Blu-ray Magazin

JABBERWOCK­Y Kein Monty-python-film

- LARS ZSCHOKE

Heute ist Terry Gilliam einer der bekanntest­en Namen in der Kinowelt. „Brazil“, „12 Monkeys“und „Angst und Schrecken in Las Vegas“sind als Klassiker in die Filmgeschi­chte eingegange­n. Mit „Jabberwock­y“ist nun auch sein Erstlingsw­erk endlich auf Blu-ray erhältlich.

Dennis Küfer (im englischen Original Cooper), gespielt von Sir Michael Palin, ist ein Einfaltspi­nsel, der sich durchs Leben treiben lässt. An seinem Totenbett bleibt seinem armen alten Vater nichts weiter übrig, als den unnützen Sohn als Buchhalter zu bezeichnen (mehrmals!). Eine schwere Schmach. Nach dem Tod des Vaters geht die Küferei zu Grunde und Dennis versucht sein Glück, nicht in der „Großen Stadt“(die existiert nämlich noch gar nicht) sondern am Burghof des Königs. Es ist die Zeit, als ein großes Unheil das Königreich heimsucht: der Jabberwock­y. Schnell wird ein Ritterturn­ier ausgerufen, um dem grausigen Ungeheuer den Garaus zu machen. Der Beste der Besten soll gegen die wandelnde

Scheußlich­keit antreten. Nach einer Reihe von Zufällen wird ausgerechn­et Dennis der Knappe des Siegers und muss sich letztendli­ch dem Monster stellen, ob er nun will oder nicht.

Regisseur Terry Gilliam begann seiner Karriere im Kader der Komikergru­ppe Monty Python in den späten 1960er Jahren. Er war vor allem für die Animatione­n verantwort­lich, hatte aber ebenfalls kleine Gastauftri­tte in der Serie selbst, wenn auch nur meistens im Hintergrun­d. Als Monty Python sich vornahm, die Kinowelt zum zweiten Mal zu erobern (der erste Kinofilm war der Sketch-kompilatio­nsfilm „Monty Python‘s wunderbare Welt der Schwerkraf­t“, 1971), teilten sich die beiden Terrys der Gruppe, Gilliam und Jones, das Zepter der Regie, was zu einem gesplittet­en Stil führte. Der Film war der legendäre „Die Ritter der Kokosnuss“von 1975. Während Jones’ Stil mehr in die dokumentar­ische Richtung zielte, hatte Gilliam einen eher langsamen, poetischen Führungsst­il. Nicht, dass es dem Film am Ende geschadet hat. Der dekonstruk­tive, dadaistisc­he Stil war ganz im Sinne der Truppe. Doch wollte Gilliam von nun an lieber selber Regie führen und sich nicht dazwischen reden lassen. „Jabberwock­y“ist der erste reine Terry-gilliam-film und basiert auf einem Gedicht von Lewis Caroll, welches aus dem zweiten Alice-roman „Alice hinter den Spiegeln“stammt.

Durch den massiven Erfolg von „Die Ritter der Kokosnuss“hatte die Produktion von „Jabberwock­y“sehr schnell etwas unter einer Million Dollar Etat zur Verfügung. Auch wenn Terry Gilliam Sir Michael Palin für die Hauptrolle engagierte, handelt es sich hierbei nicht um einen Monty Python Film. Doch wurde der Film durch diese Verbindung hierzuland­e bei erscheinen ebenfalls als „Monty Python’s Jabberwock­y“betitelt. Daraufhin legte der Regisseur rechtliche Schritte gegen diese Falschwerb­ung ein.

Schwarze Historienf­ilm-satire

Die Nähe zu Monty Python scheint dem Film am meisten geschadet zu haben. „Jabberwock­y“hat im Vergleich zu den anderen Gilliam-werken in der Vergangenh­eit recht wenig Liebe abbekommen. Gilliams alleiniges Regie-debüt ist keine Kaskade an anarchisti­schen Gags. Eine ernsthafte Geschichte mit satirische­n Unterton soll hier erzählt werden. Der schwarze Humor wird pointiert und sehr spärlich eingesetzt. Der Ton ist düster und die wenigen Gewaltszen­en (der Film hat zurecht eine FSK-16 Einstufung) werden nicht, wie bei Monty Python, mit einer humoristis­chen Spitze relativier­t. Den Anspruch, den die Mitglieder der Python-gruppe schon immer hegten, in ihre Comedy-szenarien eine Portion historisch­e Korrekthei­t und Authentizi­tät zu bringen, wird auch bei „Jabberwock­y“sichtbar. Hier ist alles dreckig und es fließt Blut. Die größte Schwäche, die sich die Geschichte leistet, liegt in der Figur des Protagonis­ten Dennis Küfer. Er ist, salopp ausgedrück­t, ein Schwachkop­f. Ein Schwachkop­f, der seiner Zeit weit voraus ist. Er ist zu intelligen­t fürs Mittelalte­r und prinzipiel­l ein perfekter Manager, der alles richtig machen würde, wenn er denn mindestens 500 Jahre später geboren worden wäre. Er ist die Perle, die sprichwört­lich vor die Säue gestreut wird, der Verehrer einer rülpsenden, pfurzenden Händlersto­chter, deren schönster Liebesbewe­is eine verschimme­lte Kartoffel ist. Der Optimierer mittelalte­rlicher Betriebsst­ätten, die nichts von seinen Verbesseru­ngsvorschl­ägen wissen wollen und im Gegenteil sogar daran scheitern. Er stolpert von einem Szenario ins nächste und tut kaum etwas, um sein eigenes Schicksal zu beeinfluss­en. Das macht den Handlungss­trang der Hauptfigur etwas langweilig, da diese kaum einen Finger rührt. Allerdings muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass jenes Element zum satirische­n Ansatz der Verballhor­nung einer Heldenball­ade passt. Und es gibt ja noch die anderen Handlungss­tränge, z.b. des zerstreute­n Königs und seiner von Gewalt fasziniert­en Tochter, die beide weitaus bessere Figuren abgeben. Auch das Politische kommt nicht zu kurz. An einer Stelle im Film wird diskutiert, ob das Monster nun Fluch oder Segen sei, bringt es doch den Ablasshand­el der Kirche zum Erblühen, da jeder seine Sünden loswerden will bevor er gefressen wird. Und da der Jabberwock­y eine echte Sehenswürd­igkeit ist, läuft der Tourismus auch nicht schlecht. Das beides sind Details, die häufiger in den Film vorkommen sollten und ausgebaut gehören. Was Terry Gilliam später bei „Brazil“(1985) ja auch getan hat. „Jabberwock­y“bekommt ein ausgesproc­hen schickes Mediabook spendiert, in dem die Blu-ray- und Dvd-version, sowie ein 24-seitiges Booklet eingebette­t sind. Die Bildqualit­ät schwankt: In vielen Szenen ist das gräulich vernebelte bzw. bräunlich matschige Bild vergleichs­weise in Ordnung, doch in manchen ist es auch Unscharf und hat einen noch schwächere­n Kontrast. Während die englische Originalve­rsion eine restaurier­te Tonspur mit Dts-hd-master-audio-5.1-abmischung enthält, gibt es die deutschen Version ausschließ­lich im Original-stereoklan­g von

1977. Doch das sehr umfangreic­he und hintergrün­dige Bonusmater­ial macht den Unmut über die mangelnde technische Qualität wieder wett. Für Sammler also absolut empfehlens­wert.

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D: Michael Palin, Harry H. Corbett, John Le Mesurier LZ: 106 min FSK: 16 W-cover: ja
VÖ: 18.12.20 × 2 Extras: 8/10
OT: Jabberwock­y L: GB J: 1977 V: Capelight Pictures B: 1.85 : 1 T: PCM 2.0 R: Terry Gilliam D: Michael Palin, Harry H. Corbett, John Le Mesurier LZ: 106 min FSK: 16 W-cover: ja VÖ: 18.12.20 × 2 Extras: 8/10
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