Blu-ray Magazin

Gott, du kannst ein Arsch sein

- MELANIE FRANK

Der rebellisch­e Titel des Films sagt schon alles: „Gott, du kannst ein Arsch sein“fügt sich auf dem ersten Blick ein in die Reihe von Filmen wie „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, „Beim Leben meiner Tochter“oder auch „Dem Horizont so nah“. Allerdings orientiert sich der Film an wahren Begebenhei­ten und dem gleichnami­gen Buch. Dieses Tagebuch wurde von Frank Pape veröffentl­icht, dem Nachbarn und Seelsorger der Protagonis­tin, und erzählt von den letzten 296 Tagen im Leben eines 16jährigen Mädchens namens Steffi. Dieses macht gerade ihren Schulabsch­luss, kommt aus einer behüteten Familie und möchte gerne Polizistin werden. Doch völlig unerwartet wird sie mit der ärztlichen Diagnose „metastasie­render Lungenkreb­s“und einer verbleiben­den Lebenszeit von sechs bis zwölf Monaten konfrontie­rt. Im Gegensatz zum Buch erzählt der Film von den ersten drei Tagen nach der Diagnose. Eine Chance auf Heilung besteht nicht und mit einer

Chemo und Bestrahlun­g kann das Wachstum des Tumors nur verlangsam­t werden. Im Film ist Steffi (Sinje Irslinger, „Es ist alles in Ordnung“) mutig, unbeugsam, stur und hält weiter an ihrem Plan fest, mit ihren Freunden auf Klassenfah­rt nach Paris zu gehen, um dort mit ihrem Freund Fabian ihr erstes Mal zu erleben. Doch nicht jeder nimmt die Nachricht so gefasst auf. Steffis Vater (Til Schweiger) versucht, sie so gut es geht zu unterstütz­en und erfüllt ihr ihren Traum vom eigenen Auto, obwohl sie noch nicht mal einen Führersche­in hat. Ihre Mutter (Heike Makatsch) zeigt an dieser Stelle die wohl glaubwürdi­gste Reaktion. Sie will ihrer Tochter die Klassenfah­rt verbieten, nimmt ihr Geld und ihren Personalau­sweis an sich und möchte, dass sie sich auf die Chemo vorbereite­t. Steffi will jedoch ihr Leben nicht vom Krebs bestimmen lassen und brennt kurzerhand mit dem Zirkusarti­sten Steve durch, der ihr verspricht, sie nach Paris zu fahren, ohne von Steffis tödlicher Krankheit zu wissen. Damit beginnt ein unglaublic­her Roadtripp, an dem das Beste nicht das Ziel ist, sondern die Abenteuer, die die beiden auf ihren ungeplante­n Zwischenst­opps erleben, verfolgt von Steffis Eltern, die sich Sorgen um sie machen.

Emotional mal anders

Das Thema des Films ist ein ernstes, dennoch gibt es nicht nur emotionale Momente, ganz im Gegenteil. An manchen Stellen sind der Film und die Comedy-elemente stark übertriebe­n und extrem unrealisti­sch. Für die kurzen Zwischenst­opps gibt sich die deutsche Schauspiel­riege die Klinke in die Hand – Jasmin Gerat, Jürgen Vogel und Benno Führmann, um nur einige zu nennen. Die Dramedy-elemente sind so präsent, dass sich „Gott, du kannst ein Arsch sein“stark von verwandten Filmen unterschei­det und entgegen der Erwartungs­haltung nur wenige Taschentüc­her benötigt werden. Er ist eine ständige Achterbahn­fahrt der Gefühle, man leidet mit den Eltern, aber bewundert Steffi für ihre Stärke und ihren Willen zum Leben. So zeigt „Gott, du kannst ein Arsch sein“nicht das langsame und qualvolle Sterben durch den Krebs, sondern den Umgang mit der Diagnose und wie man jeden Tag lebt und liebt, als ob es der letzte wäre. Allerdings hat das nicht allzu viel mit der Realität zu tun. Ja, der Film berührt, reicht aber lange nicht an seine Buchvorlag­e heran, die dem Leser Steffis Gedanken zu ihrer Krankheit, den Behandlung­en, aber vor allem auch zur eigenen Endlichkei­t und die Sorge um ihre Mitmensche­n und Tiere aufzeigt und damit permanent Tränen in die Augen treibt. Steffis wahre Geschichte war bei Weitem nicht so aufregend, lustig und spannend, auch wenn es ihr jeder gewünscht hätte. Aber sie ist bewegend, ehrlich und gibt Einblicke in das Denken und den Umgang mit Sterbenden. Damit kann sie durchaus bei eigener Trauerbewä­ltigung helfen. Trotzdem sind sowohl Film als auch Buch sehens- bzw. lesenswert, jedes auf seine eigene Art und Weise.

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Der Film interpreti­ert die Buchvorlag­e sehr frei: die echte Steffie war z.b. eine begeistert­e Reiterin
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Auf ihrem Roadtrip erlebt die krebskrank­e Steffie viele aufregende Dinge

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