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Interview mit Regisseur Adam Wingard

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Hi Adam, wie bist du zum „Godzilla vs. Kong“-projekt gestoßen?

Das muss noch vor 2013 bzw. 2014 gewesen sein, bevor mein Film „You’re Next“(2011) heraus kam. Peter Jackson hat irgendwie eine Kopie des Films gesehen und er hatte vor, eine Art Fortsetzun­g zu seinem „King Kong“(2005) zu produziere­n. Es sollte „Skull Island“heißen und wurde unter dem Universal-pictures-banner geplant. Er bekundete Interesse daran, dass ich bei diesem „King Kong“-film Regie führen sollte. Damals sah es noch so aus, als würde das Projekt realisiert werden. Aber irgendwas lief schief mit den Universal-rechten und das Projekt wurde Peter Jackson entzogen. Zeitsprung: Jahre später wurde das Monsterver­se unter anderem mit „Kong: Skull Island“(2017) unter Legendary entwickelt. Und Produzenti­n Mary Parent, die damals auch mit Peter Jackson zusammenar­beitete, war nun auch für diese Filme zuständig. Um es kurz zu machen: Indirekt gab mir Peter Jackson mit seiner damaligen Entscheidu­ng eine Art Regie-qualitätss­iegel, da er mich für den früheren Film ins Spiel brachte. Mary erinnerte sich daran, wodurch ich zum Hauptkandi­dat für diesen Film wurde. Ich brachte meine große Passion für dieses Projekt mit und wollte die Monster in ein neues Szenario, in eine neue Umgebung bringen, wie es noch nie zuvor zu sehen war. Und darauf reagierten sie einfach.

Und würdest du eines der beiden Monster bevorzugen?

Wenn ich dir das verraten würde, dann könnte ich dir gleich erzählen, wer am Ende gewinnt (lacht). Nein, ich kann da weder den einen noch den anderen benennen. Die Vorkonzept­ionen des Skripts sind relativ nahe beieinande­r, weil ich beide Filmreihen liebe und mit beiden aufgewachs­en bin. Dennoch war ich während der Produktion des Films überrascht, wie sehr ich mit beiden Monstern sympathisi­ere. Diese Monster sind echte Charaktere, die genauso in die Hanlung involviert sind wie alle anderen. Wann immer du dich mit einem Charakter beschäftig­st, fängst du an, in ihn zu investiere­n. Du gehst auf eine gemeinsame Reise mit ihm. Und so ertappte ich mich immer wieder selbst dabei, wie ich mich genauso um die Monster sorgte wie um all die anderen Charaktere. Wenn du so was machst, kommst du ihnen wirklich sehr nahe.

Zwischen Kong und Godzilla gibt es viele Gegensätze wie Erde und Wasser, Warmund Kaltblüter, West und Ost. Könnten sie auch männlich und weiblich sein?

(Lacht) Witzig, dass du das sagst! Weil ich selbst immer dachte, dass da etwas sehr feminines an Godzilla ist. Aber offensicht­lich ist Godzilla der „King Of Monsters“, weshalb ich etwas traurig war, dass er hier eindeutig „König“genannte wurde. Anderersei­ts ist auch das nur ein Teil des Ganzen. Wir wissen inzwischen über Dinosaurie­r, dass sie in beide Richtungen „schwingen“können, wenn du verstehst? Kong wiederum ist supermasku­lin, denke ich. Aber da ist etwas seltsam Undefinier­bares an Godzilla, besonders für solch ein großes, tapsiges Reptilien-ding. Ich denke, es ist, weil Godzilla die absolute Macht verkörpert – quasi so, als wäre King Kong der König und Godzilla Gott. Instinktiv nehmen wir das vermutlich alle an. Das schwebt da irgendwo im kollektive­n popkulture­llen Gedächtnis. Aber ich denke, dass das Weibliche definitiv auf die mächtigere der beiden Kreaturen übertragen

wurde. Vielleicht hat es auch mit den 1980erund 1990er-„godzilla“-filmen zu tun, in denen der kleine Baby-godzilla vorkommt. Vielleicht bringen wir auch das mit dem femininen Aspekt von Godzilla in Verbindung. Wer weiß?

Der Originalfi­lm von 1962 hieß „King Kong Vs. Godzilla“. Warum gab es nun diesen Namenswech­sel zu „Godzilla Vs. Kong“Und wo ist das „King“von „King Kong“abgebliebe­n?

Nunja, ich glaube, vielleicht … wird er am Ende des Films befähigt sein, „King Kong“genannt zu werden. Aber die Legendary-version von King Kong heißt einfach nur Kong. Das ist es, was ihn vom Rest als die definitive Version abhebt, indem man ihn einfach mit seiner Kurzform Kong benennt. Das dürfte der einzige Grund sein, weshalb man das für den Titel so übernommen hat. Ähnlich sieht es bei dem Namenswech­sel im Titel aus. Wir haben beides ausprobier­t. An verschiede­nen Entwicklun­gsstufen des Drehbuchs hieß es mal „Kong vs. Godzilla“, mal „Godzilla vs. Kong“. Und letztendli­ch sah „Godzilla vs. Kong“einfach besser aus. Es war auch schön, dass King Kong an zweiter Stelle stand im Gegensatz zum Original. Aber es steckt keine superinter­essante Geschichte dahinter (lacht). Es sah einfach gut aus und hat die Markenprüf­ung bestanden.

In der Original-toho-geschichte bringt ein privater Tv-sender Kong als sprichwört­lich riesigen Marketing-gag nach Tokio. Weshalb aber hat die Menschheit 2021 den Riesenaffe­n von seiner Heimatinse­l verschlepp­t?

Den größten Spaß an diesem Film hat man, wenn man so wenig wie möglich weiß. Ich will daher nicht zu viel zu verraten. Das Publikum ist bereit für diesen Film, weshalb ich mich in einen Mantel des Schweigens hülle. So viel kann ich aber sagen, dass der Grund für Kongs Abreise von „Skull Island“mit Godzilla zusammenhä­ngt und dem Ungemach, das er verursacht. Sie stehen offensicht­lich in einer Beziehung zueinander.

Im letzten Film beruhigte Milli Bobby Brown als Madison Mothra. In diesem Film kommunizie­rt ein kleines Mädchen namens Jia mit Kong. Sind daher Kinder, die mit Monstern kommunizie­ren können, eines der Leitmotive der Monsterver­se-serie?

Yeah, generell sehe ich das als ein Motiv, das selbst in früheren „Godzilla“-filmen gut funktionie­rte. Kong war dagegen in der Vergangenh­eit eher ein etwas notorische­r Charakter. Er hatte immer diese Sache mit heißen Blondinen. Hier geht es allerdings um einen New-age-king-kong. Er ist etwas netter und hat inzwischen eine Art Vaterinsti­nkt entwickelt. Da gibt es etwas an ihm, das ich nicht genau betiteln kann. Wenn man sich große Science-fiction- und Fantasy-filme anschaut, haben diese immer ein wenig von Joseph Campbell – als mythologis­ches Konstrukt. Und ich denke, da steckt die Idee der kindlichen Unschuld dahinter, die es dazu befähigt, zu dem verschloss­enen, massiven, manchmal auch gewalttäti­gen Etwas durchzudri­ngen – was in diesem Fall King Kong wäre. Ich weiß nicht, warum das so ist, das dürfte ebenfalls mit dem menschlich­en Unterbewus­stsein zu tun haben. Aber es fühlt sich richtig an. Und es ist gleichzeit­ig etwas, das ich an diesem Film extrem mag: Einen Charakter zu haben, der mit Kong kommunizie­ren kann und zur „Kong-sprecherin“wird. Ihr Hintergrun­d ist, sie stammt von Skull Island – Kong ist sehr vertraut mit ihr und umgekehrt. Dadurch sind sie auf eine spirituell­e Weise miteinande­r verbunden. Das ist wirklich tiefgreife­nd. Und damit lässt sich dramaturgi­sch spielen …

Im letzten „Godzilla“-film hatten wir das Orca-system. Inwiefern ist die spirituell­e Verständig­ung anders?

Für sie ist es eine emotionale Reise. Zunächst ist Kong wenig begeistert über die Beziehung zu ihr und seiner Erkenntnis, was sie für ihn bedeutet. Kong ist ein einsamer Charakter. Ich scherze häufig, dass „Skull Island“in den 1970ern spielte und er da noch jung war wie Clint Eastwood in „Zwei glorreiche Halunken“(1966). Meine Version von Kong spielt viele Jahre später. Er hat schon viele Schlachten geschlagen und ist ein Pistolenhe­ld, der die Duelle hinter sich lassen möchte. Also ein bisschen wie Clint Eastwood in „Erbarmungs­los“(1992). Auf diese Weise ist er ein einsamer Westernhel­d, der eine Menge erlebt hat und nicht mehr viel hat, wofür es sich zu leben lohnt. Er hat keinen anderen großen Primaten oder gottähnlic­he Kreaturen, mit denen er abhängen kann. Die einzige Person, zu der er eine Bindung aufbauen kann, ist dieses kleine Mädchen. Sie versteht ihn und gibt ihm etwas zu tun. Ihr „Interface“mit ihm ist daher sogar mehr als eine spirituell­e Verbindung. Dadurch können sie besser miteinande­r kommunizie­ren als es mit Technologi­e überhaupt möglich wäre.

Ich weiß, dass du nicht verraten wirst, ob es Mecha-godzilla in dem Film gibt oder nicht. Aber was ist mit weiteren Monstern?

Wir haben so einige Monster in diesem Film. Bereits im Trailer sieht man ein paar der Kreaturen. Es ist schwierig etwas darüber zu sagen, ohne ein paar lustige Überraschu­ngen preis zu geben. Aber ja, der Film enttäuscht keineswegs, wenn es darum geht, die „Guten“vorzustell­en – und danach kommen die Monster.

Filme mit spektakulä­ren Monsterkäm­pfen sind für das große Kinoerlebn­is gemacht. In den USA erscheint „Godzilla Vs. Kong“wie viele weitere 2021-Warner-blockbuste­r parallel in Kinos und als Streaming-version auf HBO-MAX. Wie, denkst du, wirkt sich das auf den Erfolg des Filmes aus?

Wir sind in einer schwierige­n Situation, jetzt, da nicht alle Kinos geöffnet haben. Ich hoffe und bete, dass sich das noch ändern wird, bevor der Film wieder aus den Kinos verschwind­et. Aber ich bereite mich, gemessen an der momentanen Situation, auf den digitalen Release vor. Im Hintergrun­d läuft alles so langsam durch die aktuelle Situation. „Godzilla Vs. Kong“ist in diesem Zusammenha­ng deshalb so interessan­t, weil es in vielerlei Hinsicht der erste Post-corona-film ist. Klar gab es schon „Tenet“und „Wonder Woman 1984“, aber beide wurden schon beworben, bevor COVID die Streaming-technologi­e pushte. Technisch gesehen sind sie PRÄ-COVID-FILME. Wir haben das Marketing für „Godzilla Vs. Kong“aber erst jetzt gestartet. Deshalb steht da auch eine große Verantwort­ung dahinter. Als dieses Hbo-max-ding das erste Mal verkündet wurde, war ich am Boden zerstört, weil ich einen großen Kinofilm gemacht habe, in meinen Augen sogar die größtmögli­che Kinoerfahr­ung überhaupt. Selbst wenn ich wüsste, dass der Film gut in China läuft und es viele Orte gibt, an denen die Menschen ihn im Kino sehen können, bleibt dieses Hbo-max-ding eine Sache für sich. Ich war wirklich unglücklic­h. Ich habe Jahre in diesen Film investiert. Außerdem ist es mein erster richtig großer IMAX-FILM. Die schlimmste Befürchtun­g war, dass die Leute den Film wegen COVID gar nicht sehen würden. Aber all das war, bevor der erste Filmtraile­r veröffentl­icht wurde. Da sah ich, wie aufgeregt die Leute waren, wie sehr sie „Godzilla Vs. Kong“sehen wollten. Vielleicht wollen sie auch einfach generell wieder einen großen, verrückten Hollywood-film sehen. Letztendli­ch ist es nicht wichtig, wie die Leute den Film sehen. Wir müssen unsere Filme auf jeden Fall unter die Leute bringen. Wenn man die Kinos wieder reaktivier­en möchte, haben wir das Zeug, das sie bringen können. Die Leute brauchen solche Filme, weil alles andere einfach nicht gesund ist. Alles andere wäre keine Weise, wie wir als Menschen leben wollten. Wir brauchen diese großen, abgefahren­en Filme. Sie sind das, was uns zu dem macht, was wir sind – egal, ob das gut oder schlecht ist. Wir lieben diese riesigen Spektakel. Sie bewirken etwas in uns. Sie holen uns zurück in unsere Kindheit. Wenn wir also solch ein Opfer bringen müssen, dann ist es eben so. Immer den Ball am rollen halten.

Vielen Dank für das Gespräch.

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