| Porträt: Heinz Rühmann (Teil 1)
Anfang nahm, der hierzulande als der schwarze Freitag bekannt ist. Was der Komiker dem gebeutelten Publikum in diesen Zeiten der Existenzängste und des Elends anbot, war Zerstreuung und Ablenkung mittels harmloser Heiterkeit und einer heilen, kleinbürgerlichen Idylle – dieses Erfolgsrezept sollte sich für Rühmann auch in den späteren Jahren des Krieges bezahlt machen. Doch schon „Die Drei von der Tankstelle“griff auf offensichtlich unverfängliche Weise die Sorgen der einfachen Leute in der Wirtschaftskrise auf. So werden zu Beginn der Handlung die drei Freunde und Lebemänner vom Gerichtsvollzieher heimgesucht, der nahezu ihren gesamten Besitz beschlagnahmt. Ihnen bleibt lediglich ihr Auto, von dessen Erlös sie eine Tankstelle kaufen, um irgendwie Geld verdienen zu können. Dass sich die Drei im Laufe des Films quasi ganz nebenbei zum Direktorenposten einer großen Öl- und Benzingesellschaft aufwärts singen und tanzen, lässt alle Sorgen aber rasch vergessen. In diesen frühen Ufa-jahren drehte Rühmann neben seinen Theaterauftritten um die fünf Filme pro Jahr und etablierte seine Paraderolle als „der kleine Mann“: ein schelmischer Kleinbürger, der frech und gewitzt ist, aber auch nie richtig erwachsen geworden, im Kern spießbürgerlich und bieder, der aber auch den Widrigkeiten des Lebens und den Mächtigen trotzt und es doch zu etwas bringt. Filme wie „Der brave Sünder“von 1931, in dem Rühmann als rechtschaffener Kassierer die betrügerischen Pläne seines Bankdirektors vereitelt, oder auch Komödien wie „Man braucht kein Geld“stehen exemplarisch für diese Erfolgsmasche.
Das Jahr 1933 verändert alles
Die frühen 1930er waren turbulente Jahre für Rühmann, in denen er gut verdiente und sich mit seinen Freunden, dem Profiboxer Max Schmeling und dem hochdekorierten Jagd- sowie prämierten Kunstflieger Ernst Udet, ins Nachtleben stürzte. Den Aufmarsch der braunen Horden auf den Straßen tat er unbekümmert als bösen Spuk ab. Doch mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 konnte auch Rühmann sich diesem „Spuk“nicht mehr entziehen. Bereits im März desselben Jahres begannen die Nazis, jüdische Mitarbeiter aus den Reihen der Ufa zu entfernen. Filmleute wurden nun zentral erfasst und mussten Fragebögen der Reichsfilmkammer zu ihrer Herkunft ausfüllen und auch Angaben zu ihren Ehepartnern machen. Das brachte Rühmann in eine heikle Lage, denn seine damalige, vier Jahre ältere Ehefrau Maria Bernheim, ebenfalls Theaterschauspielerin, war Jüdin. Rühmann wich aus, so gut er konnte und trug im Fragebogen ein, sie sei „keiner Religion zugehörig“. Zudem gab er sich selbst als Mitglied des Kampfbundes für deutsche Kultur aus – eine Maßnahme, die als Schutz für sich und seine Frau interpretiert werden kann, die aber wohl vornehmlich auch der Absicherung seiner Karriere diente.
1934 wurde Rühmann gezwungen, sich von seinem bisherigen Manager Otto Bernheim, dem Bruder seiner Ehefrau, zu trennen. Maria Bernheim flüchtete nach Wien und Rühmann durfte fortan aufgrund ihrer jüdischen Herkunft nur mit einer Sondergenehmigung drehen. Propagandaminister Joseph Goebbels hatte bereits die Gewalt über die Filmstudios in Babelsberg übernommen und verpflichtete viele Schauspieler zu „filmischen Beistand“für die Politik der Nationalsozialisten. Auch Reichsmarschall Hermann Göring besuchte nun regelmäßig die Filmstudios und seine Gestapo-spitzel wurden Dauergäste hinter den Kulissen.
In dieser Zeit drehte Rühmann recht wahllos Filme, um seine Fliegerleidenschaft zu finanzieren. In seiner Stammrolle als kleinbürgerlicher Schelm trat er in diversen operettenhaften Komödien an der Seite von Theo Lingen und Hans Moser auf wie zum Beispiel „Der Himmel auf Erden“(1935) oder „Ungeküsst soll man nicht schlafen gehn“(1936).
Nichts ist mehr privat
Unter Goebbels gewann der deutsche Film enorm an Beliebtheit und wurde so erfolgreich wie noch nie zuvor und auch nie wieder danach. Rühmann drehte nun auch seine ersten Filme mit dem wohl größten Ufa-star jener Tage: Hans Albers. In „Der Mann, der Sherlock Holmes war“von 1937 spielte er den falschen Dr. Watson an der Seite von Albers als der falsche Sherlock Holmes. Albers, der später mit den ersten Farbfilmen wie „Münchhausen“(1943) und „Große Freiheit Nr. 7“(1944) zum Aushängeschild der Ufa wurde, bildete zusammen mit Rühmann ein äußerst erfolgreiches Gespann, auch wenn die beiden im Privatleben nie enge Freunde wurden. „Der Mann, der Sherlock Holmes war“wurde hingegen zum Kassenschlager. 1938 landete Rühmann mit dem Lied „Ich brech‘ die Herzen der stolzesten Frau‘n“, das er erstmals in der Komödie „Fünf Millionen und ein Erbe“darbot, einen veritablen Schlagerhit. Der Song vom schüchternen Weiberhelden und verhinderten Draufgänger passte perfekt zu seinem Image. Zu jener Zeit wurden Rühmann auch mehrere Liebschaften mit Schauspielerkolleginnen nachgesagt und er erwarb sich den Ruf eines Schwerenöters. Inzwischen hatte sich Rühmann schon längst von seiner Frau Maria entfremdet. Beide lebten bereits seit mehren Jahren getrennt. Im selben Jahr, 1938, fragte die faschistische und nationalsozialistische Zeitschrift „Der Samann“beim Propagandaministerium an, warum Rühmann als Ehemann einer Jüdin in Deutschland überhaupt noch filmen dürfe. Die Karriere des beliebten Komikers war nun ernsthaft gefährdet, denn laut den Nürnberger Rassengesetzen von 1935 waren sogenannte „Mischehen“
zwischen Juden und Nichtjuden verboten. Doch Rühmann hatte einflussreiche Freunde. Sein Kollege, der Intendant des preußischen Staatstheaters, Gustaf Gründgens (bekannt als Verbrecherkönig aus „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“von 1931), auf dessen Karriere unter dem Ns-regime der Schlüsselroman „Mephisto“von Klaus Mann basiert, unterhielt enge Beziehungen zu Hermann Göring. Über Görings Ehefrau ermöglichte er Rühmann eine Audienz beim Reichsmarschall auf dessen Anwesen Carinhall. Göring hatte sogleich einen Vorschlag, um das Problem mit Rühmanns jüdischer Ehefrau „elegant“aus der Welt zu schaffen: Rühmann sollte sich scheiden lassen und Maria Bernheim einen neutralen Ausländer heiraten. Rühmann folgte prompt diesem Plan und arrangierte kurz nach der Scheidung eine Scheinehe mit einem schwedischen Schauspieler, dem er zum Dank einen Sportwagen schenkte. Aus heutiger Sicht ist es natürlich äußerst spekulativ, daraus Rühmanns persönliche Motive abzulesen. Wollte er mit dieser Tat vor allem seine damalige Frau schützen oder vordergründig seine Karriere vor dem vorzeitigen Ende bewahren? Der Effekt war jedenfalls der gleiche: Rühmann wurde nach der Scheidung von der sogenannten „Judenliste“gestrichen und durfte seine Schauspielerkarriere unbehelligt fortführen. Es scheint sogar, dass er für seine Folgsamkeit belohnt wurde, denn nun durfte er sich einen lange gehegten Traum erfüllen und selbst Regie führen.
Während des Drehs zu seiner ersten Regiearbeit, „Lauter Lügen“, lernte er die junge Schauspielerin Herta Feiler kennen und beide verliebten sich. Nach der Scheidung von Bernheim stand einer erneuten Heirat ohnehin nichts mehr im Wege. Rühmann hatte ein paar Jahre zuvor ein luxuriöses Anwesen am kleinen Wannsee in Berlin mit einem dazugehörigen Wassergrundstück von 3000 m² erworben und war in diesem Fall auch ein Nutznießer der Judenverfolgung gewesen, da der jüdische Vorbesitzer das Haus für gerade mal die Hälfte des Wertes verkaufen musste, um Deutschland schnellstmöglich verlassen zu können. Nach der Hochzeit bezogen die Rühmanns jenes Haus am Wannsee zusammen mit Herta Feilers Mutter, die selbst eine Tochter jüdischer Eltern war und somit als „Halbjüdin“galt. So erhielt auch Herta Feiler, die keinen rein arischen Stammbaum nachweisen konnte, ihre Arbeitsgenehmigung als Schauspielerin nur deshalb, weil sie die Frau des beliebten und angesehenen Heinz Rühmann war.
Krieg und Propaganda
Zwei Monate nach Rühmanns Heirat begann im September 1939 mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen der Zweite Weltkrieg. Damit stieg auch des Bedürfnis der deutschen Bevölkerung nach harmloser Ablenkung und Zerstreuung exponentiell an. Für die Filmstudios in Babelsberg begannen so überaus produktive Jahre, in denen permanent im Hochbetrieb gearbeitet wurde. Für viele Ufa-stars und auch für Rühmann bedeutete das nochmals einen ordentlichen Karriereschub. Zusammen mit seiner Frau drehte Rühmann mehrere Filme wie „Hurra! Ich bin Papa!“(1939) und „Hauptsache glücklich“(1941), die das Publikum mit rührseligen Szenen einer kleinbürgerlichen Familienidylle sedierten. Aber auch Filme wie „Kleider machen Leute“(1940), die heute durchaus zurecht noch einen gewissen Klassikerstatus haben, fallen in diese Zeit.
Es sind aber auch jene Jahre, in denen die Ufa unter Goebbels die schlimmsten und verächtlichsten Machwerke produzierte. So wurde 1940 der zutiefst antisemitische und volksverhetzende Propagandafilm „Jud Süß“gedreht, der nachweislich zum Pflichtprogramm für Ss-soldaten wurde, kurz bevor sie brutalste Massaker an jüdischen Männern, Frauen und Kindern begangen. Goebbels verpflichtete die meisten Schauspieler unter Zwang, an diesem Film mitzuwirken. Heinz Rühmann wurde jedoch weitestgehend von solchen Nötigungen verschont, was wohl an seiner Popularität, aber auch an seinen Rollen als Spaßmacher und schusseliger Kleinbürger gelegen haben dürfte. Rühmanns Karriere gedieh in den Kriegsjahren ohnehin prächtig. Inzwischen war er Leiter einer eigenen Produktionsgruppe, verdiente das Dreifache seines früheren Jahresgehalts, profitierte von Steuererlässen und erhielt, wie auch andere Ufa-stars, Geldgeschenke vom Filmenthusiasten Hitler persönlich. Rühmann wurde sogar eine besondere Nähe zu Joseph Goebbels nachgesagt. Zumindest drehte Rühmann 1940 persönlich für diesen einen Geburtstagsfilm, in welchem dessen Kinder eine Trachtenkapelle nachstellten. Es war jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt seit mehreren Jahren üblich, dass für Goebbels jedes Jahr ein Geburtstagsfilm produziert wird. Die Frage, ob Rühmann dies also aus Nähe zum Propagandaminister tat oder ob er einfach nur aus Vorsicht spurte, führt wieder tief ins Reich der Spekulationen. Letzteres mag wohl aber aufgrund von Rühmanns exponierter Position als Publikumsliebling höchstwahrscheinlich zugetroffen haben. Und dass Rühmann sich bewusst aus allem Politischen raus hielt und mit Absicht keine klare Position gegen die Nazis vertrat, um die eigene Karriere zu sichern, scheint rückwirkend ohnehin eine Tatsache zu sein.
Wenn sie mich nur fliegen lassen
Nicht verleugnen lässt sich aber, dass sich auch Rühmann an der Propaganda der Nazis beteiligte. Seine Darbietung des Schlagerlieds „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“wurde zu einer der erfolgreichsten Durchhalteparolen neben Liedern wie Zarah Leanders „Davon geht die Welt nicht unter“oder „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh‘n“. Rühmann fügte
sich auch den Anfragen, beim Radiowunschkonzert für Soldaten an der Front mitzuwirken, und sang dort auf der Bühne unter anderem Hetzlieder gegen den Kriegsfeind England. Anfang der 1940er Jahre absolvierte Rühmann zudem eine vierwöchige Ausbildung zum Abwehrflieger, wahrscheinlich um sich selbst vor der Einberufung zu schützen. Diese soldatischen Verpflichtungen und vor allem eine spätere Präsentation in der Wochenschau, die ihn als prominenten Kurierflieger inszenierte, sollten nach Ende des Krieges noch zu Problemen führen. So war Rühmann aber auch zu Kriegszeiten einer der sehr wenigen, denen es als Privatperson weiterhin erlaubt war, zu fliegen.
1941 durfte Rühmann sogar vor der Kamera als Pilot hinters Steuer in der Komödie „Quax, der Bruchpilot“. Der Film war einer von Rühmanns größten Erfolgen und seine Filmsprüche wurden zu Alltagskalauern der Deutschen. Beispielhaft ist unter anderem jene Szene, in der Quax im Film eine Bruchlandung in einem kleinen Tümpel hinlegt, aus dem Flugzeug kletternd ins Wasser plumpst und dabei in seiner unbeholfenen und doch schlagfertigen Art den Satz zum Besten gibt: „Hier... hier... hiermit eröffne ich die Badesaison.“„Quax, der Bruchpilot“war nachgewiesenermaßen auch einer von Hitlers persönlichen Lieblingsfilmen, den sich dieser immer wieder anschaute. Inhaltlich spielt die Handlung zwar in einem zivilen Kontext, propagiert aber ganz eindeutig soldatische Disziplin und völkische Fliegerkameradschaft.
Die Schrecken des Krieges und der Ns-herrschaft gehen nun auch an Rühmann nicht mehr spurlos vorüber. Im selben Jahr, in dem „Quax, der Bruchpilot“erscheint, beging Rühmanns langjähriger Fliegerfreund Ernst Udet, der zuletzt zum General des Reichsluftfahrtministeriums ausgestiegen war, Selbstmord, was für ihn wohl als der einzige Ausweg erschien, sich der Diktatur und der Kriegsmaschinerie der Nazis zu entziehen. Offiziell wurde verlautet, er sei bei einer „Erprobung“verunglückt.
Rühmann drückt die Schulbank
Viele Filme konnte Rühmann aufgrund der bitteren und stetig wachsenden Entbehrungen des Krieges nun auch nicht mehr drehen. Doch sein größtes Glanzstück sollte erst noch folgen. Die Rolle des Lausebengels, der noch einmal die Schulbank drückt, hatte Rühmann schon oft in seiner Karriere gegeben. Und so verfilmte er 1944 (bereits zum zweiten Mal) Heinrich Spoerls Roman „Die Feuerzangenbowle“. Doch die Dreharbeiten fanden unter widrigen Bedingungen statt und mussten regelmäßig wegen Flieger- und Bombenalarm abgebrochen werden. Nach Abschluss des Drehs mussten zudem die jungen Schauspielerinnen wieder zurück in die Rüstung und die jungen Schauspieler, die für die Produktionsdauer vom Militär freigestellt waren, wieder zurück an die Front. Nachdem Goebbels den Film sichtete, wollte er den Filmstart sofort verbieten lassen. So viel Heiterkeit hielt er schlichtweg für unangemessen und zudem würde die Lehrerschaft ungebührlich ins Lächerliche gezogen. Das konnte und wollte Rühmann nicht auf sich sitzen lassen. Er widersetzte sich direkt Goebbels Entscheidung, was zuvor in dieser Form noch kein anderer Ufa-schauspieler oder Regisseur gewagt hatte. So schnell er konnte, begab er sich mit einer Filmkopie im Gepäck in einen Sonderzug der Wehrmacht Richtung Führerhauptquartier, um „Die Feuerzangenbowle“Hitler persönlich zu präsentieren. Der Diktator war bekanntlich ein großer Filmliebhaber, der einen Faible für Lustspiele, Operetten und sentimentale Liebesgeschichten hatte, aber alles, was ins Groteske und Melodramatische ging, verabscheute. So wollte Hitler lediglich wissen, ob der Film zum Lachen sei und gab diesen einen Tag später für den Kinostart frei. „Die Feuerzangenbowle“wurde daraufhin zu Rühmanns allergrößtem Erfolg und bleibt bis heute sein erfolgreichster und beliebtester Film überhaupt. Rühmanns letzter Film, den er als Regisseur und Hauptdarsteller 1944 in Nazideutschland drehte, war die Fortsetzung zu „Quax, der Bruchpilot“namens „Quax in Afrika“. Dieser Film ist – man kann es einfach nicht anders sagen – ein rassistisches Machwerk, in dem Rühmann immer wieder abfällige Witze und sexuell anzügliche Kommentare über die afrikanischen Ureinwohner von sich gibt. Die Szenen in Afrika wurden in Brandenburg mit Palmen aus dem botanischen Garten gedreht. In der zweiten Reihe der gefilmten Afrikaner standen schwarz angemalte Mitarbeiter der Ufa. Die schwarzen Komparsinnen wurde gezwungen, im Film ihre nackten Brüste zu entblößen, um das deutsche Kolonialbild der Afrikaner als unzivilisierte Wilde zu bedienen. Am Ende des Films macht Rühmann mit seinem Flugzeug aus der Luft sogar Jagd auf die „Wilden“. Zu seiner Rechtfertigung behauptete Rühmann später, er hätte mit diesem Film lediglich die Beteiligten vor dem tödlichen Fronteinsatz bewahren wollen. Allerdings hätte er das sicher auch mit einem weitaus weniger rassistischen und weniger menschenverachtenden Film bewerkstelligen können. Zudem wurde „Quax in Afrika“zu Zeiten des Ns-regimes nie in den Kinos gezeigt, sondern erst viel später im Jahre 1953 herausgebracht. Sollte der Film also wirklich nur zum Schutz der Beteiligten Akteure gedient haben, stellt sich die Frage, warum er überhaupt noch einmal, lange nach Ende des Zweiten Weltkrieges, veröffentlicht wurde.
Rühmann überlebt
In den letzten Kriegstagen wurde Rühmanns Haus durch einen Bombenangriff zerstört. Nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands
erlitten manche seiner Schauspielerkollegen ein hartes Los. Ferdinand Marian, der Hauptdarsteller aus dem Propagandamachwerk „Jud Süß“, erhielt lebenslanges Spielverbot und starb kurze Zeit später bei einem Autounfall (wahrscheinlich war es Selbstmord). Heinrich George, der ebenfalls in vielen Durchhalte- und Propagandafilmen mitspielte, und das wohl oft auch gezwungenermaßen, wurde von den Sowjets verhaftet und starb todkrank unter elendigen Bedingungen in einem Gefangenenlager.
Rühmann selbst entging einem solchen Schicksal, durfte aber zunächst in den Westzonen nicht auftreten, da er dort als „belastet“galt. So tourte er mit Theateraufführungen des unverwüstlichen „Mustergatten“durch die sowjetische Besatzungszone und es lief unter diesen Umständen gut für ihn. Den Leuten dürstete es nach einem Lachen und ein Besuch bei Rühmanns Theaterkomödie kostete nur 1 Mark pro Aufführung. Zwischendurch musste Rühmann immer wieder zum Verhör nach Berlin. Zeit seines Lebens hatte er die Anklagen seiner Person als Ns-kollaborateur oder zumindest Nutznießer des Ns-regimes als durchweg unberechtigt dargestellt. In Interviews schwieg er dieses Thema stets beharrlich aus. Vor den Alliierten berief er sich darauf, sich kaum erinnern zu können. Anfangs wurde Rühmann noch von den Alliierten beschuldigt, Fliegeroffizier und Menschenschinder gewesen zu sein, doch diese Vorwürfe konnten wirksam entkräftet werden. So wurde Rühmann 1948 schlussendlich als „nicht betroffen“eingestuft. Man tut Heinz Rühmann auch aus heutiger Perspektive sicher unrecht, wenn man ihn als verblendeten Nazi abstempelt. Dazu war er viel zu sehr ein Komiker und Lebemann, der die Politik und Ereignisse von globaler Bedeutung ignorierte, wo er es nur konnte. Und sicher war er kein Faschist. Dass er aber ein Nutznießer des Ns-regimes war, dessen Karriere auch vom Krieg profitierte, und dass er sich bis zum Schluss einer klaren Haltung gegenüber den Nationalsozialisten entzog, lässt sich wohl nicht abstreiten. Doch Rühmann hat sich nicht umsonst als Publikumsliebling der Deutschen etabliert und gehalten. Auch seine Klassiker aus den Jahren vor 1945, wie „Der Mann, der Sherlock Holmes war“, „Kleider machen Leute“und allem voran „Die Feuerzangenbowle“, werden uns sicher noch länger erhalten bleiben. Wie es aber mit Rühmanns Schaffen und seinem Leben nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende der Ns-diktatur weiter ging, das soll in der nächsten Ausgabe ausführliche Beachtung finden.