APPARE-RANMAN!
Japanische Steampunk-samurai treffen auf den wilden Westen in einem transamerikanischen Autorennen! Klingt abgefahren und ist es auch. Der Manga entstammt der Feder des Mangaka Masakazu Hashimoto und wurde 2020 in einer 13 Episoden umfassenden Anime-serie adaptiert. Lassen Sie sich nicht abschrecken von dem wilden Stilmix, denn sonst könnte Ihnen ein ganz besonderer und hochwertig produzierter Anime entgehen! Wir befinden uns im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert. Die Protagonisten des Anime sind der geniale, absolut unsoziale Ingenieur Appare Sorano und der beherzte, jedoch traumatisierte Samurai Kosame Isshiki. Die Reise von Appare startet in Japan, denn der Tüftler hat sich mit seinen Erfindungen mal wieder gewaltigen Ärger eingehandelt. So gewaltig, dass er zusammen mit Schwerverbrechern ins Gefängnis gesteckt wird, dort jedoch völlig ungerührt seinen Berechnungen nachgeht. Zum Glück schaltet sich sein ehemaliger Schwertlehrmeister Kosame Isshiki ein. Dieser soll auf ihn aufpassen, damit er nicht noch mehr Schaden anrichtet. Er findet den leicht an Sheldon Cooper erinnernden Appare und bekniet ihn, sich zu stellen. Doch der vorwitzige Ingenieur denkt nicht daran, packt kurzerhand seine Sachen und ergreift zusammen mit dem Samurai die Flucht mit seinem selbstgebastelten Dampfschiff. Als sich die beiden an der Steueramatur streiten und sie beschädigen, treiben sie weit auf den Ozean hinaus, ohne jegliche Möglichkeit, ihr Schiff zu reparieren. Zum Glück rettet sie ein modernes Dampfschiff und schleppt sie ab … in Richtung USA. Und dort geht erst die eigentliche Geschichte los, denn beide nehmen an einem „Mad Max“-ähnlichen Auto-rennen teil und ihr Bolide wird ein völlig selbstgebasteltes Gefährt sein, mit Appares selbst erfundenem Verbrennungsmotor als Herzstück.
Abseits bewährter Strecken
Erlaubt ist während der mehrere Tage andauernden Raserei fast alles, was sich die kunterbunten Rennteilnehmer aus aller Herren Länder auch zu Nutze machen. Für die Zuschauer bedeutet dies, dass sie in den Genuss eines verfilmten „Mario Karts“kommen, in dem ein Paradiesvogel kurioser ist als der andere. Und alle besitzen sie eigene Hintergrundgeschichten, Geheimnisse und Motive, deren Aufdeckung der Schlüssel zum
Sieg sein wird. Anders als in dem visuell betörenden Sci-fi-autorennen-anime „Redline“(2009) bleibt hier genügend Zeit, um sich die herrlich schrägen Charaktere genauer anzuschauen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Sei es das Kern-duo; die für ihre Rechte kämpfende, chinesische Rennfahrerin Jing Xilian; der indianischstämmige, auf Rache sinnende Junge Hototo; der französische Fechtmeister Al Leon oder die restliche Schar der Revolverhelden. Durch das Steampunk-flair lassen sich zudem Appares physikalische Schilderungen leichter nachvollziehen, wenn er mal wieder eine total bekloppte, aber in der Theorie funktionierende Idee hat. Während die sensationell designten Figuren völlig handgezeichnet sind, ermöglichen die computergenerierten Boliden rasante Kamerafahrten und brachiale Renn-action. Und da die Handlung hauptsächlich in Amerika spielt, nähert sich auch die Erzählweise dem Westen an. Coolness steht hier also an erster Stelle, danach kommen das angenehm flotte Erzähltempo sowie die durch
Appares soziale Inkompetenz entstehenden Reibereien, die sich auf Sitcom-niveau bewegen, aber auch nie das ernsthafte Drama mindern. „Appare Ranman“ist aufgrund seines ansehnlichen Zeichenstils, der kurzweiligen Erzählweise, der Action, der enormen Qualität und der sympathischen Charaktere auch für Anime-neulinge reizvoll, zumal die auf drei Volumes verteilten 13 Episoden keineswegs überfordern.
Alle drei Anime-serien („Shin Chan“, „Arte“, Appare-ranman!“) bewegen sich in verschiedenen Genres (Komödie, Drama, Abenteuer), präsentieren unterschiedliche Stile (Kritzel, klassisch japanisch-steril, westliche Comic-einflüsse mit Cgi-action) und bemühen alternative Erzähltechniken (Traumelemente, chronologisch linear, Flashbacks- und -forwards). Von DEM Animegenre oder -Stil lässt sich also gar nicht sprechen. Es ist ein Medium, das wie jedes andere auch noch viele weitere Spielarten bietet, die es zu entdecken lohnt.