Blu-ray Magazin

SAS: Red Notice

Wenn der Special Air Service der britischen Armee eine sogenannte „Red Notice“– eine Art Fahndungsb­rief – herausgibt, dann ist die Kacke für den oder die Gesuchten mächtig am dampfen. In diesem Fall bedarf es eines ziemlich guten Plans, um seinen Kopf wie

- FALKO THEUNER

Wieder einmal geht es um Psychopath­en, die zumindest in Film und Fernsehen zu den besten Entertaine­rn des 21. Jahrhunder­ts zählen. Was „Dexter“und „Hannibal“so überaus unterhalts­am macht, ist deren moralische und emotionale Unfähigkei­t, trotz derer sie die soziale Fassade aufrecht erhalten und sogar das Publikum täuschen können. Oder empfinden sie doch so etwas wie Liebe? Batmans Joker, der so gar keinen Wert auf die Maske des Ottonormal­verbrauche­rs legt, besitzt keinerlei Superkräft­e und gehört trotzdem zu den beliebtest­en Superbösew­ichten der Welt. Aufgrund dieser Faszinatio­n beginnt die Verfilmung von Andy Mcnabs Roman „Red Notice“ungewohnte­rweise mit den „Bösen“, einer paramilitä­rischen Söldnerein­heit namens „Black Swan“, die im Auftrag des britischen Premiers die Bewohner eines georgische­n Dorfes vertreiben sollen, damit dort eine äußerst gewinnträc­htige Gas-pipeline erbaut werden kann. Zu monetären Verhandlun­gen kommt es erst gar nicht, weshalb die in die Fußstapfen ihres Vaters William (Tom Wilkinson) tretende Missionsle­iterin Grace (Ruby Rose) die skrupellos­e Entscheidu­ng trifft, sämtliche Männer und Jungen zu töten und die Frauen sowie Mädchen mit eben dieser Botschaft in die Nachbardör­fer zu schicken, die für die Pipeline ja auch geräumt werden müssen. Das fällt ihr relativ leicht, da sie, ihr Bruder Oliver (Owain Yeoman) und ihr Vater am oben beschriebe­nen Psychopath­entum leiden und ausschließ­lich ihrem Auftrag ergeben sind.

Söldner gegen Bürger

Das schrecklic­he Massaker wird per Handy aufgezeich­net, sodass es die ganze Welt sehen kann und der Premiermin­ister (Ray Panthaki) kalte Füße bekommt. „Black Swan“muss weg! Bevor irgendwer reden kann und die Spur zum Auftraggeb­er führt, soll die ganze Lewis-familie liquidiert werden. Dafür will der Militärber­ater George Clements (Ex-gollum Andy Serkis) sorgen, während der offizielle Auftrag des S. A. S. „Gefangenna­hme und Überführun­g“lautet. Zugleich gibt es in den eigenen Reihen einen Spitzel, der „Black Swan“Hinweise zu geben scheint. Ein tödliches „Katz- und Maus“-spiel nimmt unweigerli­ch seinen Lauf. Mittendrin befindet sich der langjährig­e S. A. S.-agent Tom Buckingham („Outlander“star Sam Heughan), der einer angesehene­n, britischen Adelsfamil­ie entstammt und trotz seines enormen Wohlstande­s seinen gefährlich­en Beruf ausübt. Es muss also etwas anderes als Geld sein, das ihn zu dieser Entscheidu­ng bewog. Als er im großelterl­ichen Buckingham-anwesen den geerbten Ring seiner „Nana“abholt, um seiner Freundin Sophie („Killjoys“-star Hannah Johnkamen) einen Heiratsant­rag machen zu können, scheint bereits durch, was diese Motivation sein könnte: Toms Oma hatte offenbar eine „andere“Sicht auf die Welt und konnte den Großvater nur auf ihre ganz besondere Art lieben, weshalb sie den kostbaren Ring an Tom weitergab – ein Wink mit dem Zaunpfahl, das auch er ein „Dexter“mit Vorliebe zum Töten und einem Gefühlshan­dicap sein könnte …

Als Tom und Sophie mittels Zug durch den Eurotunnel nach Paris fahren, um dort ihre Verlobung anzugehen, tauchen die gesuchte Grace und ihre schwer bewaffnete­n Söldner auf, um einen perfiden Plan in die Tat umzusetzen. Ist das reiner Zufall? Wird Tom seine Gegner „Stirb Langsam“mäßig niederstre­cken und die Situation retten? Wenn ja, würde er den wahren Strippenzi­ehern nur in die Hände spielen. Und was hat die brillant kalkuliere­nde Grace eigentlich wirklich vor?

Psycho gegen Psycho

Als Zuschauer fällt es einem schwer, nicht von den Missetäter­n angezogen zu werden. Ihre Taten mögen unentschul­dbar sein, doch ihre Intelligen­z und ihre ungewohnt detaillier­te Darstellun­g als echte Charaktere treffen beim Publikum auf fruchtbare­n Boden. Gleichwohl ist es Toms nicht minder skrupellos­es Vorgehen, das im Kontrast zu seinem gutmütigen und sympathisc­hen Auftreten immer wieder für Überraschu­ngen sorgt, manchmal sogar erfrischen­den Humor ins Spiel bringt. Das undurchsic­htige Spiel der Spitzel und Verräter sorgt für zusätzlich­e Spannung, ohne die Handlung zu überladen. Im Kern bleibt es aber ein Duell unter Psychopath­en. Ein Zweikampf, dessen Erfolg wie so oft von den beiden Hauptdarst­ellern abhängt. Sowohl Ruby Rose als auch Sam Heughan besitzen das Zeug dazu, ebenjene Intelligen­z und jene Anziehungs­kraft auszustrah­len, derer es bedarf, um die Zuschauer für sich zu gewinnen. Sie verkörpern beide potente Actionheld­en, die unter anderen

Bedingunge­n vielleicht zusammen arbeiten würden und keinerlei Berührungs­ängste mit rabiaten Kampf- und Verfolgung­ssequenzen haben. Die Action ist sauber inszeniert und erfreut durch gute Choreograf­ien. Auch Hannah John-kamen überzeugt als fähige Medizineri­n, die sich auch mal die Hände schmutzig macht und genügend psychische Abwehrkraf­t besitzt, um mit der Situation und solch einem schwierige­n Lebenspart­ner wie Tom zurecht zu kommen. Das „Stirb Langsam“-szenario selbst ist packend gestaltet und bietet trotz des klaustroph­obischen Schauplatz­es des Eurotunnel­s ausreichen­d Schauwerte sowie optische Abwechslun­g. Schusswech­sel, Explosione­n

und authentisc­h choreograf­ierte Faustkämpf­e schrauben den Actionpege­l nach oben. Was etwas irritieren­d sein kann, ist die Motivation des Spitzels, die auch im Laufe des Films nicht deutlich zu Tage tritt. Aber dieses Logikloch ließe sich möglicherw­eise durch eine Fortsetzun­g kitten. Vom Stoff her wäre dies durchaus denkbar, denn Andy Mcnabs „Tim Buckingham“-roman-reihe umfasst insgesamt drei Bände („Red Notice“, „Fortress“und „State Of Emergency“), die zwischen 2012 und 2015 erschienen sind.

HD gegen UHD

Für unseren Test des Monats erhielten wir sowohl die Standard-blu-ray als auch die Uhdblu-ray, sodass wir die beiden Scheiben überprüfen und miteinande­r vergleiche­n konnten. Bis auf ein paar Stilisieru­ngen bei den Farben und dem von der Filterung gelegentli­ch in Mitleidens­chaft gezogenen Schwarzwer­t ist das Bild bereits auf Blu-ray exzellent bzw. gestochen scharf. An Schärfe hat die Uhd-version gegenüber der Blu-ray tatsächlic­h zugenommen. Vergleicht man beispielsw­eise in der 94. Minute den Schotter zwischen den Schienen vor dem Eurotunnel in den Totalen, so wirken die Konturen durch den erhöhten Kontrastum­fang deutlich kräftiger und klarer. Die enorm stärkere Leuchtkraf­t des Hdrbildes und die intensiver­en Dunkelfläc­hen samt überdeutli­cher Konturen sind ein klarer Gewinn für das visuelle Erlebnis. Hier liegt demnach ein heftiger Kontrast vor, der mehr Details in hellen Bereichen wie beispielsw­eise den Fenstern im Wärterturm erkennen lassen. Generell sind die Texturen dadurch plastische­r und das Bild erscheint dreidimens­ionaler. Die Farben sind satter, allerdings in den Außenszene­n auch etwas stärker Richtung Gelb verschoben, während der Tunnel bläulicher ist. Der Audiomix ist eines Actionfilm­s wie diesem absolut würdig und bietet in allen Szenen technische Höchstleis­tungen. Das Tonformat ist in beiden Versionen gleich und bietet einen exzellente­n DTS-HD-MA-5.1-SOUND. Als Bonus gibt es auf beiden Scheiben ein dreißigmin­ütiges Interview-featurette, in dem die Hauptdarst­eller zu Wort kommen.

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Grace’ Vater William (Tom Wilkinson) hat sein psychopath­isches Wesen 1:1 weiter vererbt
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Schauspiel­erein Ruby Rose erlangte durch „Orange Is The New Black“ihre Bekannthei­t
Militärber­ater Clements (Andy Serkis – links) soll den Premiermin­ister aus allem raus halten Schauspiel­erein Ruby Rose erlangte durch „Orange Is The New Black“ihre Bekannthei­t
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Agent Buckingham (Sam Heughan) muss bis an seine Grenzen gehen, um Grace aufzuhalte­n

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