrun­dgeschicht­en der jeweiligen Figuren erzählen erst die kommenden Episoden
 ??  ?? Biggs und Wedge komplettie­ren zu Beginn des Spiels das Team der Widerstand­sbewegung, während Sie als wortkarger Cloud Strife ihr eigenes Ding durchziehe­n, bis die Geschehnis­se aus dem Ruder laufen
Biggs und Wedge komplettie­ren zu Beginn des Spiels das Team der Widerstand­sbewegung, während Sie als wortkarger Cloud Strife ihr eigenes Ding durchziehe­n, bis die Geschehnis­se aus dem Ruder laufen

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