Attack On Titan
(3. Staffel, Vol. 1)
Beobachtet man den leitenden Regisseur Tetsurô Araki in dem zehnminütigen Interview, das das digitale Bonusmaterial der Blu-ray bildet, sieht man einen müden, emotionsarmen, gebeugten Mann vor sich, der bereits einen Teil seiner Arbeit an der dritten Staffel getan hat und sich nun dem Trubel der Veröffentlichung gegenüber sieht. „Jetzt geht das schon wieder los.“hört man ihn sagen. In seinem energielosen Zustand schwärmt er vom Enthusiasmus seines Teams, einem scheinbar rauschhaften Level des bewusst herbeigeführten Kontrollverlusts, der zu der außergewöhnlichen Action in der neuen Staffel geführt hat. Und er hat recht: „Attack On Titan“zeigt weiterhin nie dagewesene, ultradynamische Kamerafahrten durch Häuserschluchten, samt überbordener Kampf-choreografie und brachialer Schockmomente. Dennoch kann man Araki deutlich ansehen, wie energieraubend solch ein Hype und die damit verbundene Erwartungshaltung des Publikums sein kann. Seit 2013, dem Erscheinungsjahr des Animes, der auf dem nicht weniger beliebten Manga von Hajime Isayama basiert, gilt die Serie als Nummer eins unter den Anime-veröffentlichungen. Und obwohl „Attack On Titan“aufgrund des immensen Animationsaufwands bedeutend weniger Episoden vorweisen kann als andere Erfolgsserien, muss sich die Serie wie alle Dauerbrenner nun teilweise neu definieren, um die Zuschauer weiterhin bei der Stange zu halten. Eine Neuerung ist beispielsweise der Schritt, dass Protagonist Eren Jaeger und seine Kameraden nun gegen Menschen kämpfen, was sie vor mehrere moralische Dilemmata stellt. Auch „The Walking Dead“ging einst diesen Weg, als die Zombies keine würdigen Gegner mehr waren bzw. nicht mehr genügend Abwechslung brachten. Doch ist dies auch sinnvoll für die Geschichte? Oder ist das nur eine günstige Maßnahme, um die ursprüngliche Bedrohung im Hintergrund erneut als solche aufbauen zu können?
Der Antagonist
Im Fall von „Attack On Titan“geht die Gleichung ganz gut auf, da mit dem Cowboy-artigen Kenny Ackermann ein ansprechender Widersacher eingeführt wird und die Kampf-action zwischen den sich duellierenden, umher schwingenden Kämpfern noch schwindelerregender erscheint. Hier wird genau der Punkt erreicht, an dem das Geschehen schnellstmöglich ist, das Auge diesem aber gerade noch so folgen kann. Natürlich gibt es bei so vielen gezeigten Morden und sogar Folterungen von Menschen auch Diskussionen unter den Soldaten, die allerdings vorrangig dafür gedacht sind, das immer skrupelloser werdende Handeln der Helden zu rechtfertigen. Nun ist es eben kein abstrahierter Feind mehr, sondern wie so oft wird ein offener Bürgerkrieg daraus gemacht. Warum es nun ausgerechnet die Zentralbrigade der Militärpolizei auf Levis Truppe abgesehen hat, während Eren und Christa (bzw. Historia) entführt und zur Regierungszentrale gebracht werden sollen, das muss der Zuschauer selbst herausfinden. Politische Intrigen und zahlreiche Leichen pflastern den Weg zur Auflösung. In den sechs Folgen 38-43 werden aber nur Bruchteile des Puzzles gelöst, dessen Ursprung in der Vergangenheit
liegt. Und keine Sorge, in den noch folgenden 16 Episoden der dritten Staffel, werden die Titanen auch wieder eine große Rolle spielen und den Planeten um so einige weitere Menschenseelen erleichtern. Nicht jeder der Hauptcharaktere wird überleben und die Mischung aus hochwertiger Animation, Cliffhangern, unerwarteten Toden, fantastischer Action, Rätselraten um Erens mysteriöse Vergangenheit und Lagerfeuerromantik holt seine Zuschauer*innen auch diesmal wieder erfolgreich ab und macht die Blu-ray (inklusive Booklet, Sammelschuber, Flagge, Poster und Stickerbogen) zum Pflichtkauf für alle Animesammler. Alle vier Volumes der dritten Staffel erscheinen bis zum 15. April vollständig.