MONTY PYTHON'S FLYING CIRCUS
Und jetzt zu einem komplett anderen Thema. Die Anarchisten der britischen Comedy sind zurück! Zum 50. Deutschen Tv-jubiläum von „Monty Python’s Flying Circus“spendiert uns Capelight eine Kompottbox – Verzeihung – eine Komplettbox mit allen vier erstmals in HD restaurierten Staffeln der Serie auf Blu-ray.
Monty Python: das sind John Cleese, Graham Chapman, Eric Idle, Michael Palin, Terry Jones und Terry Gilliam. Diese Namen genießen seit über 50 Jahren Kultstatus, ob sie nun herzlich ein harmloses Holzfällerlied singen, sich über den Kommunismus in der Welt aufregen, ein munteres Verkaufsgespräch inszenieren oder sich eine gesamte Sendung über die Lärche widmen – einer wirklich interessanten Pflanzengattung. In den späten 1960er Jahren standen diese sechs Komiker für eine neue anarchistischen Gattung von Komödie, die sich stark am Dadaismus orientiert. Mittlerweile sind sie so alt, dass Chapman und Jones bereits dem Sensenmann gefolgt sind. Die anderen vier hielten ihn bislang für den Gärtner. Auch wenn die restlichen Pythons in den nächsten Jahren ebenso in den Staub beißen werden, so bleibt ihr Erbe unvergesslich. Durch ihre Kindheit in den 1950er Jahren waren die Pythons die letzte Generation, die mit dem Radio aufwuchs. Als eine ihrer größten Inspirationsquellen nennen sie Radiosendungen wie „The Goon Show“. Die chaotischen Goons, zu denen auch der legendäre Peter Sellers zählte, haben das Medium Radio perfekt für ihre komödiantischen Zwecke ausgenutzt. Toneffekte wurden für Pointen und Überblenden zwischen zwei Witzen eingestreut. Die Intensität der Gags war vom Sprechtempo, also dem Timing abhängig. Viele dieser Elemente haben die Pythons in ihren Sketchen für das Fernsehen übernommen.
Ein Königreich am Scheideweg
Die Mitglieder der Python-truppe eint der Umstand, dass sie aus der oberen Mittelklasse stammten und das Privileg eines Studiums genossen. John Cleese, Graham Chapman und Eric Idle lernten sich an der Cambridge Universität, Michael Palin und Terry Jones dagegen an der Oxford Universität kennen. Terry Gilliam, der ursprünglich in Minnesota in den USA geboren wurde, studierte Politikwissenschaften am Occidental College in Los Angeles. Seine ersten Arbeiten zeichnete Gilliam 1962 für das Satiremagazin „HELP!“.
Auch wenn ihre Motivationen aus unterschiedlichen Beweggründen resultierten, so haben sie alle doch eines gemeinsam: Sie waren geborene wie gebildete Komiker. In einer Zeit, die von Umbrüchen erschüttert wurde, konnten sie kreativ erstarken. Es war die politische Zeit von Harold Macmillan und seiner konservativen Partei in den Jahren 1957 bis 1963, in denen die Pythons aufwuchsen. Witze über die Queen oder das Empire stellten für die altehrwürdige und siegreiche Kolonialmacht ein absolutes Tabu dar. In dieser erzkonservativen Periode des ultraspießigen Kleinbürgertums trat Mitte der 1960er Jahre eine jugendliche Veränderung auf den Plan. Die Nouvelle Vague florierte in den Kinos. Die jungen Mädchen orientierten sich am „Twiggy“-look des Models und der späteren Dame Lesley Lawson. Kurzhaar anstatt Föhnfrisur. Dieser Look stand für Erneuerung und wurde bei den Frauen des Jahres 1966 sehr beliebt. Bei den Männern wurde es obenherum wiederum etwas mehr. Auch die Satire wurde bissiger und rüttelte an fest eingegrabenen Fundamenten der alteingesessenen Gesellschaft.
Die erste Python-sendung
Am 5. Oktober 1969 um 23:00 Uhr kämpfte sich ein völlig zerschlissener, schiffbrüchiger Mann fast minutenlang aus den Wellen des Meeres, nur um mit seinen letzten Worten „It’s...“die erste „Monty Python“-episode auf dem Kanal der BBC anzukündigen. 13 Folgen bestellte der Kanal damals und ging damit ein großes Risiko ein. Denn außer John Cleese, der in den beiden Jahren davor für die BBC schrieb und in den Fernsehshows „The Frost Report“und „At Last The 1948 Show“auftrat, hatte kaum einer der anderen viel Tv-erfahrung vorzuzeigen. Nur Terry Jones und Michael Palin hatten mit „The Late Show“und „Do Not Adjust Your Set“noch ein wenig Tv-erfahrung. In diesen 13 Episoden wurde hemmungslos das britische Fernsehen, die britische Lebensart und die britische Historie auf den Arm genommen. Auf ihre chaotische Art und Weise verarbeitet die Gruppe politische Themen jener Zeit wie Sexualität und Drogen. Da kann es schon mal vorkommen, dass ein Drogenproblem zu einem Mausproblem wird. Dass da das ein oder andere Stück abhängig machender Käse durch die Runde geht, wie ein Süchtiger berichtet, ist vorstellbar. An anderer Stelle wird die sexuelle Identität eines Holzfällers durch ein munteres Lied in Frage gestellt. Oder die Sturheit von britischen Verkäufern demonstriert, die jemandem einen toten Papagei verkaufen wollen. Kein Verein, Politiker oder anderweitiger Würdenträger blieb von den Pointen der Pythons verschont. Selbst die stolze britische Armee, die siegreich aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangen war und eine Eroberung durch die feindlichen deutschen Invasoren verhindert hatte, wurde Zielscheibe des Spottes.
Dadaismus als Vorbild
Das ganze Format inszeniert sich in Form einer fiktiven Nachrichtensendung, deren Beiträge und MAZEN von kurzen Animationen unterbrochen werden. Ihr Erzählstil macht die Show zu etwas Besonderem. Nicht nur, dass viele der Sketche keinen moralischen Hintergrund besitzen, sie haben oft auch keine Pointe. Wenn den Pythons keine humoristische Spitze zeitnah eingefallen war, griffen die Animationen Terry Gilliams ein, um eine Brücke zum nächsten Sketch zu bilden. Manchmal zieht sich ein humoristisches Element durch die ganze Sendung. Es taucht dann und wann zu einem sehr unpassenden Zeitpunkt wieder auf, um die Pointe, natürlich mit voller Absicht, zu zerstören. Als Beispiel wäre die Folge mit der Lärche zu nennen. So entsteht ein völlig chaotisches, kaputtes Bild einer Show, deren Sinn in der Dekonstruktion von Gesellschaft wie von Humor besteht. Dies bildet die Grundlage für den zeitlosen Humor von „Monty Python“, der auch noch heute seine Anhänger findet. Der Humor der Truppe geht im Einklang mit dem Zeitgeist der 1960er Jahre. Der alte Humor, völlig steif und bewegungsunfähig geworden, musste einfach weg. Im Übrigem ... wussten Sie schon, dass
die Europäische Lärche in Deutschland Baum des Jahres 2012 wurde? Überaus faszinierend!
Der stürmische John Cleese
Nach dem Erfolg der ersten Staffel ging die Serie Ende des Jahres 1970 in eine zweite Runde. Diesmal stiegen die Zuschauerzahlen so weit in die Höhe, dass die Truppe die Idee bekam, zu expandieren. Für die Kinos des amerikanischen Marktes wurde 1971 der Episodenfilm „Monty Python’s wunderbare Welt der Schwerkraft“(„And Now For Something Completely Different“) produziert. Die beliebtesten Sketche der ersten und zweiten Staffel wurden für den Spielfilm nochmal im Breitwandformat gedreht und etwas eingekürzt. Die Sketche erhielten somit einen kleinen Feinstrich und wirkten noch pointierter. In Deutschland haben wir gleich eine komplett neue Doppelfolge mit zusätzlichen Sketchen spendiert bekommen. „Monty Python’s fliegender Zirkus“hieß die Mini-serie, die teilweise in deutscher Sprache gedreht wurde und einen Running-gag mit Albrecht Dürer enthielt. In dieser Doppelepisode beweist vor allem John Cleese, dass er ein multilinguales Talent besitzt. Sein Deutsch wie auch sein Französisch sind exzellent. John Cleese gehört neben Terry Gilliam zu den bekanntesten Python-mitgliedern. Beide sind über die Gruppe hinaus bekannt und haben auch nach ihrer Auflösung Erfolge vorweisen können: Cleese als Schauspieler und Gilliam als Regisseur. Die Schauspielerei beweist Cleese schon während der ersten Stunde bei „Monty Python“. Er steckt so viel Energie und Glaubhaftigkeit in seine Rollen, dass ein harmloser Sketch zu einem eskalierenden Erlebnis wird. Sei es als aufgebrachter Wutbürger, der sich minutenlang hemmungslos über den Kommunismus aufregt, bevor er den Ruf seiner Frau zum Essen folgt („Ich komme schon, Schatz!“). Oder auch die Rolle als aufgebrachter Koch, der im Restaurant ein Pärchen umbringen will, weil die sich über eine schmutzige Gabel beschwert haben. Cleese ist wie ein Sturm, wenn er einmal loslegt. Dahingehend war es nicht verwunderlich, dass eine lange Schauspielkarriere vor ihm lag. Zu seinen populärsten Filmen außerhalb der „Monty Python“-gruppe zählt „Ein Fisch namens Wanda“(1988). John Cleese war es auch, der die Truppe 1974 nach der dritten Staffel als erstes verließ. Er war der Meinung, dass sich die Sketche mittlerweile zu oft wiederholten. Die sechs Folgen der letzten „Monty Python“-staffel mussten also ganz ohne seine stürmische Präsenz auskommen. Mit seiner Frau Connie Booth kreierte Cleese eine eigene Comedy-sendung namens „Fawlty Towers“(1975). Dennoch kehrte er für die Filme und einige Open-air-shows wieder zur Truppe zurück. Die letzte Reunion-show „Monty Python Live (Mostly)“wurde 2014 produziert. Und nun zu etwas völlig anderem, aber sehr viel interessanterem... der Lärche!
Restauriertes Bild
Die erste Frage, die man sich automatisch stellt, sobald man irgendwo liest, dass Bbc-ausstrahlungen aus den 1970ern restauriert wurden, lautet: Lässt sich aus den analogen Videotapes des britischen Fernsehsenders eigentlich ähnlich viel herausholen wie beispielsweise aus echtem Film bzw. 35-Millimeter-material. Was haben die Verantwortlichen im Restaurationsprozess daraus gemacht? Um das herauszufinden, verglichen wir einige Sketche, die als Bonus im Ursprungszustand auf der Blu-ray-doku „Monty Python – Almost The Truth – The Lawyer’s Cut“enthalten sind, mit der neuen, komplett restaurierten Variante von Capelight. Darunter befanden sich Sketche wie „The Spanish Inquisition“, „The Parrot Sketch“sowie der „Lumberjack Song“, in denen während des Direktvergleiches recht ähnliche Phänomene deutlich wurden. Exemplarisch dafür konzentrieren wir uns in diesem Text auf den möglicherweise berühmtesten „Monty Python“sketch, der in der ersten Episode der zweiten Staffel zu finden ist: „Ministry Of Silly Walks“. Zunächst einmal ist das Bild wesentlich sauberer. Schmutz und Haarrisse wurden entfernt. Das unterdurchschnittliche Schwarz wurde optimiert. Aus den matschigen Farben, die in diesem Fall sogar einen grünlich-gelben Farbstich enthielten, wurden kräftige, volltönige Farben herausgeholt, die keinerlei Stich aufweisen. Hinzu kommt die einheitliche Farbkorrektur: Wenn John Cleese im bedepperten Gang den Zeitungskiosk verlässt, änderten sich die Farben und auch der Schärfegrad bei den Außenaufnahmen enorm. In der neuen Fassung bleibt das Colorgrading absolut einheitlich und auch die Schärfe der Außenaufnahmen sieht minimal besser aus. Doppelkontu
ren gibt es nach wie vor, das Bild erscheint die meiste Zeit über wie in HD hochgerechnetes SD, was es ja auch ist. Der zuvor ruckelige Kamerastand ist nun völlig stabil. Also auch wenn man im Vergleich zu aktuellen Filmen und Serien visuell wirklich nicht viel von dem restaurierten Bild erwarten sollte, ist es um Welten (!) besser als das unbearbeitete Original. Terry Gilliams Animationen wiederum besitzen eine wesentlich höhere Qualität als die Realaufnahmen, weil es hier bessere Möglichkeiten bzw. besseres Rohmaterial gab. Auf der Blu-ray zur vierten Staffel ist daher der Bonus-beitrag „Die „Flying Cicus“-restaurierung mit Terry Gilliam“(ca 15 Min.) besonders interessant. Hier gibt es Direktvergleiche zu Gilliams Animationen zu sehen, die in schönster Hd-qualität erstrahlen. Neben der generellen Bereinigung und Verbesserung wurden hier sogar ganze fehlerhafte Elemente entfernt, die am Rand eigentlich nicht zu sehen sein sollten. Ebenso sind nun einige Übergänge so zu sehen, wie sie von Anfang an konzipert, aber später nicht umgesetzt wurden. Beispielsweise wenn die Animation von zwei Händen wie Papier zusammengeknüllt wird, ist statt eines blauen Platzhalterhintergrundes nun bereits der Anfang der Szene dahinter zu sehen.
Synchronisation & Boni
Die deutsche Synchro aus den 1990ern ist – man kann es nicht anders sagen – trotz Umstrittenheit eine kleine Meisterleistung, die die Gags fast immer mit der gleichen Feuerkraft pointiert wie das englische Original. Nicht nur die Dialogregie hat hier wahre Wunder vollbracht. Auch die Besetzung der deutschen Stimmen passt absolut perfekt. Und das alles war ein ziemliches Wagnis, denn „Monty Python“galt lange Zeit als unübersetzbar. Dennoch gibt es natürlich Unterschiede, die sich nun dank paralleler Tonspuren leichter herausfinden lassen. Die Publikumslacher klingen stellenweise anders oder wurden manchmal anders gesetzt. Zum Beispiel wird beim „Ministry Of Silly Walks“-sketch die Texttafel am Ministerium vorgelesen, weshalb für Lacher akustisch gesehen weniger Platz ist. Auch wurde das ganze als „Ministerium für dumm gelaufen“übersetzt, was man machen kann, aber dennoch eine etwas andere Ausrichtung hat als z. B. „Ministerium für dümmliche Gangarten“. Soundeffekte wie der weggeworfene Filmprojektor sind manchmal minimal anders gesetzt. Wer sich also des Englischen fit genug fühlt und es lieber ganz genau wissen möchte, kann natürlich auch das Original mit Untertiteln (englische wie deutsche) genießen. Vorbildlich! Überhaupt enthält jede der vier Staffeln massives Bonusmaterial, teilweise mit entferntem, nie gesehenem Material, das manchmal auch auch heraus geschnitten wurde, weil es zu heikel war (insbesondere fürs christliche Publikum). Hinzu kommen aktuelle und rare Archiv-interviews, Outtakes zum schief lachen, Vic Jamisons Studentenfilm von 1970, der in Python-zusammenarbeit entstanden ist, sowie wiederhergestellte Szenen. Während die einzelnen Digipacks großartig gestaltet sind und mit praktischen Episoden- und Bonusübersichten glänzen, ist die Gestaltung der Blu-ray-menüs etwas unglücklich geraten. Zumindest bei den Scheiben, deren schwarze Menüschrift dunkelblau oder dunkelgrün wird, sobald man einen Punkt anwählt. Der Kontrast zwischen den dunklen Farben und dem Schwarz ist so gering, dass man quasi nicht erkennt, wo man sich gerade befindet. Eine andere Farbe, ein Terry-gilliamfuß oder ein Unterstrich sind in solchen Fällen immer zu bevorzugen. Aber sonst ist die Bluray-box eine absolute, unvergleichliche, nie dagewesene, phänomenale, brillant-großartige … Lärche.