LUPIN III. TV-Special Collection
Gleich vier spielfilmlange Abenteuer des sympathischen Meisterdiebes Lupin dem Dritten erwarten Käufer dieser neuen Kollektion. Und Lupin international nie ganz den Ruhm erlangte, den er in seinem Heimatland Japan inne hält, ist er doch eine Neu- oder Wie
Seit mehr als einem halben Jahrhundert nun schon ist kein festungsgleich verwahrter Schatz, kein begehrtes historisches Artefakt, kein Geheimdokument und kein Frauenherz sicher vor dem Zugriff Lupins des Dritten, wenn dieser sich erst einmal zum Diebstahl entschlossen hat. Im August 1967 wurde das erste Kapitel des „Lupin Iii“-mangas in Japan veröffentlicht – der Beginn einer Jahrzehnte währenden Gaunerkarriere, aber auch der Start eines Franchise, das allen Launen und Irrungen des Zeitgeistes trotzte und die Jahre überdauerte, während modische Hits und Hypes kamen, gingen und vergessen wurden. Selbst Klassiker wie „Dragon Ball“, „Sailor Moon“oder „One Piece“wirken kurzlebig im
Vergleich zu diesem leichtherzigen und amüsanten Manga- und Anime-urgestein. Zugegeben, eine wichtige Wandlung vollzog sich in der Darstellung Lupins, der von seinem Schöpfer Kazuhiko Kato – besser bekannt unter seinem Künstlernamen Monkey Punch – zunächst eher kaltschnäuzig und skrupellos angelegt worden war. Doch schon im Verlauf der ersten „Lupin Iii“-animeserie im Jahre 1971 veränderte sich das Wesen sowohl des titelgebenden Antihelden als auch seiner Freunde und Widersacher. Seit dieser Zeit gaunert sich Lupin der Dritte als im Grunde gutherziger und liebenswerter Abenteurer durch die Weltgeschichte, während sein ständiger Verfolger, der glücklose Interpol-inspektor Zenigata, ihm zwar hartnäckig nachsetzt, aber nicht mehr den mörderischen Eifer aus den frühen Mangas an den Tag legt. An der Seite Lupins wiederum stehen fast immer der Revolverheld Jigen, der schweigsame Samurai Goemon und Femme Fatale Fujiko Mine, Lupins ewige Muse, Geliebte, Partnerin und Rivalin, deren Loyalität er sich allerdings nie ganz sicher sein kann.
Bond, James Bond
Nach drei zum Teil sehr langlebigen Tv-serien, einem wenig berauschenden Realfilm, zwei OVAS und vier Kinofilmen, darunter der Hayao Miyazaki-klassiker „Das Schloss des Cagliostro“, lief 1989 mit „Bye, Bye, Lady Liberty“das erste Tv-special in Spielfilmlänge im japanischen Fernsehen und etablierte damit eine Tradition jährlicher „Lupin Iii“-tv-specials, die nur in wenigen Jahren ausgesetzt wurde. Und während wir auf eine Veröffentlichung der diversen Serien und Kinofilme abseits des Miyazaki-klassikers vermutlich vergeblich hoffen, sind mit der „Tv-special Collection“von Kazé Anime nun immerhin vier dieser Tv-events in Deutschland auf Blu-ray erhältlich, die ursprünglich zwischen 1993 und 1996 ausgestrahlt wurden. Diese etwas willkürlich anmutende Auswahl lässt sich mit dem Umstand begründen, dass nur eine Handvoll „Lupin Iii“-filme in den 2000ern von MTV im Rahmen ihrer damaligen Anime-offensive synchronisiert worden waren. Die Synchronisation weiterer „Lupin Iii“-animes lohnt sich hierzulande finanziell wohl nicht, da trotz oder vielleicht genau aufgrund des internationalen Charakters der meisten Lupin-geschichten das Interesse an ihnen innerhalb des deutschen Anime-fandoms bescheiden ausfällt. Schade, aber nicht zu ändern, und vier Filme sind zumindest besser als nichts.
Big Band
Die Tv-herkunft der Specials sollte dabei niemanden schrecken, alle vier Filme warten mit Bildern und Animationen auf, für die sich auch Ki
no-animes aus der gleichen Zeit nicht schämen bräuchten. Kein Wunder, zeichnen doch Leute mit Kinoerfahrung für die Regie verantwortlich. „Der Schatz des Harimao“wurde beispielsweise von Osamu Dezaki („Golgo 13“, „Black Jack“) inszeniert, einem der besten Anime-actionregisseure überhaupt. Lupin und sein Team arbeiten hier mit dem Briten Lord Archer und seiner Tochter Diana zusammen, um einen Schatz aus dem Zweiten Weltkrieg zu bergen. Dabei ist nicht bloße Raffgier ihr Motiv, denn auch eine Gruppe Neonazis unter Führung einer gewissen Herma Phrodite (genauso politisch korrekt, wie es sich anhört) will den Schatz an sich reißen. „Mission Impossible“trifft hier auf „Indiana Jones“, die tempo- und actionreiche Inszenierung wird von sentimentaler Beschwingtheit und dem für „Lupin Iii“-typischen altmodischen Charme komplementiert, von swingenden Big-band-klängen untermalte halsbrecherische Verfolgungsjagden durch Paris lassen gar Erinnerungen an Louis de Funès-filme aufkommen. Nicht ganz unschuldig daran ist auch die bei allen vier Filmen hervorragende Synchro, die manch flotten Spruch hinzufügt, wo im Originalton keiner gewesen war, ohne jedoch zur reinen Blödelei zu verkommen.
Echte Abenteuer-klassiker
Auch „Diamant der Dämmerung“, der neueste der vier Streifen, kann mit einem bekannten Namen auf dem Regieposten protzen. Gisaburo Sugii erwarb sich zwar Ruhm als Regisseur anspruchsvollerer Titel wie „Tale Of Genji“oder „Das Leben des Budori Gusko“, der gemeine Anime-fan kennt ihn aber eher als Mann hinter der fetzigen Videospiel-adaption „Street Fighter 2 – The Animated Movie“. Ausgerechnet von einem Mafia-paten erhält Lupin hier eine Hälfte des legendären Diamanten der Dämmerung, dessen zweite Hälfte er finden muss, um – Überraschung! - einen gewaltigen Schatz bergen zu können. Die Suche führt ihn nach Marokko, wo Lupin mitten in einen Bürgerkrieg zwischen Regierung, Rebellen und einem mystischen Kult gerät. Wie man sieht, ist Originalität nichts, womit die inhaltlichen Zutaten der „Lupin Iii“-geschichten glänzen können. Und doch ist es immer wieder hochunterhaltsam, Lupins halsbrecherische, chaotische Eskapaden mitzuverfolgen. Das „was“ist hier bedeutend weniger relevant als das „wie“, und das „wie“steht im Falle der „Lupin Iii“-filme eben für sympathisch-schrullige Protagonisten, gekonnt inszenierte Action, jede Menge Slapstick, gewitzte Dialoge, ein Hauch Erotik, und Mysterien, die klischeehafter meist kaum sein könnten, die aber die Hetzjagden um die halbe Welt mit Erfolg in Bewegung setzen.
Die anderen beiden Titel in der Box stehen den beiden genannten nicht nach, insbesondere „Der Höllentrip“erweist sich als echte Granate. Für Freunde klassischer Anime-kunst erweisen sich insbesondere die dynamischen handgezeichneten Animationen als echter Genuss, wunderbar kleinteilig und verspielt, gerade bei Effektanimationen wie Explosionen. Und dieser Genuss erhöht sich durch das knackscharfe, farbintensive Bild der Blu-rays noch einmal beträchtlich. Besitzer der alten deutschen DVDS sollten diese schnellstmöglich entsorgen, denn tatsächlich verhilft die Blu-ray-präsentation den betagten Klassikern zu einer ganz neuen Seherfahrung.